Es dauert nicht mehr lange, Culés. Die unerträgliche Wartezeit bis zum Clásico hat bald ein Ende. Um euch das Warten ein bisschen angenehmer zu gestalten, haben wir uns dazu entschlossen, den kommenden Gegner einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und für euch zu beleuchten, auf was sich die Mannschaft von Luis Enrique einstellen kann.
Wenn um Punkt 18:00 Uhr die Pfeife von Schiedsrichter Gil Manzano ertönt, dann werden alle Aspekte des Lebens zur Nebensache. 22 Männer sowie ein rundes Spielgerät erlangen die Aufmerksamkeit von knapp 400 Millionen Menschen. Die Rede ist selbstverständlich vom spanischen Gipfeltreffen zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona im Santiago Bernabéu, dem ‘El Clásico’. Doch wie tickt die Mannschaft rund um Carlo Ancelotti eigentlich und welche dieser beiden Mannschaften besitzt im Vorfeld die besseren Karten, um als Sieger vom Platz zu ziehen? Zur Beantwortung dieser Frage haben wir uns das letzte Champions-League-Spiel der Madrilenen gegen den FC Liverpool genauer angesehen. Obwohl sich Real mit einem lockeren 3-0-Auswärtssieg für dieses Duell warm schoss, offenbarte das ‘Weiße Ballett’ einige Mängel und Schwachpunkte in ihrem Tänzchen mit dem Konkurrenten.
Pressing auf die rechte Seite
Ancelotti hält auch in dieser Saison an seiner 4-3-3-Ausrichtung fest, allerdings mit leichten Adaptionen aufgrund der Abgänge von Xabi Alonso und Ángel di María beziehungsweise der Zugänge durch Toni Kroos und James Rodríguez. Jedoch sah sich Ancelotti nach dem kurzzeitigen Ausfall vom walisischen 91 Millionen-Mann Gareth Bale zu Systemänderungen gezwungen. Doch zunächst einmal die Aufstellung der Weißen gegen Liverpool:
Real Madrid: Casillas – Arbeloa, Varane, Pepe, Marcelo – James, Modric, Kroos, Isco – Benzema, Ronaldo
Interessant in dieser Partie waren die personellen Zuordnungen Ancelottis betreffend die Manndeckungen, allen voran in der Offensive. Grundsätzlich sollte es Benzema sein, der sich um Liverpools Sechser Steven Gerrard kümmert. Der Stürmer positionierte sich dabei etwas rechts von Gerrard aus gesehen und blockierte für den defensiven Mittelfeldspieler somit jegliche Passwege auf die rechte Abwehrseite. Diesen Effekt verstärke auch noch Superstar Cristiano Ronaldo, der leicht ins Zentrum schob und somit jeden Pass nach rechts zum Risikofall machte. Madrid hatte demnach vor, den Liverpooler Spielaufbau auf die linke Seite zu verlagern und dort für Überzahl zu sorgen. Schafften es die Madrilenen, den Ball auf die linke Seite zu bringen, dann schob Benzema auf den Linksverteidiger und Ronaldo orientierte sich in das Zentrum, um Gerrard von Benzema zu übernehmen. Isco zog dann leicht nach vorne auf den linken Flügel, um diesen Bereich des Feldes nicht vollkommen verwaist zu lassen. Belegen tut dies auch die Statistik: ganze 43 Prozent der Liverpooler Angriffe erfolgte über die rechte Seite, auf der linken Seite waren es nur 28 Prozent (Quelle:whoscored.com). Hier das ganze noch einmal grafisch dargestellt:
Bale fällt aus – Mittelfelddominanz soll’s richten
Mit Gareth Bale hatte Carlo Ancelotti einen besonders prominenten Ausfall zu beklagen. Der Waliser zog sich eine Oberschenkelblessur zu und wird für den Clásico definitiv passen müssen.
