Die Anhänger des katalanischen Starensembles mussten sich knapp eine Woche in Geduld üben, doch nun ist es wieder so weit. Der Mannschaft steht ein schweres Auswärtsspiel beim unangenehmen Gegner Sevilla bevor. Wer das Hinspiel gesehen hat, weiß, dass noch eine kleine Rechnung offen ist.
Von Raphael Lugowski
Wenn heute Abend um 20:00 Uhr die Begegnung zwischen FC Sevilla und dem FC Barcelona seinen Anfang nimmt, wird eine gewisse Person nicht mehr dabei sein. Eric Abidal wird der Mannschaft auf unbestimmte Zeit fehlen und seine ganze Kraft dem Heilungsprozess widmen, um seine Erkrankung endgültig zu besiegen. Nach der erfolgreichen Entfernung des Lebertumors im vergangenen Jahr schien es, als sei der Franzose beschwerdefrei, zumal er sogar wenige Monate nach der Operation im Champions League-Finale gegen Manchester United mitwirken konnte. Auch in der Folgezeit konnte Guardiola stets auf den erfahrenen linken Abwehrspieler zurückgreifen. Doch die Leberwerte sprachen wohl eine andere Sprache und machen nun einen radikaleren Eingriff erforderlich. Vor diesem Hintergrund erscheint Fußball unbedeutend und klein – es ist gleichgültig, wie viele Titel der FC Barcelona gewinnt. Das Wichtigste ist die Genesung unseres Erics.
Abidal und Adriano – unterschiedliche Natur
Der Ausfall von Abidal führt dazu, dass Adriano mehr in die Verantwortung genommen wird. Er wird Abidal nun öfter auf links vertreten und seine Ambitionen unter Beweis stellen können. Die beiden Linksverteidiger könnten allerdings von der Natur her unterschiedlicher kaum sein. Während Abidal in seinem Spiel äußerste Zurückhaltung walten lässt und seine Position sehr restriktiv deutet, sucht Adriano sein Glück öfter in der Offensive und dringt verhältnismäßig oft bis an die Grundlinie vor. Beide Spieler haben ihre Vorzüge. Mit seiner Ruhe, Besonnenheit und seinem Antizipationsvermögen ist Abidal wie prädestiniert für Aufgaben in der Defensive und gibt derselben eine große Stabilität. Der Umstand, dass Guardiola Adriano mehrmals als Stürmer aufgestellt hat, verdeutlicht seine Qualitäten. Mit einer ungeheuren Dynamik kommt er aus der Tiefe und entblößt die gegnerische Abwehr, während diese ihre Aufmerksamkeit auf Messi & Co. richtet. Die Kehrseite dieses Angriffspotenzials sind Defizite im Defensivspiel. Adriano strahlt nicht die Ruhe eines Abidals aus und wirkt in seinen Aktionen zuweilen ein wenig hektisch. Andererseits kann er mit seinem Vorwärtsdrang Gegenspieler in der Defensive binden und so die entstandenen Lücken ausgleichen. Zur Not könnte man ihn nach hinten absichern. Entscheidend ist, dass die Natur des Spielers sich vollends entfalten kann.
Über die Außenbahnen zum Erfolg
Adrianos Offensivdrang könnte gegen den heutigen Gegner notwendig sein. Im Hinspiel kam die Blaugrana im heimischem Umfeld nicht über ein torloses Unentschieden gegen den FC Sevilla heraus. Der heutige Gastgeber stand tief und beeinträchtigte das Kombinationsspiel der Katalanen erheblich. Ein Spieler bedrängte stets den ballführenden Spieler des FC Barcelona, sodass die Kreativabteilung wenig Zeit hatte, um wohlüberlegt das Defensivbollwerk von Sevilla zu entsichern. Einen Faden Beigeschmack hinterließ eine Unsportlichkeit von Kanoute, der Messi in seiner Konzentrationsphase bei Ausführung eines berechtigten Elfmeters in der Nachspielzeit störte. Dies sollte allerdings keinen Einfluss auf das Auftreten des FC Barcelona heute haben. Ein wichtiger Aspekt aus dem Hinspiel ist hingegen die Beobachtung, dass Sevilla im Zentrum zwar sehr dicht und kompakt stand, die Außenbahnen jedoch weniger erfolgreich decken konnte. So konnte Adriano zwei bis drei Mal gefährlich bis an die Grundlinie vorrücken und gefährliche Hereingaben in den Strafraum spielen. Abhängig davon, wie Sevilla sich entscheidet, vor heimischer Kulisse aufzutreten, ist dies auch heute womöglich ein angemessenes Mittel, um zum Torerfolg zu kommen. Mit Adriano oder, alternativ oder kumulativ, Tello könnte man die Außenbahn beleben und von vornherein für Gefahr sorgen. Wie es auch kommt: Auf ein tolles Spiel. Visca el Barca!