Mit einem 1:0-Sieg über Deutschland ist Spanien vorzeitig ins Halbfinale der U21-EM in Israel eingezogen. Tello, Thiago, Montoya und Bartra standen wie beim letzten Spiel gegen Russland in der Startformation und machten während der gesamten Partie eine sehr gute Figur. Aber auch die anderen spanischen Akteure leisteten Hervorragendes und trugen ihren Anteil zu einer geschlossen starken Mannschaftsleistung bei. Nun geht es im letzten Spiel gegen die Niederlande um den Gruppensieg.
Thiago trifft nur den Pfosten, Morata mit der späten Führung
Wer kann diese Spanier stoppen? Diese Spanier mit einem Thiago, der das Spiel dirigiert wie ein Xavi zu seinen besten Zeiten, mit dem Freigeist Isco, der die Gegner als Slalomstangen nutzt und sie zu verblüfften Statisten degradiert, einem Montoya, der hinten nichts anbrennen lässt und nach vorne hin immer wieder die Rakete zündet, neben ihm Marc Bartra, Fels in einer zugegebenermaßen nicht ganz so stürmischen Brandung und nicht zu vergessen Cristian Tello, schneller als der Roadrunner. Aber auch der “Sechser” Illarramendi oder der zentrale Mittelfeldmann Koke wissen durchaus zu gefallen; ebenso wie Morata, der seinen Mannschaftskameraden schon wieder eine Lehre darin erteilen musste, wie man die Kugel über die Torlinie befördert.
Tatsächlich wartete man bis zur 86. Spielminute auf das erste Tor – skandalös aus Sicht der Spanier, wenn man sich den Spielverlauf vergegenwärtigt. Der deutsche Coach hat angekündigt, dass man dem spanischen Widersacher lange Ballstafetten nicht gestatten wird, doch es kam ganz anders. Montoya und Co. dominierten die Begegnung nach Belieben und hielten die Deutschen durch einen hohen Ballbesitzanteil fern vom eigenen Tor. Bei Ballverlust wurde häufig auf ein hartes Gegenpressing umgeschaltet, das einen geordneten Spielaufbau beim Gegner unmöglich machte. Mit einem hohen Pressing wurden die Deutschen zudem früh unter Druck gesetzt. Die Spanier standen sehr nahe am Mann und ließen den Deutschen kaum Luft zum Atmen.
Auch unmittelbar vor dem Tor kam die deutsche Elf immer wieder in große Bedrängnis, teils aufgrund eigener Nachlässigkeiten, mit denen sie den Gegner förmlich einluden, aber auch wegen der Klasse des Gegners, der gegen äußerst statische Gegenspieler häufig den Weg bis an die Grundlinie fand. Aber der letzte Pass wollte einfach nicht ankommen, die Hereingaben von Tello und Montoya verpufften zu häufig in einem Befreiungsschlag der gegnerischen Innenverteidigung. Hier stimmte die Abstimmung mit dem Stürmer und den vertikalen Mittelfeldspielern häufig nicht. Die größte Chance für die Furia Roja hatte Thiago nach einem kapitalen Schnitzer in der deutschen Abwehr. Sein gezirkelter Schuss traf aber nur den rechten Pfosten.
In der zweiten Halbzeit häuften sich Spaniens Möglichkeiten, weil die Deutschen zwingend offensiver werden mussten, um ihre Ausgangslage in der Gruppe zu verbessern. Dies eröffnete den Spielern Räume, doch erst die Einwechslung von Morata brachte vier Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit den lang ersehnten, wohlverdienten Führungstreffer. Zu selten kam der finale Pass an oder ein ansonsten überzeugender Isco lief sich gegen zu viele Gegenspieler fest. Übrigens: Nominell ist Isco auf Linksaußen angesiedelt, faktisch aber auf dem gesamten Feld vorzufinden. Die fehlende Breite fängt der linke Außenverteidiger auf, indem er sich extrem weit nach vorne orientiert. Um ihn abzusichern, lässt sich Koke sehr weit nach links hinter ihn hinaustragen. Aber das nur als Randnotiz.
Montoya wieder überragend
Kommen wir zu den Leistungen der Barça-Spieler. Alle verrichteten ihre Aufgaben mehr als nur zufriedenstellend und waren wichtige Säulen in einer starken spanischen Mannschaft. Thiago hatte nicht nur die Kapitänsbinde um den Arm gebunden, er war auch tatsächlich der Chef auf dem Platz, kontrollierte den Raum, Ball und das Spieltempo. Wieder eine sehr gute Vorstellung des heiß umworbenen Mittelfeldtalents, der aber auch in diesem Spiel zu kleineren Nachlässigkeiten neigte. Bartra hatte aufgrund der hohen Verteidigung seiner Mannschaft nicht viel zu tun, doch wenn er gefordert wurde, war er auf dem Posten. Das gleiche kann man von Montoya behaupten, mehr noch; er ist sehr schnell, beweglich, technisch stark und weiß sich dieser Attribute im Angriffsspiel zu bedienen. Er schaltete sich oft ins Angriffsspiel seiner Mannschaft ein und drang immer wieder bis an die Grundlinie vor – etwas, was man von Alves kaum kennt. Ist die U21-EM die richtige Bühne für Montoya? Bestimmt, die nächstjährige WM in Brasilien und die Champions League aber auch.
Schließlich ist noch auf die Darbietung von Tello einzugehen. Im Vergleich zur ersten Begegnung gegen Russland präsentierte sich der Angreifer gegen die Deutschen deutlich verbessert. Von kleineren Unkonzentriertheiten bei der Ballannahme abgesehen war Tello stets in der Lage, für Unruhe zu sorgen und den Gegner zu überraschen. Dass seine Hereingaben in die Mitte selten einen Abnehmer fanden, war nicht ausschließlich sein Verschulden, sondern gleichfalls das der Angreifer. Hier stimmte die Abstimmung häufig nicht. Alles in allem eine tolle Leistung von Tello, der bei der EM langsam richtig Fahrt aufnimmt. So kann es weitergehen.
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