Johan Cruyff, erfolgreich als Spieler und noch erfolgreicher als Trainer für den FC Barcelona, lebt weiter. Ein Projekt, das bereits vor vielen Jahren unter seiner Führung begann, setzt seine Mission auch nach seinem traurigen Ableben im vergangenen Jahr fort. Die seit 1997 bestehende Johan Cruyff Foundation ist eine Wohltätigkeitsorganisation mit der Zielsetzung, durch den Sport die Entwicklung der Gesellschaft im Allgemeinen und insbesondere die Erziehung der Kinder positiv zu beeinflussen. Wichtiges Instrument sind dabei die sogenannten Cruyff Courts: Orte, an denen die gesamte Gemeinschaft aktiv werden soll.
Genau so wie es nie zu früh ist, seine Kinder zu bilden, kann man auch nicht früh genug damit anfangen, Kindern die Bedeutung des Sports nahezulegen. Genau an diesem Punkt setzt die Cruyff Foundation an und will Kinder sowie junge Leute dazu anhalten, physisch aktiv zu werden und zu bleiben. Welche Bedeutung hat der Sport für den Einzelnen und die Allgemeinheit? Einerseits kann der Sport als Selbstzweck gesehen werden. Unstrittig dient er aber auch bestimmten Zwecken, welche von besagter Organisation wie folgt definiert werden:
- Gesundheit: Die Fitness der Kinder soll aufrechterhalten und Probleme mit dem Gewicht reduziert werden.
- Persönliche Entwicklung: Man soll an seine Grenzen gehen und die eigenen Fähigkeiten entwickeln.
- Lebensqualität: Zusammenarbeit und Integration erhöhen den Lebensstandard.
- Teilnahme: Kein Kind soll am Spielfeldrand stehen.
Diese Ziele sind eng miteinander verwoben: Wer beispielsweise abnehmen will, muss unweigerlich auch an seine Grenzen gehen. Anhand dieser Aspekte verdeutlicht sich auch die soziale Dimension des Sports. Wer beim Fußball aktiv teilnimmt und sich nicht versteckt, wird auch mit höherer Wahrscheinlichkeit am gesellschaftlichen Geschehen teilhaben wollen oder zumindest für die eigenen Werte einstehen. Doch viele Kinder scheuen sich davor, sportlich aktiv zu werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig, gewiss liegt in der Regel ein Teil der Schuld bei den Eltern. Andere Kinder sind hingegen sehr aktiv, jedoch fehlt es ihren Wohnorten an der nötigen Infrastruktur, um sich weiterzuentwickeln. Eine mögliche Lösung bieten die Cruyff Courts. Sie bringen den Sport zu den Kindern.
Cruyff Courts – Multifunktionale Sportanlagen
Während die Kinder heutzutage immer mehr mit Fernsehen und anderweitigen, vornehmlich im Sitzen oder gar im Liegen ausgeübten Aktivitäten beschäftigt sind, verbrachte man seine Kindheit früher eher an der frischen Luft. Egal ob auf Spielplätzen, auf dem Fahrrad oder auf dem Fußballplatz – man bewegte sich. Das Problem war nur die mangelnde Ausstattung. Der Fußballplatz war meist kein wirklicher Fußballplatz und einen Ball aufzutreiben erwies sich oft als eine der größten Herausforderungen überhaupt. Die Cruyff Courts wollen an diese Vergangenheit anknüpfen, diesmal aber alles Nötige bieten.
Es handelt sich hierbei um multifunktionale Sportanlagen. Der Rasen ist grundsätzlich ein Kunstrasen und die Tore sind stabil und haben sogar ein Netz. Um den Platz herum befinden sich eine Laufbahn, Basketballkörbe sowie Tischtennisplatten. Das, was uns in Deutschland wohl nicht mehr zu beeindrucken vermag, ist an anderen Orten ein wahr gewordener Traum. Wahrscheinlich aus diesem Grund befinden sich auch keine Cruyff Courts in Deutschland. Präsent sind sie in Kuala Lumpur, Kapstadt, São Paulo sowie in vielen weiteren Städten. Die meisten befinden sich in den Niederlanden sowie den Nachbarländern, da in Holland das Projekt seinen Anfang nahm. Neben gewöhnlichen gibt es auch spezielle Anlagen, die an die Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen angepasst sind.
Bildquelle: cruyff-foundation.org
Auch wenn bereits zahlreiche Cruyff Courts existieren, gibt es noch sehr viel zu tun. Laut eigenen Angaben befindet sich die Organisation in der Expansionsphase und will ihren Fokus auf eine größere Anzahl von Ländern legen. Unterstützung findet sie unter anderem von der FC Barcelona Foundation – der Stiftung des FC Barcelona, welche primär für Wohltätigkeitszwecke verantwortlich ist. Auch Einzelpersonen fördern das Projekt, darunter Hristo Stoichkov, welcher als Spieler unter die Zeit Johan Cruyffs fiel. Für die getane Arbeit und das überzeugende Konzept erhielt die Cruyff Foundation im Jahr 2013 den UEFA Charity Award.
Die 14 Regeln des Johan Cruyff
An jedem der Cruyff Courts befindet sich ein Schild, welches 14 Regeln abbildet. Die Einhaltung dieser Regeln soll dem Einzelnen helfen, sich in allen Aspekten des Fußballspiels zu verbessern. Ferner soll aber auch eine ruhige und gelassene Atmosphäre geschaffen werden, in der sich jedes Kind wohlfühlt. Die Regeln (teilweise auch nur Stichpunkte) lauten:
- Teamplay: Um Dinge zu erreichen, muss man sie gemeinsam angehen.
- Verantwortung: Kümmere dich um die Dinge, als ob es deine eigenen wären.
- Respekt: Respektiert euch gegenseitig.
- Integration: Beziehe andere in deine Aktionen mit ein.
- Initiative: Habe den Mut, etwas Neues auszuprobieren.
- Coaching: Helft euch gegenseitig innerhalb der Mannschaft.
- Persönlichkeit: Sei du selbst.
- Soziale Beteiligung: Eine Notwendigkeit im Sport, und umso mehr im Leben.
- Technik: Die Grundlagen.
- Taktik: Wisse, was du tun sollst.
- Entwicklung: Sport entwickelt deinen Körper und deine Seele weiter.
- Lernen: Versuche, jeden Tag etwas Neues zu lernen.
- Zusammenspiel: Ein essenzieller Teil des Sports.
- Kreativität: Die Schönheit des Sports.
Bildquelle: cruyff-foundation.org
Modifiziert man diese Regeln entsprechend, erhalten sie Gültigkeit für jede Art des gesellschaftlichen Miteinanders. Selbst Unternehmen könnten diese Worte implementieren. Natürlich handelt es sich hier nicht um Eigenerfindungen von Johan Cruyff; die Wichtigkeit von Respekt, Entwicklung etc. ist allgemein bekannt. Dennoch ist jeder Gedanke zu diesem Thema sinnvoll, vor allem für Kinder, die ihre Persönlichkeit erst noch finden werden und müssen. Ohne Zweifel wäre es wünschenswert, wenn einer dieser Gedanken eine wichtige Rolle dabei spielt.
Insgesamt erfreut es uns als Außenstehende, die Entwicklung dieses Projekts zu beobachten. Und umso größer wird die Freude, stellt man sich die Kinder in Brasilien, Malaysien oder einem anderen Schwellen- oder Entwicklungsland vor, wie sie erstmals in ihrem Leben die Möglichkeit bekommen, an einem sauberen und voll ausgestatteten Ort zusammen Fußball zu spielen!