Was für ein Spiel! 120 Minuten pure Spannung. Zwei Teams mit verschiedenen Spielphilosophien treffen aufeinander und neutralisieren sich gegenseitig. Die Schweizer agierten mit purer Leidenschaft und gingen keinem Zweikampf aus dem Weg, die Argentinier zeigten sich in defensiver als auch in läuferischer Hinsicht verbessert, dennoch ließen sie aufgrund des disziplinierten Spiels der Schweizer die Glanzmomente aus. Erst ein Fehler in der 118. Spielminute ermöglichte den Argentiniern den Siegtreffer durch Di María, welcher nach einem tollen Solo von Lionel Messi nach einem Ballverlust von Lichtsteiner entstand. Schweiz hatte zwar noch in der Nachspielzeit der Verlängerung zwei hochkarätige Torchancen, das Glück allerdings war auf der Seite der Argentinier.
Die Schweiz macht es wie der Iran – nur besser!
Messi, Higuaín, Di María, Lavezzi – was war das für eine Offensive, mit der die Argentinier starteten? Definitiv eine starke und die galt es zu neutralisieren. Im 4-4-2 oder auch im 4-4-1-1-System standen die Akteure von Trainer-Legende Ottmar Hitzfeld hinter der Kugel, die sich die meiste Zeit in den Reihen der Argentinier aufhielt. Das Zentrum wurde dichtgemacht, sodass Argentinien meist auf die Außenpositionen ausweichen musste. Sowohl Di María als auch Lavezzi waren in ständiger Bewegung und hielten sich meist auf der Außenbahn auf. Die Abwehrreihe der Schweiz ließ sich trotzdem nicht auseinanderziehen, da die bemühten Mittelfeldspieler die Außenspieler gemeinsam mit einem Außenverteidiger doppelten. Nach Ballgewinn aufseiten der Schweiz drückten sie auf das Gaspedal. Nur Ungenauigkeiten und ein verbessertes Gegenpressing der Argentinier sorgten dafür, dass nicht mehr passiert ist. Dennoch gehörten die besten Chancen in der ersten Halbzeit den Mitteleuropäern. Shaqiri, der im letzten Gruppenspiel gegen Honduras einen Hattrick erzielte, war beide Male an diesen hochgefährlichen Aktionen beteiligt. Einmal setzte er sich auf der rechten Außenbahn durch und spielte den Pass in den Rückraum zu Xhaka. Dieser schließt ab und Romero, der in der abgelaufenen Saison nur neun Spiele für den AS Monaco bestritt, pariert hervorragend mit dem Fuß. Der Nachschuss stellte für ihn keine Gefahr dar. Etwas später dann eine weitere Top-Chance. Nach misslungener Hereingabe von Lavezzi schalten die Schweizer schnell um, der Ball kommt zu Shaqiri und er schickt Drmic. Romero läuft raus, bleibt dann doch stehen. Und was macht Drmic? Er lupft den Ball, Romero hat die Kugel sicher. Da war definitiv mehr drin gewesen und die Nationalmannschaft der Schweiz ging nur mit einem Unentschieden in die Halbzeitpause. Das offensive Spiel der Argentinier wurde gut neutralisiert. Nur selten kamen Messi und Co. gefährlich vor das Gehäuse von Benaglio, und wenn es so weit kam, waren es am Ende ungefährliche Torabschlüsse. Weil es spielerisch bei den ‘Gauchos’ nicht klappte, waren es meist die Standards, die für mehr Gefahr sorgten. Aber auch die Schweiz bereitete sich gut darauf vor und verteidigte auch diese stark.
Rojo bietet Argentinien mehr Optionen
Es musste etwas passieren bei der argentinischen Nationalauswahl. In der ersten Halbzeit zeigten sie sich zwar bemüht, Glanzmomente blieben trotzdem aus. Nun lief das Kombinationsspiel wesentlich besser und die Schweiz wurde hinten eingeschnürt. Die Defensive Argentiniens stand nun defensiv stabiler und wusste die Gegenangriffe früher zu stoppen. Higuaín war es dann, der die erste gute Chance für Argentinien hatte. Djourou wehrte den Ball allerdings im letzten Moment noch ab, etwas später war es dann Benaglio, der einen Higuaín-Kopfball noch über die Latte gelenkt hatte. Flankengeber war Rojo. Auch ‘La Pulga’ lief immer heißer. Gemeinsam mit Di María und Rojo, durch sein offensiveres Spiel und den vielen Flanken im zweiten Durchgang, trug Messi am meisten für das Offensivspiel bei. Rojos Positionierung bot Argentinien weitere Optionen. Schweiz spielte nun etwas offensiver und verlor nun auch die Grundordnung in der Defensive. Die Außenbahn wurde öfter verwaist und Rojo wollte dies ausnutzen. Seine Hereingaben blieben am Ende dennoch nicht mit Erfolg gekrönt. Trotzdem: Aufgrund Rojos höherer Positionierung wurde die Abwehrkette der nicht mehr allzu destruktiven Schweizer weiter auseinandergezogen, was gleichzeitig auch mehr Platz für Higuaín und Co. im Zentrum bot. Später hatte auch Lionel Messi zwei Torschussversuche, die durchaus gefährlich waren. Der erste Torschuss flog knapp über den Kasten, der zweite wurde von Benaglio hervorragend abgewehrt. Er war die Schaltzentrale im Offensivspiel der Argentinier, in den meisten Offensivaktionen hatte Messi seine Füße im Spiel. Aber auch Di María, der unglaublich viel unterwegs gewesen ist, suchte weitaus öfter den Torabschluss. Einmal wurde es dann richtig gefährlich, als er zu einem Distanzschuss ansetzte. Sein wuchtiger Schuss konnte von dem hervorragend spielenden Benaglio noch abgewehrt werden. Trotz der Überzahl an Chancen im zweiten Durchgang blieb es dennoch beim 0:0 und die nächste Verlängerung im Achtelfinale der Weltmeisterschaft wartete.
