Bildquelle: fcbarcelona.com
Die Vorbereitungsphase des FC Barcelona neigt sich langsam dem Ende entgegen. Bereits in einer Woche steht das Ligaspiel gegen Real Sociedad auf dem Programm. Gestern gab es für Tito Vilanova aber nochmal die Gelegenheit, das spielerische Leistungsvermögen seiner Mannschaft auszutesten. Gegen Dinamo Bukarest setzten sich die Katalanen mit 2:0 durch. Der Gegner war von vornherein um Schadensbegrenzung bemüht und agierte entsprechend defensiv und zurückhaltend. Geholfen hat es den Rumänen allerdings nicht. Die Spieler des FC Barcelona zeigten sich sehr fluide beim Vortragen von Angriffen und machten das Spiel immer wieder breit.
Minimierung der horizontalen Abstände bei Bukarest
In einem 4-5-1 begegnete Dinamo Bukarest seinem Widersacher aus dem fernen Katalonien. Bereits früh wurde klar, dass ihr Ziel darin bestand, Lochpässe hinter die Abwehrspieler zu verhindern. Aus diesem Grund waren die Spieler von Dinamo immer bestrebt, die horizontalen Abstände zu den Mitspielern zu minimieren und damit eng zu stehen. Mit dieser Herangehensweise hatten sie durchaus Erfolg, Pässe in die Schnittstellen gab es beim FC Barcelona über die gesamte Spieldauer hinweg so gut wie nicht zu sehen. Wenn man aber das Spiel im Zentrum derart verengt, zieht das auch einige negative Konsequenzen nach sich. Die Kehrseite einer engen Spielerstaffelung ist freilich die Preisgabe der Außenbahnen. Vor allem der rechte Außenverteidiger des Gegners lief permanent Gefahr, in eine Eins-gegen-Eins oder Eins-gegen-Zwei-Situation zu geraten. Diese Gefahr versuchte der Trainer von Dinamo Bukarest dadurch abzumildern, dass er seine äußeren Mittelfeldläufer hin- und herpendeln ließ, sodass diese sowohl ein Glied der Mittelfeldkette bildeten als auch für die Spielerdoppelungen auf den Außenbahnen verantwortlich waren, wenn der Ball dorthin wanderte. Die Spielstatistik dürfte belegen, dass diese Spieler mit am meisten Kilometer zurückgelegt haben.
Das Kalkül des gegnerischen Trainers
Für den Trainer von Dinamo Bukarest war die partielle Preisgabe der Außenbahn das kleinere Übel im Verhältnis zu den ansonsten zu befürchtenden Lochpässen. Auch hatten die Katalanen damit weniger Möglichkeiten, Pässe an die zwischen den Ketten lauernden Spieler, allem voran Lionel Messi, zu bringen. Dementsprechend flügelbetont zeigte sich das Spiel des FC Barcelona. Immer wieder wurden Angriffe über die linke Angriffsseite vorgetragen, die in der 1. Halbzeit von Sanchez und dem Startelfdebutanten Jordi Alba abgedeckt worden ist. Sanchez und Alba harmonierten wunderbar miteinander und konnten für viele Gefahrenmomente sorgen. Alba überlief oftmals den ballführenden Sanchez und drang einige Male bis an die Grundlinie vor. Die Hereingaben stellten sich jedoch regelmäßig als zu unpräzise heraus und waren nur im Ansatz gefährlich. Womöglich war das sogar das Kalkül des gegnerischen Trainers, der vielleicht insgeheim die Hoffnung hegte, dass die Blaugrana über die Außen weniger Gefahr zu erzeugen vermag. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der FC Barcelona sich herausragende Torchancen aus dem Zentrum heraus erspielen kann. Kommt die Mannschaft aber über die Außenbahnen, so ist dies für den Gegner wesentlich leichter zu verteidigen.
