Ungeachtet der Lobeshymnen, die auch Tage nach dem Triumph in der Champions League ob der verzaubernden Spielweise noch nachhallen und abwechselnd die gesamte Mannschaft und Lionel Messi zu den Besten aller Zeiten emporheben, erwartet die Katalanen am Sonntagabend wieder das täglich Brot, welches sich so schwer verdienen lässt in dieser Saison.
Von Raphael Lugowski
Unermüdlich weist die gesamte Fußballwelt auf die Sonderstellung der Mannschaft und der Spieler von Pep Guardiola hin. Medien, Fußballexperten, Vereinsfunktionäre und sogar aktuelle und frühere Spieler lassen sich von der Welle mittragen, die mit dem Schlusspfiff im Camp Nou am Mittwochabend ihren Anfang nahm. Es ist ein typisches menschliches Verhalten, das sich hier offenbart und ein wenig schizophren anmutet: Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt verläuft nur ein schmaler Grad und es ist meist nur ein kleines Ereignis, welches das Gemüt in die eine oder andere Richtung ausschlagen lässt. Die Relativität der Momentaufnahmen wird gänzlich außer Acht gelassen und man wird zu Aussagen verleitet, die zwar einen Wahrheitskern enthalten, aber gleichzeitig doch so fern der Realität sind. Racing Santander ist nicht Leverkusen, ihr Stadion heißt nicht Camp Nou, ihre Fans sind nicht die unsere, und es wird nicht Mittwochabend sein, wenn Santander die Blaugrana empfängt.
Santander mit dem Rücken zur Wand
Und dennoch wäre aller andere als ein Sieg gegen sie eine herbe Enttäuschung. Derzeit rangiert Racing Santander mit 24 Punkten auf dem 18. Tabellenplatz und steckt daher mitten im Abstiegskampf. Es herrscht viel Unruhe in der Mannschaft und während der FC Barcelona am Mittwoch ein Feuerwerk abbrannte, musste in Gestalt von Juanjo Gonzales der zweite Trainer innerhalb von weniger als vier Monaten seinen Posten hergeben, nachdem seine Mannschaft am Sonnabend Rayo Vallecano unterlegen war und sieben Spiele in Folge eine Begegnung nicht siegreich gestalten konnte. Bevor eine endgültige Lösung über seine Nachfolge getroffen ist, werden die bisherigen Assistenten die Führung der Spieler übernehmen. Obwohl die Situation sehr schwierig ist, kann die Mannschaft in dieser Saison auch den ein oder anderen Achtungserfolg vorweisen. Im Hinspiel erkämpften sie Daheim gegen Real Madrid ein torloses Unentschieden, und auch Valencia und Atletico Madrid mussten auswärts Punkte liegen lassen.
Schwerer Stand für große Gegner
Diese Spiele zeigen, dass es durchaus problematisch sein kann, gegen Racing Santander zum Torerfolg zu gelangen. Insbesondere im heimischen Stadion und gegen große Gegner scheinen sie über sich hinauszuwachsen und all ihre Kräfte zu mobilisieren. Im Spiel gegen Real Madrid im vergangenen Jahr verstanden sie es, die Räume im Zentrum eng zu machen und damit die Offensivpower der Madrilenen stark zu beschneiden. Es ist also davon auszugehen, dass sie – im Gegensatz zum Auftritt im Camp Nou –, bestrebt sein werden, aus einer kompakten Grundhaltung heraus zum Erfolg zu gelangen und schnelle Konter zu setzen. Damals hatten sie noch versucht, mitzuspielen, was ziemlich kontraproduktiv war gegen die spielstarken Katalanen. So ergaben sich bei Ballgewinn riesige Lücken im Defensivverbund von Santander, die der FC Barcelona für sich zu nutzen wusste. 3:0 lautete der Entstand, womit Santander aber noch sehr gut bedient war. Tatsächlich hätten die Gastgeber viel mehr Tore erzielen können und gingen fahrlässig mit ihren hochkarätigen Torchancen um.
Ausblick
So eine Chancenflut steht morgen nicht zu erwarten, weil der Gastgeber im Bewusstsein der Eindrücke vom Mittwoch und des Hinspiels tiefer stehen wird. Auch in diesem Spiel wird es also darauf ankommen, die gesamte Spielfeldbreite auszunutzen und durch schnelles Horizontalspiel die erforderlichen Lücken für Vertikalpässe zu reißen. Visca el Barca!
Was denkt ihr, wie wird sich der FC Barcelona schlagen?