Quique Setién probierte gegen Atlético Madrid ein neues System aus – nicht nur das erstaunte, sondern auch seine Weigerung, offensive Wechsel vorzunehmen. Gerade der unterirdische Luis Suárez hätte eine Auswechslung verdient gehabt, auch Nelson Semedo spielte mindestens unglücklich. Die Spielerkritik und Noten.
Marc-André ter Stegen
Marc-André ter Stegen wurde nach nur 11 Minuten zum Elfmetertöter – alleine, seine Parade gegen Diego Costa zählte nicht. Weil bei ter Stegens Absprung nicht mindestens ein Fuß noch auf der Torlinie war, musste der Strafstoß wiederholt werden, diesmal war der Deutsche gegen Saul machtlos. Beim zweiten Elfmeter Sauls hatte ter Stegen richtig Pech, er ahnte die Ecke und war am Ball dran, konnte die Kugel jedoch nicht um den Pfosten lenken. Ansonsten war der Schlussmann kaum gefordert. Undankbarer Abend für die Nummer 1. Barçawelt-Punkte: 6
Nelson Semedo
Nelson Semedo hatte im ersten Durchgang alle Hände voll zu tun mit Gegenspieler Carrasco, der sehr aktiv auf Semedos rechter Seite war. Der Portugiese war beim Umschaltspiel Atletis in Halbzeit eins immer wieder außer Position – so auch vor dem Elfmeter der zum 1:1 führte, als er völlig unnötig seine Position aufgab, hoch in des Gegners Hälfte übermotiviert presste und Barças Abwehrreihe so außereinander zog und letztlich in Konfusion stürzte. Verschuldete unglücklich den zweiten Elfmeter, als er Carrasco touchierte, sodass dieser ins Stolpern kam. Seine beste Aktion war der Cutback auf Vidal in Minute 71, als der Chilene per Direktabnahme aber knapp am rechten Winkel vorbeischoss. Barçawelt-Punkte: 4
Gerard Piqué
Der Abwehrchef sah vor dem 1:1 auch nicht gut aus. Da Semedo vorne rumturnte, schob Gerard Piqué auf rechts raus um Carrasco zu decken, ließ sich dann aber im Laufduell leicht abschütteln und fiel zu Boden – so hatte Carrasco freie Bahn in den Strafraum, bevor er von Vidal zu Fall gebracht wurde. Das Rausrücken auf den Flügel hätte sich Piqué bei besserer Kommunikation mit Vidal, der schon in der Nähe Carrascos war, ganz sparen können. Im zweiten Durchgang machte Atleti weniger Betrieb, demzufolge war der Ex-Nationalspieler weniger beschäftigt. Barçawelt-Punkte: 5
Clement Lenglet
Bekam wieder den Vorzug vor Samuel Umtiti und machte seine Sache wesentlich solider als sein Landsmann zuletzt gegen Celta Vigo. War aufmerksam und abgeklärt und vor allem besser positioniert als Umtiti gegen Celta. Gewann alle Luftduelle – so einmal in höchster Not in Durchgang zwei bei einer punktgenauen Flanke auf Morata, der aber von Lenglet stark gedeckt wurde. Derzeit der klar beste Partner Piqués. Barçawelt-Punkte: 7
Jordi Alba
Alba war gleich zu Beginn in der Defensive aufmerksam, als er artistisch in höchster Not am Fünfmeterraum eine Flanke klärte und sich dabei beinahe verletzte. In der Wiederholung sah es schlimmer aus als es war, der Nationalspieler konnte glücklicherweise weiterspielen. Wirklich auffällig war Alba an diesem Abend höchstens in der Defensive, als er beispielsweise in Durchgang zwei spät gut klärte und so ein mögliches 2:3 verhinderte. Hatte defensiv seine linke Seite im Griff – anders als Außenverteidiger-Kollege Semedo auf rechts. In der Offensive jedoch blass und kaum existent. Barçawelt-Punkte: 5
Sergio Busquets
Rückte nach abgesessener Gelbsperre wieder in die Mannschaft, hatte mit den giftigen Rojiblancos aber allerhand Mühe. Deckte bei einer Kopfballchance Diego Costas bei der Entstehung eigentlich den Mittelstürmer Atléticos, ließ ihn dann aber just vor der Flanke unerklärlicherweise laufen – was sich fast mit dem 2:2 gerächt hätte, doch Costa setzte den Kopfball neben das Gehäuse. Wie immer passsicher (92 Prozent), aber leider auch ohne zündende Ideen aus der Tiefe. Kann eigentlich mehr. Barçawelt-Punkte: 5
Arturo Vidal
Der Chilene hat sich unter Setién einen Stammplatz erarbeitet, obwohl er so gar nicht dem Typus des Cruyff-Fans entspricht. So sehr sein wildes Spiel in einem funktionierenden Ensemble das gewisse Extra verleihen kann, so sehr verunsichert es in einem strauchelnden Spiel wie am Dienstag gegen Atleti. Verschuldete den Elfmeter zum 1:1 durch ein unnötiges Foul. Vidal war auch diesmal bemüht, konnte dem Spiel Barcelonas aber durch seine Spielweise keine Struktur verleihen. Ließ zwei gute Chancen in Durchgang zwei aus – eine per Kopf, eine per Direktabnahme, die Zentimeter neben das Gehäuse segelte und letztlich Barças beste Siegchance darstellte. Barçawelt-Punkte: 4
