Faktencheck zum Debakel des FC Barcelona: Darum ist keine Panik angebracht

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Der FC Barcelona ging gestern mit 0:4 im Hinspiel der Supercopa de España gegen Athletic Bilbao unter. Die Entrüstung und Panik unter den Culés war unmittelbar nach dem Spiel groß – ebenso die Verzerrung der Tatsachen. Gerade nach solchen Spielen ist es daher wichtig, sich zu besinnen und die genauen Umstände möglichst objektiv aufzuarbeiten. Konstruktive Kritik ist angebracht – Grund zur Sorge besteht aber nicht. Ein Blick hinter die Fassade.

Es war ein Anblick, der einen als Anhänger des FC Barcelona fassungslos machte. Die Einblendung zeigte vier Treffer auf der einen, null auf der anderen Seite. Es klingt wie ein weiterer Gala-Auftritt einer überragenden katalanischen Mannschaft, doch auch bei mehrmaligem Blinzeln wollte sich die Schockstarre nicht lösen. Es musste sich um einen Irrtum handeln, doch auch am nächsten Morgen lacht die vier noch aufseiten der Basken …

Durchatmen! Wie war es aus Sicht der Blaugrana zu diesem Ergebnis gekommen? Weshalb regnete es derart viele Gegentreffer? Warum bot Luis Enrique diese Elf auf und wie soll man in dieser Saison überhaupt wettbewerbsfähig sein? Ein Vier-Punkte-Programm zum gestrigen 0:4-Debakel:

Aufstellung

Beginnen wir mit Kritikpunkt Nummer eins: Die Entrüstung über die Aufstellung von Trainer Luis Enrique. Dort fanden sich mit Marc Bartra, Thomas Vermaelen, Adriano, Sergi Roberto oder auch Rafinha zahlreiche Spieler, die nicht zum Stammpersonal der Blaugrana zählen. Für den Barça-Coach gab es jedoch einige Punkte, die für eine starke Rotation sprachen: Einerseits hatte man drei Tage zuvor im beinahe 4000 Kilometer entfernten Tiflis 120 kraftraubende Minuten gegen den FC Sevilla absolvieren müssen. Andererseits steht das Rückspiel der Supercopa de España bereits wieder am Montag an – macht drei Spiele in sechs Tagen.

Ohne Rotation ist das kaum machbar – das Risiko wäre unverantwortlich. Luis Enrique hätte aber wohl besser daran getan, sanfter zu rotieren; wie groß die Erkenntnisse bei einer teilweise zusammengewürfelten Elf sind, darf hinterfragt werden. Pep Guardiola ging im Rahmen der Supercopa 2010 übrigens mehr oder weniger identisch vor – am Ende stand eine 1:3-Niederlage beim FC Sevilla zu Buche. Dieser Titel genießt nun einmal nicht höchste Priorität. Ganz allgemein muss man nicht panisch sein, wenn man sich vor Augen hält, wie viele wichtige Akteure bei Barça nicht im Einsatz waren. Es bleibt jedoch die Frage, ob einige der eingesetzten Spieler im San Mamés das Niveau für den FC Barcelona besitzen.

Verletztenliste

Das führt uns weiter zum nächsten Thema: Der Verletztenliste der Blaugrana. Es soll lediglich erwähnt werden, dass mit Jordi Alba und Neymar Jr. zwei wichtige Säulen beim FC Barcelona unfreiwillig passen mussten. Es darf weder als Ausrede dienen, noch soll damit das 0:4 erklärt werden. Der Faktencheck führt an dieser Tatsache jedoch nicht vorbei.

Physischer Zustand der Spieler

Viel wichtiger ist der physische Zustand der Mannschaft. Wie bereits erwähnt absolvierte man drei Tage zuvor einen Kraftakt über 120 Minuten, der insbesondere in der Frühphase der Saison nicht so einfach zu überstehen ist. Zudem muss der Trainingsrückstand einiger Spieler thematisiert werden. Lionel Messi, Javier Mascherano und auch Dani Alves stiegen erst Ende Juli wieder ins Training der Blaugrana ein. ‘La Pulga’ merkte man den Kraftmangel bereits im UEFA Super-Cup-Finale an – nach etwa einer Stunde war der Tank weitgehend geleert. Die allgemeine Müdigkeit im weiteren Verlauf dieser Partie merkte der Argentinier auch in Interviews nach dem Finale in Tiflis an.

Statistiken zur 0:4-Niederlage

Gewiss vermögen Statistiken häufig die Wahrheit zu verzerren – deshalb sind sie immer mit Vorsicht zu genießen -, trotzdem sind sie häufig gute Indikatoren, um so ein Spiel wie gestern besser einzuordnen. Fakt ist (man mag es glauben oder nicht): Beide Mannschaften hatten jeweils vier Schüsse aufs gegnerische Gehäuse. Insgesamt hatte Athletic Bilbao neun Abschlüsse, der FC Barcelona acht. Das ist ein Fakt.

Bewertet man diese Partie aufgrund der spielerischen Darbietung und der erspielten Torchancen, tut man sich schwer, das 0:4 als verhältnismäßig darzustellen – im Grunde genommen ist es unmöglich. Barça hatte durchaus hochkarätige Chancen (Messi, Pedro, Sandro), doch die mangelnde Chancenverwertung und Lattenpech vereitelten eigene Torerfolge. Ganz im Gegenteil bei den ‘Los Leones’; dort wurde beinahe jede Chance in ein Tor umgemünzt und obendrein verursachte Dani Alves noch einen Elfmeter. Conclusio: Wer das Spiel lediglich aus Sicht der Chancenverwertung bewerten möchte, kann das 0:4 statistisch rechtfertigen. Das führt jedoch zu wenigen Erkenntnissen.

Fazit

Die 0:4-Niederlage des FC Barcelona bei Athletic Bilbao war – wenn auch nicht in dieser Höhe – sicher gerechtfertigt. Wirft man jedoch einen Blick hinter die Fassade, fällt auf, dass dieses Ergebnis mitnichten die Geschehnisse auf dem grünen Rasen widerspiegelt. Weder statistisch noch nach Auswertung der Torchancen bzw. der Treffer durch die Basken.

Darüber hinaus fehlten mit Jordi Alba und Neymar Jr. verletzungsbedingt zwei wichtige Stammkräfte bei Barça. Viele weitere Hauptfiguren wurden aus der Mannschaft rotiert – das war sowohl in Anbetracht des Terminkalenders als auch der Relevanz der spanischen Supercopa verständlich (wenn auch die Radikalität dieser Maßnahme thematisiert werden muss). Nicht zuletzt sind zahlreiche Spieler physisch noch nicht auf der Höhe; insbesondere die Späteinsteiger Messi, Mascherano und Alves.

Panik vor der neuen Saison muss man als Anhänger der Blaugrana aktuell also keinesfalls haben. Schlussendlich führten riskante Entscheidungen des Trainers und eine Verkettung unglücklicher Tatsachen zu diesem Ergebnis. Es bleibt die Frage, ob einige Akteure überhaupt das Niveau für Barça besitzen – schlussendlich darf man die Niederlage auch nicht beschönigen. Luis Enrique muss an vielen Fronten arbeiten; so viel ist gewiss.

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