Barcelona: Metropole der Ball- und Ausstellungskunst

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Die Wellen klatschen, der Sand glüht, das Flaggengelb ist gehisst. Für einen Moment denke ich weder an die Sturmwarnung, noch an Barcelonas Flügelspieler Neymar, der wenige Tage später alle bis dato gewesenen Transferdeals der Fußballhistorie zu Asche zerfallen lassen sollte. Ich schnüre meine Laufschuhe, schieße noch ein recht unrevolutionäres Selfie und sprinte wieder in Richtung Les Rambles. Die Kultpromenade funktioniert für Touris und Locals nach wie vor als Magnet und Kanal zugleich. Eingekesselt zwischen blauroten Wimpeln und dezenter Museumswerbung stürze ich mich fünf Jahre nach meinem Erstbesuch in katalanisches Fantum, Pablo Picasso und eine besonders erhellende Strandkultur.

Rückblick: Wer einen Kurztrip nach Barcelona plant, der verknüpft seinen Aufenthalt idealerweise mit einem Live-Spiel im Camp Nou. Sollte es sich bei diesem auch noch um das klangvolle Spitzenduell Barça gegen Real handeln, umso besser. Antoni Gaudí und seine unfertige Sagrada Família, sowie die Würze der Paella nach dem Strandbesuch, sind dann das nette Sahnehäubchen obendrauf. Mit dieser Einstellung flog ich mit meinem Onkel nach meinem bestandenen Abitur 2012 nach Barcelona. Als mich meine Familie mit zwei Eintrittstickets für das Supercopa d’Espanya – Hinspiel überraschte, war die Kunst abseits des Rasengrüns zweitrangig. Stattdessen versank ich liebestrunken mit tausenden Fans im ohrenbetäubenden Wiederhall der Messi-Chöre. Dass die Stadt aber auch ohne den Clàssic zum kulturellen Kurzurlaub einlädt, erfuhr ich dann vor zwei Wochen.

Sonntag: Ankunft bei 30 Grad Celsius

Gemeinsam mit meiner Familie schwang ich mich am letzten Julitag des Jahres in den Flieger gen Katalonien. Angekommen im warmfeuchten Territorium, ging es mit dem Taxi vom Flughafen aus recht zügig direkt vor die Eingangspforten des Hotels. Die Unterkunft lag in einer Seitenstraße im oberen Teil der Rambles – etwa 5 Laufminuten vom Plaça de Catalunya entfernt. Trotz Swimmingpool, ausgiebigem Essensangebot und galantem Personal schwebte uns kein stundenlanger Aufenthalt im Hotel vor. So erkundeten wir zunächst das umliegende Viertel, schlenderten über die schier endlose Promenade und kamen schließlich an der Katholischen Kirche Santa Maria del Pi vorbei, einem gotischen Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert. Das sakrale Gebäude wurde im Verlauf der Geschichte vermehrt durch Erdbeben und Kriege in Mitleidenschaft gezogen und ständig restauriert. Heute finden dort regelmäßige Konzertveranstaltungen statt. Gitarrenspieler Luis Robisco hatte an besagtem Abend seinen Auftritt. Direkt um die Ecke des Kirchengemäuers grenzen der Plaça Sant Josep Oriol sowie charmante Cafés und Gaststätten an. Eigentlich gar nicht so weit ab vom Schuss, mit einem dennoch gemütlichen Flair, überzeugte uns hier ein Restaurant mit einer köstlichen Paella de Pollastre. Straßenmusik, Eisverkauf und versteckte Boutiquen ließen sich im Anschluss bei lauwarmen Temperaturen Stück für Stück erkunden. Auch La Catedral de Santa Creu i Santa Eulàlia liegt nur wenige Schritte von der Kirche entfernt. Wer auf Poster und Plakate steht, sollte mal bei „Posters Verkerke“ in der Carrer del Cardenal Casañas vorbeischauen. Von Film über TV-Serien bis hin zu Größen der Musik- und Sportgeschichte lässt sich hier jeder noch so populäre Medienstar abgedruckt auf mattem Papier wiederfinden. Neben einer großformatigen Fotografie, die den italienischen Regisseur Federico Fellini in Aktion zeigt, fand ich hier auch ein Johan-Cruyff-Poster. Passend, da wir am Folgetag eine Besichtigung von Cruyffs Herzensprojekt, dem Camp Nou, geplant hatten.

