Es war der letzte Spieltag der Saison 2017/2018. Das letzte Heimspiel. Gegner war Real Sociedad, das im Hinspiel noch spektakulär 2:4 verloren hat und sich im Camp Nou nicht abschießen lassen wollte. Schlussendlich entschied Barça das Duell mit 1:0 für sich. Philippe Coutinho sorgte mit einem Kunstschuss für das einzige Tor des Abends. Dieser Abend stand aber ganz im Zeichen eines anderen Akteurs, einer Legende. Andrés Iniesta bestritt sein allerletztes Spiel für die Katalanen und durfte die Herzen der Culés ein letztes Mal zum Strahlen bringen. Hier der Bericht zum Spiel. (Für das Archiv veröffentlicht!)
Choreographie sorgt für Gänsehaut
Es war wahrlich nicht wie der Beginn eines gewöhnlichen Ligaspiels für den FC Barcelona. Die Spieler warteten im Tunnel, bis es an der Zeit war, den Rasen zu betreten. Was sie dort zu sehen bekamen, war etwas, das nicht oft in einem Stadion zu sehen ist. Die Aufschrift “Infinit Iniesta” prägte die komplette Längstribüne, während die legendäre Nummer 8 des Maestros zu einem Unendlichzeichen umgewandelt wurde und die Tribünen hinter dem Tor schmückte. Mit der Barça-Hymne im Hintergrund war Gänsehaut somit vorprogrammiert. Andrés Iniesta führte seine Mannschaft noch einmal als Kapitän auf den Platz und durfte zudem das neue Trikot seines Herzensvereins wenigstens einmal überstreifen. Lionel Messi bekam von Xavi Hernández noch die Trophäe für den besten Spieler im April ausgehändigt, die Bühne gehörte aber ganz klar seinem Capitán und Freund Andrés Iniesta.
Erste Halbzeit
Es wurde aber natürlich noch Fußball gespielt. Es galt, die Saison mit einem Sieg abzuschließen und gleichzeitig dem Kapitän einen ordentlichen Abschied zu schenken. Einen Wermutstropfen gab es trotzdem: eine Liga ohne Niederlage zu beenden war nicht mehr möglich, nachdem Levante am vorletzten Spieltag die Katalanen schlagen konnte.
Lionel Messi nahm nach seiner Nichtnominierung für das Spiel gegen Levante vorerst auf der Bank Platz, Samuel Umtiti ist nach seinen Kniebeschwerden noch nicht ganz fit und Sergi Roberto saß das dritte Spiel seiner Sperre ab. Yerry Mina bekam im Endspurt eine weitere Chance, sich für die Innenverteidigung zu empfehlen.
Schnell war zu erkennen, dass Real Sociedad nicht als Sparringspartner ins Camp Nou gekommen ist. Willian José hatte gleich nach zwei Minuten die erste Chance per Kopf, die Marc-André Ter Stegen jedoch ohne Probleme vereiteln konnte. Fünf Minuten später versuchte es Adnan Januzaj, dessen Schuss abgefälscht wurde und so den ersten Corner für seine Mannschaft holte. Zwischendurch zeigte Ousmane Dembélé seine Künste am Ball und konnte sich gegen drei Gegenspieler behaupten. Eine Torchance sprang dabei aber nicht heraus. Nach zehn Minuten hatte auch Andrés Iniesta seinen ersten Auftritt, versuchte es mit Rechts, der Ball landete aber im Außennetz. Auffällig war, wie offen das Zentrum war und so gefährliche Aktionen entstehen konnten. Real Sociedad fand so viel Platz vor und spielte gut mit. Gerard Piqué fand sich dann völlig frei im Strafraum und konnte einen Corner nicht verwerten, der Ball rollte in die Hände des gegnerischen Torwarts. Nach 25 Minuten war es dann Ivan Rakitic, der eine perfekte Dembélé-Hereingabe ebenfalls nicht im Tor unterbringen konnte. Sein wuchtiger Kopfball ging neben das Tor. Nach einer halben Stunde konnten sich die Gäste schön in Barças Strafraum kombinieren, der Schuss von Willian José war aber ungefährlich. Man merkte, dass es in dieser Partie sportlich gesehen um nichts mehr ging, Unterhaltung wurde auf beiden Seiten dennoch geboten, wobei auch Härte mit im Spiel war. Ca. ab der 34. Minute begann Barça, den Gegner ein wenig einzuschnüren. Oft wurde Iniesta mit seinen Ideen gesucht, Jordi Alba wirbelte links, während Nelson Semedo auf der rechten Seite eine engagierte Leistung zeigte und viele Meter machte. Das Zusammenspiel mit Ousmane Dembélé funktionierte jedoch nicht immer, weil der junge Franzose oft nicht das Auge für seinen Rechtsverteidiger hatte. Dieser kam im Strafraum kurz darauf zu Fall, Elfmeter gab es aber zurecht nicht. Im Gegenzug vergab Willian José erneut für La Real. Den Schlusspunkt einer abwechslungsreichen ersten Halbzeit besorgte aber Raul Navas mit einem rüden Foul an Ousmane Dembélé. Ein klarer Platzverweis wurde nur zu einer gelben Karte. Bange Minuten auf dem Rasen, doch der 21-Jährige konnte aufstehen und mit seinem Team in die Kabine gehen.