Ancelotti entschied sich deswegen sein System ein bisschen zu verändern. Mit Isco wurde ein weiterer Mittelfeldspieler in die Startelf befördert und eine neue defensive Grundausrichtung gewählt. Die Madrilenen positionierten sich gegen Liverpool in einem 4-4-2, wenn sie in die eigene Spielfeldhälfte gedrängt wurden. Hier offenbarte sich allerdings eine große Schwäche Reals. Das ‘Weiße Ballett’ neigt zu großer Passivität im eigenen Spielfelddrittel und läuft die entstandenen Lücken beim Verschieben des Öfteren nicht richtig zu. Zudem laden die vertikalen Abstände zwischen den beiden Viererketten häufig zu Pässen in den Zwischenlinienraum ein, womit sich leicht ein Kombinationsspiel aufziehen ließe. Liverpool verabsäumte es, mehr Spieler in den Zwischenlinienraum zu positionieren und suchte durch Schnittstellenpässe in den Lücken ihr Glück. Selten aber schaffte es ein Spieler, an den hervorragend aufgelegten Innenverteidigern Varane und Pepe vorbeizuziehen.
Cristiano Ronaldo trifft und trifft…und trifft
Cristiano Ronaldo gilt als einer der besten Stürmer auf diesem Planten. In dieser Saison allerdings erlangt die Torquote des Portugiesen Ausmaße, die selbst für Regionalspieler eine Herausforderung darstellen. Dabei beschränkten sich Ronaldos Aktionsradien im Spiel gegen Liverpool auf zwei Spielfeldbereiche, namentlich den linken Flügel sowie das Zentrum.
Weicht der Portugiese auf den linken Flügel aus, so ist es Marcelo, der sich im linken Halbraum positioniert. Isco sichert derweil für den Brasilianer ab. Somit bietet sich der Brasilianer als Anspielstation an, um gegebenenfalls auf den Flügel rausspielen zu können, wo der 30-jährige Ronaldo seine Schnelligkeit gegen seinen Gegenspieler ausnutzen kann. Positionierte sich Ronaldo allerdings im Zentrum, so fällt die Ausrichtung der Mannschaft etwas anders aus. Marcelo gibt dem Spiel auf den linken Flügel die Breite und Isco kann sich zentral an der Ballzirkulation beteiligen. Auf dem rechten Flügel ist es dann James Rodríguez, der den rechten Flügelspieler gibt. Vor Ronaldo bindet Benzema die Innenverteidigung an sich und sorgt somit für mehr Freiheiten im Spiel des Portugiesen. Allerdings gab es auch in diesem Fall Ausnahmen. Des Öfteren war zu beobachten, wie Ronaldo und auch Benzema weit in das Halbfeld einzogen und den Bereich um die Innenverteidigung verwaist ließen.
Lucho, Angriff ist die beste Verteidigung!
Doch was bedeutet das alles nun für den FC Barcelona? Nun, für die Blaugrana könnte das Motto ‘Angriff ist die beste Verteidigung’ besonders in diesem Spiel in gleich zweierlei Hinsicht zum Sieg führen. Zum einen wäre da die enorme Konterstärke der Madrilenen zu erwähnen. Dabei laufen diese Konter des Öfteren im gleichen Schema ab. Benzema lässt sich fallen und zieht somit einen Gegenspieler mit sich. Mit dem ersten oder zweiten Kontakt spielt der Franzose dann auf die Außen, wo zumeist Cristiano Ronaldo auf ihn wartet. Doch mit einem guten Pressing könnten die Madrilenen nicht einmal in den Genuss von so viel Raum in der katalanischen Spielfeldhälfte kommen.
Zum anderen gilt es für Luis Enrique, die wahrscheinlich größte Schwäche der Weißen gnadenlos auszunutzen – die Undiszipliniertheiten im Defensivverhalten. Schon im Spiel gegen Liverpool konnten wir ein falsches Herausrücken von Spielern des Mittelfeldbundes beziehungsweise der Verteidigung beobachten, womit sich hinter diesen Spielern ein großer Raum öffnete. Wenn es die Mannen von Luis Enrique schaffen, stetig Druck auf den Gegner auszuüben und die Madrider-Spieler zu häufigem Herausrücken zu zwingen, dann erhöht man die Wahrscheinlichkeit für Fehler in der gegnerischen Hintermannschaft. Ein essenzieller Faktor hierfür könnte Lionel Messi werden. Der Argentinier avancierte in dieser Saison zum Torvorbereiter und könnte mit schnellen Zuspielen auf Neymar beziehungsweise dem erstmals einsatzfähigen Luis Suárez diese Räume bespielen. Schaffen es die Katalanen, diese Punkte gut umzusetzen, dann könnte am Ende eine weitere glorreiche Nacht im Fandasein vieler Culés zu Buche stehen.