Am heutigen Sonntag öffnen wir sozusagen ein „Türchen” für euch. Wir haben uns mit einer Frage beschäftigt, die euch sicherlich genauso brennend interessiert wie uns: Was machen eigentlich Carles Puyol, Xavi, Ronaldinho und José Manuel Pinto, seit sie Barça verlassen haben? Gut, einiges bekommt man nebenbei natürlich mit – zum Beispiel, dass Carles Puyol bis heute wohl noch bei keinem Friseur war, Xavi nun in Qatar Fußball spielt, Ronaldinho eine Funktion als Barça-Botschafter übernommen hat und Pinto in der Musik-Branche tätig ist. Das reicht Barçawelt selbstverständlich nicht. Wir wollten es einmal mehr genauer wissen. Der Adventsartikel ist in Zusammenarbeit mit Barçawelt-Autor Benjamin Freund verfasst worden.
Carles Puyol: Stehaufmännchen mit Ratschlägen
Es gibt wohl kaum eine Figur der Öffentlichkeit, die den Gang zum Hairdresser in den letzten 20 Jahren so radikal boykottiert hat wie Barcelona-Legende Puyol. Doch auch neben der lockigen Haarpracht machte der martialisch-aussehende Innenverteidiger zu seiner Zeit mit Kampfgeist, Teamspirit und Loyalität auf sich aufmerksam. Den eigenen Körper opferte er stets zugunsten der Mannschaft. Es sind eben jene Werte, die das Eigengewächs aus La Masia zu einem prädestinierten Vorbild für die Jüngeren heranwachsen ließen. Dabei wurde dem damals 17-Jährigen zunächst keine große Karriere vorhergesagt, da man sein physisches und technisches Vermögen als zu rustikal und hölzern einstufte. Der Puyol, der aus einem Bergdorf stammte und sich für Traktoren und die Arbeit auf dem Land begeisterte, löste die Sachen während des Matches eben lieber mit der Brechstange – fair, aber mit der Brechstange. Doch auch die einstige Naturgewalt musste sich nach Hunderten Pflichtspielen und unzähligen mittleren bis schweren Verletzungen dem Zahn der Zeit beugen und das blaurote Leibchen an den Nagel hängen. Puyol war während seiner Spielerkarriere einer der Akteure, die sowohl mit dem Verein als auch mit der Nationalmannschaft ein Sammelsurium an Titeln gewannen.
Für Spieler wie Gerard Piqué oder Marc Bartra war Puyol ein maßgeblicher Anker auf und neben dem Rasen. Letzteren Akteur unterstützt Puyol sogar noch heute aktiv bei dessen wirtschaftlichen Entscheidungen im Fußballgeschäft. Aktuell ist aus dem früheren Motivator ein Antreiber im Management-Sektor geworden. Im Mai 2014 begann ‚Puyi‘ seine Karriere als Assistent des Sportdirektors Andoni Zubizaretta beim FC Barcelona. Nachdem Zubizaretta ein Jahr später entlassen wurde, trat auch Puyol von seinem Posten zurück. Neben seinem Handeln im Business der Sportwelt ist Puyol mit dem Model Vanesa Lorenzo liiert. Beide haben eine zweijährige Tochter. Carles Puyol ist jetzt Berater von Marc Bartra und begleitete diesen unter anderem bei dem schriftlichen Vertragsabkommen mit dem BVB im Sommer dieses Jahres.
Es bleibt ungewiss, wie und ob Puyol in der Zukunft den Weg in die Tore des Camp Nous und das umliegende Gelände des Traditionsvereins aus Katalonien finden wird. Fakt ist jedoch, dass seine vernünftigen und besonnenen Lebensweisheiten für so einige Nachwuchs-Kandidaten von Interesse sein dürften. Puyol steht noch heute im engsten Kontakt zu den Spielern von Luis Enrique und ist hin und wieder als Gallionsfigur des Vereins auf Events des Klubs anzutreffen. Auf Instagram macht Puyol einen durch und durch entspannten Eindruck, wenn sich der Abwehrbolide gemeinsam mit seiner Freundin grazil auf der Yoga-Matte räkelt.
Puyol hat mir immer wieder Ratschläge gegeben. Er ist derjenige, der mir am meisten in Sachen Fußball beigebracht hat.