Gründe für den Freiraum auf links
Im Vergleich zur linken war die gegenüberliegende Angriffsseite diesmal weniger präsent. Dies lag an der erhöhten Spielerdichte auf dieser Seite und den damit verbundenen fehlenden Räumen. Man mag nicht mit Bestimmtheit zu sagen, was die Ursache für dieses optische und spielerische Ungleichgewicht gewesen ist. Eine mögliche Erklärung für diese Erscheinung könnte in der Spielweise von Dinamo Bukarest zu erblicken sein, die in Dani Alves die weitaus größere Gefahr identifiziert haben und demzufolge – aus ihrer Sicht – stärker nach links als nach rechts verschoben. Damit würden sie den FC Barcelona nötigen, in den freien Raum auf links zu spielen. Andererseits kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Spieler der Blaugrana den Gegner auf rechts gelockt haben, um sodann in den linken Raum hineinzustoßen. Wie auch immer dieser Raum entstanden ist, Dinamo Bukarest verschob nur sehr behäbig zur anderen Seite hin und gewährte den Katalanen somit die nötige Zeit, um aus dem Freiraum das Beste zu machen.
Die Rolle von Sanchez
In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich, auf die Rolle von Sanchez in der Partie einzugehen. Die abgelaufene Saison verlief für ihn, was die Anzahl seiner Tore betrifft, nur mäßig. Diese einfache Quantifizierung wird aber seiner Leistung in der letzten Spielzeit nicht gerecht. Denn Sanchez’ Aufgabe auf dem Feld war nicht jene eines Torjägers. Guardiola hat ihm vielmehr dahingehend in die Verantwortung genommen, durch Läufe in den Strafraum Spieler zu binden und damit die nötigen Räume für Messi zu eröffnen. Sehr interessant war aus diesem Grund das Spiel gestern, in dem Vilanova dem Chilenen eine völlig andere Rolle zugewiesen hat. Sanchez verharrte die gesamte erste Halbzeit an der Außenlinie und lief nur sehr selten ohne Ball in das Strafraumzentrum. Er sollte also stets als Anspielstation auf links erreichbar sein und mit Jordi Alba das Flügelspiel beleben. Und sofort kamen Sanchez’ Spielwitz und seine Fähigkeiten am Ball zum Vorschein. Diese neue Aufgabenstellung auf dem Feld hat ihm sichtlich Spaß gemacht und brachte sein Können sehr gut zur Entfaltung. Unter Guardiola wurde er zwar zumeist auch als rechter Stürmer eingesetzt, allerdings nur nominell. Durch das offensive Auftreten von Dani Alves musste Sanchez immer wieder in die Mitte rücken und in seine andere Rolle als Lückenreißer schlüpfen. Alexis Sanchez hat weitaus mehr Potenzial, als es die letzte Saison vermuten lässt. Er kann in vielfacher Weise für das Team von großer Bedeutung sein.
Das Comeback von Villa
Nichts anderes gilt für David Villa. Nach monatelanger verletzungsbedingter Abwesenheit gab Villa gestern im Verlauf der zweiten Halbzeit sein Comeback. Seit Wochen warteten alle Culés sehnsüchtig auf diesen Moment und brachten durch ihre Ungeduld ihre Wertschätzung über den Spieler zum Ausdruck. Den Wert, den Villa für den Verein hat, kann in Gold nicht aufgewogen werden. Dass die letzte Saison suboptimal gelaufen ist, lag auch in dem Ausfall von Villa begründet. Ohne Villa fehlte einfach eine Dimension im katalanischen Angriffsspiel, er ist der einzige inverse Flügelstürmer, den der FC Barcelona im Kader hat. Ausgehend von der spielfeldbegrenzenden Außenlinie zieht er es vor, in die Mitte zu ziehen und die Aufmerksamkeit sowohl des Außenverteidigers als auch des Innenverteidigers auf sich zu ziehen. Bei Tello hingegen handelt es sich um einen klassischen Außenstürmer, der stets den Versuch unternimmt, an die Grundlinie vorzudringen. Daraus werden aber auch sofort die qualitativen Unterschiede ersichtlich. Durch den Zug ins Zentrum kann Villa mehr Gegenspieler an sich binden. Viel wichtiger ist jedoch, dass er mit dieser Spielweise einen direkten Zug zum Tor entwickelt und damit das größere Gefahrenpotenzial ausstrahlt. Solch ein Spieler fehlte dem FC Barcelona in der vergangenen Saison schmerzlich. Solche Spieler münzen das überlegene Ballbesitzverhältnis in etwas Zählbares um. Die neue Saison kann kommen.