Ivan Rakitic
Rakitic bekam erneut den Vorzug vor Arthur, konnte dem Spiel aber zu wenig Impulse geben. In halblinker Position fand er sich gerade offensiv überhaupt nicht zurecht. Seine sachliche und kühle Art waren lange gefragte Tugenden, im momentan kriselnden Spiel des FC Barcelona sind sie aber nicht der gefragte Stimmungsaufheller. Rakitic arbeitete auch heute viel und legte seine gewohnte Laufbereitschaft an den Tag, die Mannschaft konnte sich aber nicht an ihm entscheidend hochziehen. Einmal mehr ein Auftritt, der einen Verkauf im Sommer nahelegt. Barçawelt-Punkte: 4
Riqui Puig
Eindeutig der Lichtblick in der Post-Corona-Phase. Puig war auch diesmal der fleißigste Spieler auf dem Feld und offenbart damit auf schockierende Art und Weise die momentane Form der Katalanen sowie ihre Ideenlosigkeit im Mittelfeld. Ein 20-jähriger B-Spieler geht voran, während gestandene Stars sich dem Schicksal hingeben. Positiv auffallend beim Talent ist, dass er permanent den Weg nach vorne sucht – ob mit einem Pass oder einem Offensiv-Dribbling. Barçawelt-Punkte: 7, MOTM
Lionel Messi
Natürlich hat Lionel Messi schon bessere Zeiten – auch individuell – erlebt, dennoch muss man dem Argentinier zu Gute halten, dass er derjenige Spieler ist, der zumindest noch einen Ansatz von Kreativität und Torgefahr ausstrahlt. Auch heute ging die wenige Gefahr von ihm aus, wenngleich Messi auch ein Opfer des schwachen Kollektivs ist. Seine besten Szenen: Ein Schuss touchierte das Lattenkreuz, seinen Elfmeter versenkte er eiskalt per Panenka – Karrieretor Nummer 700. Für Messis Ansprüche aber sicherlich nicht sein bestes Spiel. Barçawelt-Punkte: 6
Luis Suárez
Beim 2:2 gegen Celta de Vigo war Luis Suaréz noch ein Lichtblick, heute ein Schatten seiner selbst. Der Mittelstürmer war ein Totalausfall und konnte zu keinem Zeitpunkt des Spiels seiner Mannschaft die nötige Durchschlagskraft bieten. Dem Uruguayer gelang rein gar nichts, manchmal hatte man sogar das Gefühl, dass er im Weg rumstand. Bemerkenswert, dass er trotzdem 90 Minuten ran durfte, obwohl mit Antoine Griezmann und Martin Braithwaite Ersatz auf der Bank saß. Barçawelt-Punkte: 1
Sergi Roberto
Sergi Roberto ersetzte nach 66 Minuten den blassen Ivan Rakitic im halblinken zentralen Mittelfeld und feierte so sein Comeback nach Verletzungspause. Wirklich auffällig aber wurde auch das Eigengewächs Barças nicht. Barçawelt-Punkte: 5
Antoine Griezmann
Bittere 90 Minuten für den Franzosen gegen seinen Ex-Klub. Obwohl Suaréz ein Totalausfall war, wurde Griezmann erst in der Nachspielzeit eingewechselt – ein Schlag ins Gesicht für den 120-Millionen-Einkauf. Kein Wunder, dass er nicht mehr für Impulse sorgen konnte und bei den wenigen Ballkontakten verunsichert wirkte. Barçawelt-Punkte: keine Bewertung
Ansu Fati
Der 17-Jährige durfte nur kurz ran, bekam aber als Einwechselspieler erneut den Vorzug vor Braithwaite und Griezmann. Fati konnte bei seinem Kurzeinsatz das Ruder nicht herumreißen, mehr als ein Eins-gegen-Eins auf der linken Seite stand nicht zu Buche. Barçawelt-Punkte: keine Bewertung
Trainer Quique Setién
Quique Setién überraschte alle mit seiner Aufstellung, denn er setzte gegen Atlético auf ein 4-4-2, wobei Vidal halbrechts, Rakitic halblinks und Puig zentral in einer Art Raute spielten. Wirklich für Durchschlagskraft in der Offensive sorgte auch das neue System nicht, über die Flügel kam wenig überraschend weiterhin wenig bis nichts. Was sich Setién von der Systemumstellung erhoffte, ist nicht überliefert. Die Einwechslung Robertos für den matten Rakitic machte Sinn, damit Barça (in der Theorie) mehr Tempo, Laufstärke und Vertikalität ins Zentrum bekommen sollte. Erstaunlich aber, dass Setién in der Offensive erst nach 85 Minuten einen Wechsel vornahm, in dem er dann erst Flügelstürmer Fati brachte, immerhin benötigte Barça doch dringend offensive Impulse und die drei Punkte. Noch unverständlicher, dass Griezmann erst zur 90. Minute das Feld betreten und vor allem, dass Suárez trotz unterirdischer Leistung durchspielen durfte. Hier hat sich Setién klar vercoacht. Barçawelt-Punkte: 2
Erklärung zur Punktevergabe
10 Punkte: Weltklasse
9 Punkte: sehr gute Leistung
8 Punkte: gute Leistung
7 Punkte: ansprechende Leistung
6 Punkte: durchschnittliche Leistung
5 Punkte: unterdurchschnittliche Leistung
4 Punkte: schwache Leistung
3 Punkte: sehr schwache Leistung
2 Punkte: ungenügende Leistung
1 Punkt: Totalausfall