Der FC Barcelona hat Sorgenkind Philippe Coutinho an den FC Bayern München verliehen. Der Brasilianer ist das teuerste Missverständnis der Vereinshistorie, denn Coutinho ist mehr Solist denn Strippenzieher – er passte so nie zu Ernesto Valverdes Barça.
Er kann wieder strahlen. Philippe Coutinho hat ein ansteckendes Lächeln, und so frohlockte er auf den Präsentationsfotos des FC Bayern, seinem neuen Klub. Coutinho lässt den FC Barcelona hinter sich und ist jetzt ein Münchner – zumindest für diese Saison. Der FC Bayern München hat seine schillernde Neuerwerbung am Montag offiziell präsentiert, der Medizincheck ist bestanden, die Tinte unter dem Leihvertrag ist trocken, die Vorstellungsfotos sind geschossen. Coutinho lächelt – und der FC Barcelona atmet auf, denn das Sorgenkind ist weg. Vorerst.
Mindestens eine Spielzeit wird Coutinho nun in München kicken, über die Leihgebühr gab es das Wochenende über verschiedene Angaben, nun machte es der FC Barcelona offiziell: Der FC Bayern zahlt eine Leihgebühr von 8,5 Millionen Euro, der deutsche Rekordmeister hat zudem eine Kaufoption in Höhe von 120 Millionen Euro. Das Gehalt, rund 23 Millionen brutto, etwa 12 Millionen netto, übernimmt der FC Bayern komplett.
Agreement with @FCBayern for the loan of @Phil_Coutinho
More details: https://t.co/YWy78OmRnU pic.twitter.com/6J5DN00SmC— FC Barcelona (@FCBarcelona) August 19, 2019
Am überraschenden Transfer Coutinhos zeigt sich, wie schnelllebig der Fußball ist. Vor gerade einmal 18 Monaten war Coutinho als teuerster Transfer in der Historie des FC Barcelona (120 Mio. fix + 40 Mio. an Zusatzzahlungen) stolz präsentiert worden, nun wollten ihn die Katalanen schleunigst wieder loswerden – und verleihen ihn in Ermangelung eines potenten Abnehmers sogar – hauptsache weg.
Der Gedanke dahinter ist klar: Man spart sein exorbitantes Gehalt, und hofft, dass er sich für einen neuen Verein zumindest ins Schaufenster spielen kann, selbst wenn ihn die traditionell eher knauserigen Bayern am Saisonende nicht übernehmen sollten. Denn bei Barça hatte der Brasilianer keine Zukunft mehr, aufgrund seiner Spielweise und erst recht nach den Zukäufen Antoine Griezmanns und Frenkie de Jongs.
Als Iniesta-Nachfolger geholt – und gefloppt
Denn ursprünglich war Coutinho als Nachfolger Andres Iniestas auserkoren und verpflichtet worden, doch im Mittelfeld Barcelonas fand sich der 27-Jährige nie zurecht. Es stellte sich heraus, dass er kein Regisseur ist, kein Strippenzieher, kein Stratege, der in engen Räumen den Überblick behält und das Spiel der Mannschaft führt und ankurbelt. Vielmehr ist Coutinho Solist mit sensationeller Technik, aber eben kein Teamplayer im komplexen kollektiven System der Blaugrana.
So wurde der ehemalige Liverpool-Star von Ernesto Valverde nach einigen Testläufen im Mittelfeld schnell als verkappter linker Flügel eingesetzt. Doch auch hier wusste Coutinho trotz Chancen en masse nicht zu überzeugen, zu vorhersehbar und monoton agierte er für einen Flügelspieler, der er sowieso nicht ist. Zu oft zog er in die Mitte, rannte sich fest, probierte immer das Gleiche, verlor den Ball und setzte nicht nach.
Die Erwartungen als Rekordtransfer des Vereins waren naturgemäß enorm, und so verloren die Fans ob seiner Leistungen irgendwann die Geduld – und Coutinho sein Selbstvertrauen. Zuletzt pfiff ihn das Camp Nou sogar aus, der Tiefpunkt in der Beziehung zwischen Fans und Spieler. Für einen Ersatzspieler ist er zudem viel zu teuer in Ablöse und Gehalt.
Barça hat den falschen Spieler geholt – oder den falschen Coach
Nun schob ihn Barça wieder ab, denn es ist augenscheinlich, dass der Verein im Winter 2018 nicht den passenden Spieler gekauft hat. Ob das nur an Coutinho allein lag, oder auch an seinem Trainer Valverde, ist müßig und kann letztendlich nicht komplett ergründet werden.
Was der Offensivspieler braucht, ist ein Trainer der auf ihn setzt, in einem System das zu ihm passt. Bei Bayern könnten seine Stärken besser zum Tragen kommen, hier dürfte er mehr Freiheiten im offensiven Mittelfeld genießen und weniger taktische Fesseln haben, denn Bayern-Coach Niko Kovac lässt seinen Akteuren in der Offensive mehr Bewegungsfreiheit – oder, etwas anders formuliert: Er lässt sie einfach mal machen. Das könnte Coutinho perfekt in die Karten spielen, vielleicht kann er sich in München auf dem Platz ausleben, als Freigeist der er ist.
Kovac zeigte sich demzufolge glücklich und sprach davon, dass sich “die ganze Bundesliga” auf den brasilianischen Nationalspieler freuen könne. Sportdirektor Hasan Salihamidzic sagte, Coutinho sei “eine richtige Verstärkung für unsere Mannschaft” und er würde “etwas Spektakuläres” nach München bringen.
Bei Barça war lediglich seine Ablösesumme spektakulär – und letztlich das Missverständnis.
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