Argentinien weiterhin dominant und belohnt sich
Die gesamte Verlängerung war von der Nervosität gekennzeichnet, wie Messi nach dem Spiel auch erwähnte. Offensivaktionen wurden weniger und das Spiel kontrollierter dargestellt. Jeder Fehler kann nun das Ende bedeuten und so traten beide Teams auch auf. Trotzdem blieben die Argentinier weiterhin mit der besseren Tormöglichkeit. Nach einem Freistoß von Messi konnte Palacios Kopfball von Benaglio wieder pariert werden. Die Schweizer Nationalelf agierte nun defensiver und versuchte wieder mit schnellem Umschaltspiel für Gefahr zu sorgen, doch auch ihnen schwanden die Kräfte. Fast über die gesamte Spielzeit ist es ihnen gelungen, das gefährliche Umschaltspiel der Argentinier zu unterbinden – aber eben nur fast! Dass ein leichtsinniger Ballverlust im Mittelfeld gegen Argentinien fast immer die Höchststrafe bedeutet, zeigt die 118. Minute. Lichtsteiner verliert gegen Palacio im Mittelfeld den Ball und spielt ihn zum Kapitän. Messi tritt zu einem seiner vielen Dribblings an, umläuft eine Grätsche und behält die Übersicht, denn Di María ist rechts neben ihm gelaufen. Er spielt den Pass zu Di María und der versenkt eiskalt und total abgeklärt zur Führung. Wer jetzt dachte, das war es mit den Schweizern, der hat sich mächtig geirrt! In der ersten Minute der Nachspielzeit kommt Džemaili vier Meter vor dem Tor vollkommen frei zum Kopfball, welcher an den Pfosten prallt. Von da aus knallt die Kugel gegen sein Schienbein und das Tor wird verfehlt – was für ein Glück für die Argentinier! Auch die letzte Chance gehörte Schweiz, doch Shaqiris Freistoß aus siebzehn Metern ging nur in die Mauer und danach ertönt der Schlusspfiff. Argentinien steht im Viertelfinale und bezwingt äußerst disziplinierte Schweizer, die mit etwas Glück mehr hätten erreichen können.
Barça-Stars in der Einzelkritik
Lionel Messi zeigte sich vor allem vom Einsatz her im Gegensatz zu den Vorrundenspielen stärker. Zwar machte es nicht den Anschein, als ob er in physischer Hinsicht voll auf der Höhe wäre, doch es reichte, um gemeinsam mit Zabaleta die meisten Tacklings zu verzeichnen (6 laut whoscored.com). Dazu kamen noch viele Dribblings und die Tatsache, dass ‘La Pulga’ gemeinsam mit Di María die Schaltzentrale im Offensivspiel der Argentinier war. Die meisten Offensivaktionen gingen über Messi, obwohl er nicht selten teilweise von drei bis vier Spielern umstellt war. Am Ende hatte er wie auch in den letzten Partien entscheidenden Anteil daran, das Spiel siegreich gestaltet zu haben. Sein Assist ebnete Di María den Weg zum Führungstreffer. Im 4-2-1-3 System hielt er sich die meiste Zeit hinter der Spitze Higuaín auf und erledigte die Spielmacherrolle gekonnt. Mit der erneuten Auszeichnung als ‘man of the match’ ist er bei der WM nun der einzige Spieler, der in vier aufeinanderfolgenden Spielen diese Auszeichnung erhielt.
Auch Javier Mascherano zeigte ein insgesamt gutes Spiel. Im direkten Zweikampf war er nur sehr schwer zu bezwingen. ‘El Jefito’ war der Chef ohne Kapitänsbinde auf dem Platz. Er trieb sein Team an und motivierte es auch in der Verlängerung. Dennoch zeigte sich, dass ihm manchmal die Unterstützung im Mittelfeld fehlte. Mascherano konnte das Mittelfeld beim Umschaltspiel der Schweizer nicht immer zusammenhalten und so schaffte es die Schweiz auch, Druck auf die Defensive Argentiniens auszuüben. Die meiste Zeit allerdings war es eine abgeklärte Leistung, an der Mascherano wesentlichen Anteil dazu beitrug.