Gute Möglichkeiten auf beiden Seiten, aber keine Tore. Real Sociedad versteckte sich keinesfalls und gab sofort Gas. Paar mal kamen die Basken auch zum Abschluss, wobei Ter Stegen nie ernsthaft eingreifen musste. Die freien Räume im Zentrum wurden oft genutzt und die eine oder andere Torchance wurde herausgespielt. Insgesamt lag das Übergewicht aber bei den Katalanen, Piqué und Rakitic fanden noch die größten Chancen vor. Luis Suárez setzte kaum gefährliche Akzente.
Zweite Halbzeit
Alle stellten sich die Frage: wie geht es Ousmane Dembélé? Die Antwort war: er konnte weiter spielen und wartete im Tunnel mit seinen Kollegen. Messi hingegen blieb noch draußen.
Dembélé wurde nach 53 Minuten schließlich ausgewechselt, für ihn kam Denis Suárez in die Partie. Nur vier Minuten später klingelte es im Tor der Basken. Der überaus bemühte und agile Philippe Coutinho konnte den Ball gut behaupten und ihn sich auf den rechten Fuß legen. Das der Mann einen starken Abschluss hat, wissen wir. Der Ball nahm eine unglaubliche Flugkurve und landete via Innenstange im Netz, ein wahres Traumtor. Mit diesem Spieler wird in der nächsten Saison auch aufgrund von Iniestas Abgang zu rechnen sein. Real Sociedad machte aber weiter und suchte den Ausgleich. Canales versuchte es nach 63 Minuten aus der zweiten Reihe. Nach 67 Minuten ging dann der Torschütze und für ihn kam er nun, La Pulga. Ganze 202 spielfreie Minuten hat der Argentinier hinter sich, nun wollte auch er sich von den Fans Richtung WM verabschieden. Und sofort war seine Präsenz auf dem Platz wieder mal zu erkennen. Er legte für Denis Suárez auf, der jedoch stümperhaft am langen Eck vorbeischoss. Knapp zehn Minuten später versuchte es Messi nach Zusammenspiel mit Luis Suárez selbst, sein Kopfball fiel aber zu ungefährlich aus. In weiterer Folge kamen auch die Gäste wieder mehr ins Spiel und konnten vor allem über die rechte Seite gefährlich werden, ein Schuss von Ilarramendi landete neben dem Tor.
Wir schreiben die 82. Minute. Eine Auswechslung wird vorgenommen, aber es ist keine gewöhnliche. Andrés Iniesta nimmt sich die Kapitänsschleife vom Arm und geht Richtung Lionel Messi. Es war klar: das sind seine letzten Momente als Barça-Spieler in einem Spiel. Das Camp Nou erhebt sich, sämtliche Mitspieler, auch Gegenspieler, umarmen den Altmeister. Paco Alcácer kommt für ihn. Eine rührende Szene für einen großartigen Menschen und absoluten Führungsspieler.
Paco fand auch wenige Minuten später eine gute Chance vor, sein Schuss ging aber klar über die Latte. Das Match plätscherte in den Schlussminuten dahin und so wurde es ein 1:0-Sieg für die Katalanen.
Fazit
Es war eine unspektakuläre Partie im Camp Nou, die zwar ihre Chancen geboten hat, aber viel Konsequenz war nicht zu erkennen. Ein würdiger Abschied für Andrés Iniesta ist mit dem 1:0 gelungen, die ganz große Spielfreude war angesichts der sportlichen Situation nicht vorhanden. Real Sociedad wollte ebenfalls noch mitspielen und hätte mit etwas mehr Präzision auch ein Tor erzielen können. Über die rechte Seite fanden die Basken immer Raum, um gefährlich zu werden. Barça hatte wie so oft mehr Ballbesitz und war insgesamt gesehen die bessere Mannschaft. Mit Coutinho und Nelson Semedo haben sich beim FC Barcelona zwei Spieler nochmal von der besten Seite gezeigt, wobei vor allem Letzterer sich durchaus für mehr Einsätze in der kommenden Spielzeit empfohlen hat. Ein Platz in der Startelf gegen Sevilla im Supercopa-Hinspiel dürfte ihm aufgrund von Sergi Robertos Sperre sicher sein. Ousmane Dembélé war engagiert, muss sich in Sachen Übersicht aber noch steigern. Ob er verliehen wird oder nicht, bleibt abzuwarten.
Seltsame Schlussfeier – Emotionale Iniesta-Rede
Im Anschluss verwandelte sich das Camp Nou in eine Disco. Ein bekannter DJ legte Musik auf, doch die wenigsten konnten mit dieser Show etwas anfangen. Lange mussten die Fans auf die geplante Meisterfeier warten, ehe die Spieler mit dem Trainerstab doch noch auf den Platz zurückkehrten. Der letzte war logischerweise der Kapitän himself, der eine kurze, aber emotionale Ansprache hielt. “Heute ist ein schwieriger Tag für mich. Es waren 22 wunderschöne Jahre und es war mir eine Ehre für diesen Klub zu spielen, für den besten Klub der Welt. Ich bedanke mich bei meinen tollen Mitspielern, ich werde euch alle vermissen. Ich bin als 12-jähriger Junge gekommen und gehe nun als erwachsener Mann. Danke auch an alle, die mich weiter in Barcelona sehen wollten, ihr werdet für immer in meinem Herzen sein.”
Worte, bei denen es schwierig war, trockene Augen zu haben. Ein Großer ist abgetreten, menschlich und sportlich ist spätestens gestern ein großes Loch beim FC Barcelona entstanden. Wer ersetzt diesen Mann? Laut Valverde ist dies nicht möglich. Aber eins steht fest: Andrés Iniesta wird für immer ein Blau-Roter sein, eine Legende, eine unglaubliche Persönlichkeit. Alles Gute Andrés!