Puyols fußballerisches Können im Video:
https://www.youtube.com/watch?v=48GJLN0AMT8
Xavi: Karriereausklang in Qatar
2010 wurde Xavis Marktwert auf 65 Millionen Euro geschätzt, heute sind es gut vier Millionen. Gesehen hat der FC Barcelona davon nicht einen Cent und das ist auch gut so, denn das hätte bedeutet, Xavi verlässt den Verein in Richtung eines anderen europäischen Topklubs. Nach der Saison 2014/15 verabschiedete sich Xavi mit dem Triple, bei dem er alle drei Pokale, also die Liga, die Champions League und die Copa Del Rey, in die Luft stemmen durfte. Es verschlug den Mittelfeldstrategen nach Qatar zum Al-Sadd Sports Club in Doha, der Landeshauptstadt. Der Verein hat verglichen mit dem FC Barcelona noch eine recht kurze Geschichte. Erst im Jahre 1969 wurde er von Studenten gegründet. Seither hat er sich zu einem der erfolgreichsten Vereine Qatars etabliert. Mit zwölf Meisterschaften sowie zwölf Pokalsiegen ist die Mannschaft außerdem Rekordsieger in den beiden Bewerben. Xavi durfte jedoch bei keinem der Titelgewinne mitjubeln, der letzte Cup wurde nämlich direkt vor seiner Ankunft geholt.
Insgesamt kam Xavi seit seinem Wechsel auf 18 Liga-Einsätze. Dabei konnte er vier Tore erzielen und sogar zwei Assists geben. Von den 743 Einsätzen für Barça ist er somit allerdings noch weit entfernt. Sein Vertrag läuft übrigens noch bis zum 30. Juni 2017. Man darf gespannt sein, wann der Altmeister seine Ausbildung als Trainer beginnt. Daran, dass er sie beginnt, zweifeln die Wenigsten.
Verlernt hat er das Spielen jedenfalls nicht: https://www.youtube.com/watch?v=n88CgR-X5xkRonaldinho: Was wäre wohl gewesen…
An seine Power-Dribblings, seine unnachahmlichen Tricks und Pässe sowie seine außergewöhnlichen Tore erinnert sich wohl noch jeder Culé. Ronaldinho versprühte beim Spielen eine Magie, wie man sie von wohl keinem kennt. Viele werden jetzt aufschreien: „Aber was ist mit Messi?” Messis Spiel ist machtvoll und nahe an der Perfektion – das macht ihn auch zum unserer Meinung nach besten Spieler aller Zeiten, aber bei Ronaldinho war es etwas anderes. Bei Messi sitzt man vor dem Fernseher und staunt, bis man bemerkt, dass es Messi war. Bei Messi ist soetwas “Normalität”. Bei Ronaldinho blieb einem einfach oft der Mund offen und man fragte sich: „Wie und warum ist dieser Trick anatomisch überhaupt möglich? Wie funktioniert das ohne Hinsehen? Hat er auch Augen im Hinterkopf? Hat sich der Verteidiger nach diesem Spagat nicht verletzt?” und so weiter. Das war pure Magie. Leider muss man sagen, dass der Leistungsabfall bei Barcelona viel zu früh kam. In der Saison 2006/07 baute Ronaldinho massiv ab, ein gewisser Lionel Messi spielte sich in den Vordergrund. 2007/08 zeichnete sich ab, was vor Peps erster Saison Tatsache wurde: Barças Zukunft findet ohne Ronaldinho statt. Retrospektiv denkt man sich nun oft: „Was wäre wohl gewesen, wenn Messi und Ronaldinho in ihrer Blütezeit miteinander gespielt hätten?” Die gegnerischen Fans wachen dann aber ganz schnell aus ihrem Albtraum auf.
Nach dem Wechsel verbrachte Ronaldinho noch zweieinhalb Jahre beim AC Mailand, bei denen er zumindest in einigen Momenten noch seine Klasse aufblitzen ließ, bevor er im Januar 2011 nach Brasilien zum Traditionsklub Flamengo aus Rio de Janeiro wechselte. Dort spielte der Ballkünstler 16 Monate, ehe er nach massiven Unstimmigkeiten zu Atlético Mineiro wechselte, wo er für knapp zwei Jahre blieb. Danach gab es noch kurze Abstecher zum Querétaro Fútbol Club und zu Fluminense Rio de Janeiro, ehe sich Ronaldinho Anfang 2016 aus dem Profifußball zurückzog.
Mitte Oktober dieses Jahres gab der FC Barcelona schließlich bekannt, dass Ronaldinho nun Botschafter des Vereins sei. Seinen ersten großen Auftritt hatte er allerdings schon bei der Eröffnung des Vereinssitzes in New York Anfang September. Dort war es ein „Tor” von ihm, das das Büro offiziell einweihte. Übrigens: Als „App-Entwickler” war der Brasilianer auch aktiv. „Emojinho” heißt seine App, die das eigene Handy mit vielen neuen Emojicons aufrüstet.