Gleich vorab: das Vorbestellen von Sehenswürdigkeiten ist nicht nur laut Marco Polo Reiseführer sehr zu empfehlen. Auch ich kann nach dem Anblick endloser Touristenschlangen vor dem Stadion eine Online-Buchung sämtlicher Tickets jedem Reisenden nur wärmstens ans Herz legen. Der Bestellprozess klappte in unserem Fall sogar noch wenige Tage vor Abreisedatum unkompliziert über die entsprechenden Touristenportale im Internet.

Montag: Museumstour durch Barças Spieltempel

Die Fahrt zum Camp Nou dauerte von der Metrostation Liceu etwa eine halbe Stunde. Ausgestiegen wird an der Haltestelle Les Corts. Das sogenannte BCN-Ticket lohnt sich vor allem dann, wenn man während der Aufenthaltszeit in Barcelona regelmäßig fährt. Für den Hin- und Rückweg zum Stadion taten es aber auch Einzelfahrscheine. Es bietet sich an den Megastore am Stadion vor der Experience Tour zu betreten. Denn der Rundgang schlaucht. Zu mindestens ging es uns so, nachdem wir an der Seite von tausenden Besuchern durch die enge Stadionarchitektur geschleust wurden. Trotz der schlechten Belüftung in den Gängen lohnt sich der Trip spätestens dann, wenn man abseits der Pokale, Trophäen und Trikots ins Freie kommt und die Sicht auf den Rasenplatz genießen darf. Im Anschluss geht es weiter, wieder rein in die museale Ausstellung, zu den Umkleidekabinen und Presseräumen. Sehr sorgsam installiert sind die Fotografien sowie Video- und Soundinstallationen, die versuchen einen Großteil der Vereinshistorie zu würdigen. Interessant ist hier besonders der Abschnitt über Barcelonas Jugendakademie La Masia. Für die Experience-Tour bezahlt man grundsätzlich 25 Euro. Für Kinder im Alter von sechs bis dreizehn sowie für 70-Jährige werden schlanke 20 Euro fällig. Besucher bis zu sechs Jahren genießen hingegen freien Eintritt. Einen Schritt in den Megastore wagte ich am Nachmittag dennoch und nahm mir eine burgunderfarbene Trainingsjacke mit. Das Thema, mit welchem die Verkäufer am meisten konfrontiert wurden, war nicht etwa Kleidergrößen, sondern der Verbleib oder Abgang von Barças Neymar. Wirklich vorbereitet auf einen möglichen Wechsel war man hier nicht. Dafür sprachen die hunderten Trikots mit dem Namen des Brasilianers und seine unzähligen Abbilder an der Außenfassade des Camp Nous.

Dienstag: Flanieren, das neue-alte Sightseeing

Den dritten Urlaubstag begann ich mit Laufen. Das Portemonnaie behielt ich immer eng am Mann, denn geklaut wird dann schon hin und wieder. Vom Hotel bis zum Strand und wieder zurück zeigte der Kilometerzähler meiner Smartphoneapp etwa 8 Kilometer an. Nirgendwo lässt es sich so gut durch die Touristenmassen durchschlängeln wie in Barcelona. Die Stadt ist zwar voll, aber im Gegensatz zu deutschen Großstädten schert sich hier niemand wie Andere rumlaufen, springen, rennen oder kriechen. Auch im europäischen Vergleich mit Mailand und Paris mischen sich in Barcelonas Weltoffenheit so viele Kulturen, Sprachen, Nationalitäten, Kleiderstile wie kaum woanders. Auch der Strand dehnt sich ähnlich wie die Rambles bis in die Unendlichkeit aus und beherbergt üblicherweise ab der Mittagszeit etliche Badegäste. Auch hier ist jeder freundlich, aber kümmert sich um seine eigenen Angelegenheiten. Von gaffenden Blicken und mürrischen Mienen keine Spur. Dafür weht einem eine angenehme Briese um die Nase. Einmal im Wasser, kann man relativ weit hinauslaufen. Die Steine am Boden geben dann aber doch eine nicht gerade zaghafte Fußmassage.