Ein weiteres Addendum: 2013 ließ sich Ronaldinho von einem Spezialisten seine Zähne korrigieren, sein berühmtes Gebiss gehört seitdem also der Vergangenheit an.
Auf diverse Eskapaden seit seinem Abgang wurde an dieser Stelle bewusst verzichtet, da wir unseren Ballkünstler nicht in ein schlechtes Licht rücken wollten. Dennoch gehen wir damit natürlich nicht konform!
José Manuel Pinto: Weiterhin Paradiesvogel
Von 2008 bis 2014 lebte und spielte José Manuel Pinto im sonnigen Katalonien. Mit dem FC Barcelona räumte Pinto so gut wie alle Titel auf nationaler und internationaler Klubebene ab, die es abzuräumen gab. Fünfmal die Champions League, viermal die spanische Liga, dreimal die spanische Supercopa, einmal den Supercup, einmal die Klub-WM und zweimal die Copa del Rey zählen zum Inventar des heute 41-jährigen Sportlers. Im Dress der Blaugranas gab Pinto in der Regel keine schlechte Figur ab, gleichwohl reichte es für den kantigen Goalie nie für die Nummerierung zu Barças Nummer Eins zwischen den Torstangen. Auffällig waren aber schon damals seine extrovertierte Körpersprache, die Liebe zum Risiko am Ball und der Hang zur speziellen Ästhetik – sei es der Look oder die Spielweise. Als mitspielender Torhüter hat Pinto genau genommen bereits vor Jahren das gemacht, was heutzutage von Spielern wie Marc-André ter Stegen oder Manuel Neuer erwartet wird.
Tippt man heute den Namen des Ex-Keepers in die Suchleiste von Google ein, so erscheint unter anderem ein Eintrag mit dem Hinweis „Verfügbar bei“, darunter werden dann zwei Streamingdienste – versehen mit Hyperlinks – angegeben. Mit einem Klick landet man dann auf ‚Spotify‘ oder ‚Deezer‘ und den Künstlerprofilen des ehemaligen Torwarts. Nach seiner aktiven Spielerkarriere beim FC Barcelona hat sich Pinto vollständig der Musik zugewendet. Bereits während seiner Zeit als Fußballer hatte der sympathische Spanier die Grundsteine für seine aktuelle Tätigkeit gelegt. Barcelonas Publikumsliebling begann seine Arbeit als Musiker und Musikproduzent primär im Hip-Hop-Bereich. Bereits im Jahr 2000 gründete der Keeper sein eigenes Label unter dem Namen ‚Wahin Makinaciones‘. Unter derselben Bezeichnung brachte Pinto sechs Jahre später seine erste Veröffentlichung auf den Markt. Obwohl es bereits Dutzende Videos gibt, in denen der Spanier selbst zum Instrument greift, hat es sich die ehemalige Nummer Dreizehn des FCB zur Aufgabe gemacht, andere Musiker aus dem Bereich der elektronischen, raplastigen und tanzbaren Musik zu unterstützen. Auch wenn er jetzt nicht mehr auf der ganz großen Bühne zu sehen ist, bleibt es allemal mit Spannung zu beobachten, in welche Richtung die Reise für Pinto als Musiker und Produzent hingehen mag.
Abseits der Fußballstadien, scheint Pinto auch seine neue Berufung im sozialen Netz gefunden zu haben, so machte er vor kurzem weder vor selbst choreographierten ‚Vines‘ noch der ‚Mannequin-Challenge‘ halt. Der Mann weiß sich zu vermarkten. Sowohl das künstlerische Talent als auch die Fähigkeit, mit anderen Künstlern zu kommunizieren, scheinen den Zopfträger nicht nur im sportlichen Bereich zu einem Exoten zu machen.
Pintos beste Paraden:
https://www.youtube.com/watch?v=XXrWoTQH3s0
Barças Ex-Keeper und seine musikalischen Talente:
https://www.youtube.com/watch?v=PNKJ9CxNL9M
Schlusswort
Abschließend bleibt uns nur zu sagen, dass diese vier außergewöhnlichen Charaktere dem Verein natürlich alle auf ihre ganz besondere Art und Weise fehlen und man nur hoffen kann, dass der eine oder andere bald den Weg zurück ins Camp Nou findet.