Am Nachmittag ging es dann zum Museu Picasso. Das Museum versteckt sich in der Carrer Montcada. Picassos Schaffen in Barcelona enttäuscht kein Stück. Seine Familie, katalanische Landschaften, das städtische Treiben und schöne Frauen sind ebenso beachtlich, wie seine Ausflüge nach Paris und der Werdegang hin zur abstrakten expressionistischen Kunst. Die sogenannte „Collection“ wird chronologisch zusammengestellt und in mehreren Räumen sorgsam ausgeleuchtet. Der Weg zurück zu unserem Hotel bestätigte die Annahme, dass Barcelona, mehr noch als Mailand, zum Flanieren und Entdecken einlädt. Man läuft durch die schmalen Gassen, sieht Kioske und Märkte und steht dann plötzlich vor der riesigen Dimension des Mittelmeeres.

Wer keine Lust auf den entspannten Spaziergang in der Tagessonne hat, der joggt eben am frühen Morgen ‘runter zum Strand und stürzt sich dann Hals über Kopf in den peitschenden Wellengang. Aber auch hier gilt trotz katalanischer Gastfreundlichkeit: die Wertsachen nie unbeaufsichtigt am Strand liegen lassen.

Mittwoch: Katalanische Kunst, besonders schön „kuratiert“

Die riesigen Neymarplakate waren mittlerweile abgerissen. Das hinderte meine Familie und mich nicht daran das Museu Nacional d’Art de Catalunya zu besuchen. Der Palau Nacional ist der prächtige Sitz des Museums. Der Blick vom Haupteingang enthüllt eine malerische Szene von Barcelona. Doch auch das Innere des Ortes lässt sich sehen. Romantik, Gotik, Barock, Renaissance und Moderne Kunst aus dem 19. und 20. Jahrhundert laden dazu ein, gleich mehrere Tage in dem prächtigen Anwesen zu verbringen. Zu sehen gibt es wirklich alles von Skulpturen, Illustrationen und Wandmalerei, bis hin zu Fotografie und Kupferstich. Abgesehen von den Dauerausstellungen beeindruckt der Teil des Museums, der sich mit dem Schaffen von Künstler Ismael Smith beschäftigt. „The beauty and the monsters“ zeigt schrecklich schöne Kunst aus Smiths Werk, die sich mit Sex, deformierten Körpern und horroresken Gesellschaftsbildern befasst. Nicht weit entfernt vom Museum sind der botanische Garten und das Olympia Stadion. Davon bekamen wir an einem der heißesten Tage der Woche nicht mehr allzu viel zu Gesicht. Mann soll eben dann aufhören, wenn’s am schönsten ist.

Donnerstag: Was bleibt?

Die Fahrt mit der Seilbahn vom Strand aus hoch zum Montjuïc bzw. umgekehrt, von Barcelonas Kunstmuseum wieder runter zum Wasser, wird bei meinem nächsten Besuch ganz oben auf der Liste stehen. Ansonsten soll ja auch die Sagrada Família bekanntlich ganz nett und nicht nur ein Blick von außen wert sein. Auch hier lohnt es sich wohl die Eintrittskarten vorab zu besorgen.

Als ich dann wieder am Frankfurter Flughafen landete und vom grauen Wetter und von grauen Gesichtern empfangen wurde, sagten meine übergequollenen Facebook-Benachrichtigungen, dass Neymar für eine Unsumme nach Paris gewechselt ist. In Barcelona war all diese negative Energie an mir vorbeigeglitten und das obwohl ich die vergangenen Tage wohl kaum hätte näher an Neymar, Bartomeu und den Megaofferten verbringen können.

Um so richtig in Barcelona-Stimmung zu kommen, empfiehlt sich außerdem ein Blick in den äußerst sehenswerten Dokumentarfilm „Mein Barcelona“ von Schauspieler Daniel Brühl

https://www.youtube.com/watch?v=PUfLfuzztFk

Bildersammlung

Ein paar Bilder von der Reise sind hier angeführt. Viel Spaß beim Durchsehen!

Culés, wie oft wart ihr schon in Barcelona? Erzählt uns doch ein bisschen davon in den Kommentaren! :)

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