Am Samstagabend steigt im Santiago Bernabéu der Fußballklassiker schlechthin! Real Madrid und der FC Barcelona duellieren sich in der spanischen Liga um drei besonders wichtige Punkte. Es geht ums Prestige, um Ehre und die Demonstration von Macht. Den Ausgang der Partie können wir leider nicht voraussagen, alles Weitere findet ihr aber wie gewohnt in unserer Vorschau.
Das erste Clásico der Saison steht unmittelbar bevor. Am Samstag um 18:00 Uhr geht eines der größten Fußballereignisse der Welt über die Bühne, wenn Real Madrid vor heimischer Kulisse dem FC Barcelona den Kampf ansagt. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften in der neuen Saison wird mit besonderer Spannung erwartet. In beiden Lagern hat sich in der Sommerpause einiges getan, was sich mit Gewissheit auf dem Platz auswirken wird. Bei den Blancos haben mit Ángel di María und Xabi Alsonso zwei Protagonisten der Vergangenheit den Verein verlassen. WM-Star James Rodríguez und Toni Kroos sollen die entstandene Lücke nach Möglichkeit überkompensieren. Aufseiten der Katalanen waren die Veränderungen noch drastischer. Neben Leistungsträgern wie Cesc Fàbregas und Alexis Sánchez hatte auch Tata Martino keine Perspektive mehr im Verein. Luis Enrique soll die Mannschaft mit frischen Akteuren wieder zurück auf die Siegerstraße führen. Womit auch der Übergang zur größten Veränderung hergestellt ist: Das blaurote Feuer scheint endlich wieder entzündet! Doch bevor wir uns dieser höchst erfreulichen Nachricht hingeben, werfen wir einen Blick auf die voraussichtliche Aufstellung des Trainers.
Die Aufstellung: Wohin mit Mascherano?
Leider, so muss man sagen, leider können am Spiel einer Mannschaft nur 11 Akteure teilnehmen. Nach den Eindrücken der letzten Wochen haben sich zumindest 12 Spieler eine Teilnahme am samstägigen Geschehen verdient, darunter ein Spieler, der Positionen für sich beansprucht, die vermutlich schon für andere Spieler vorgesehen sind. Gemeint ist natürlich Javier Mascherano. Das argentinische Zweikampfwunder konnte im Verlauf der Saison etwas unerwartet in der Innenverteidigung von sich Reden machen. Weitgehend Einigkeit zwischen den Culés aber herrscht insoweit, als ein Einsatz in der Abwehr für den 30-Jährigen nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Mit seinen 1,74 m habe Mascherano in der Luft gegen die Kopfballungeheuer aus Madrid klar das Nachsehen und solle deshalb bei der Entscheidung über das Innenverteidiger-Päarchen außen vor bleiben, ungeachtet seiner zweifellos vorhandenen Qualitäten im direkten Zweikampf. Ob Luis Enrique sich dieser Meinung anschließt, bleibt abzuwarten. Zumindest hatte der Trainer bisher keine Scheu, Mascherano in der Innenverteidigung aufzubieten.
Auch auf der Sechserposition, als Stellvertreter von Sergio Busquets, konnte der Mann aus San Lorenzo durchaus überzeugen, zuletzt in der Champions League gegen Ajax Amsterdam. Es ist allerdings schlechthin ausgeschlossen, dass Busquets auf einmal auf der Bank Platz nehmen muss. Wohin also mit Mascherano? Auf Barçawelt haben wir eine Umfrage gestartet, um herauszufinden, wie unsere Mitglieder darüber denken. Wir haben sie gefragt, wie sie der Idee einer sogenannten ‘Doppelsechs’ bestehend aus Mascherano und Sergio Busquets gegenüberstehen. Bei 349 abgegebenen Stimmen liegen die Befürworter und die Gegner einer solchen Lösung fast gleichauf. Das sollte nicht verwundern, es bestehen zahlreiche Argumente dafür und dagegen, jeder wird sich bei der Abstimmung seinen eigenen Teil gedacht haben. Wer sich hierfür interessiert, dem empfehlen wir einen Blick in unser Forum.
Trotz der großen Unwägbarkeiten möchten wir uns an einer Aufstellung versuchen. Ausgangspunkt unser Überlegungen ist Ivan Rakitić, der bei Luis Enrique durchaus ein gewisses Ansehen genießt. Ein Tausch im Mittelfeld zwischen ihm und Mascherano ist daher ziemlich unwahrscheinlich. Auch in der Innenverteidigung muss der Argentinier seinen Kameraden aufgrund weiter oben genannter Defizite wohl den Vortritt lassen, womit ihm nur die Bank bliebe – eine unbefriedigende Situation für den Spieler, die der ausgesprochenen Kopfballstärke des Gegners geschuldet ist. Unsere Aufstellung sieht demnach folgendermaßen aus:
Bravo – Alba, Mathieu, Piqué, Alves – Iniesta, Busquets, Rakitić – Neymar, Suárez, Messi
‘El Pistolero’ scharf auf seinen ersten Einsatz für Barça
Einen neuen Spieler im Aufgebot haben wir soeben elegant übergangen. Luis Alberto Suárez Diaz gibt im El Clásico aller Voraussicht nach sein Pflichtspieldebüt im Dress des FC Barcelona. Ob er tatsächlich, wie von uns vermutet, von Anfang an ran darf, steht in den Sternen. Luis Enrique hat sich in der Pressekonferenz diesbezüglich bedeckt gehalten, konnte aber immerhin verraten, dass der Stürmer gegen Real Madrid zum Einsatz kommt.
Es bestehen gute Gründe, ‘El Pistolero’ von der ersten Minute an das Vertrauen zu schenken. 31 Tore in der letzten Saison für den FC Liverpool sprechen eine klare Sprache zugunsten des Angreifers mit dem gewissen Biss. Hinzu kamen 12 wertvolle Assists für seine Mannschaft, was seine Scorerpunkte auf die beeindruckende Zahl von 43 anhob. In 14 Partien kürte man ihn zum Spieler des Spiels – mehr muss man wohl nicht sagen, einfach nur beeindruckend! In einem gesonderten Artikel zu Beginn der Saison haben wir die taktischen und individuellen Qualitäten des Spielers herausgearbeitet. Es steht außer Zweifel: Wir haben es hier mit einem Stürmer von Weltklasse-Format zu tun. Zwar fehlt ihm derzeit ein wenig die Wettkampfpraxis, doch an seiner Klasse dürfte für Enrique kein Weg vorbeiführen.
Dies umso mehr, als Munir und Sandro bei einem Gegner dieses Kalibers wohl Schwierigkeiten bekommen würden. Es bedarf einer großen Routine, um sich von der Aggressivität der direkten Gegenspieler nicht einschüchtern zu lassen. Dauerbrenner Pedro besitzt dieses Attribut und hat gegen Ajax Amsterdam wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben, doch das Glück ist derzeit einfach nicht an seiner Seite. Gegen Madrid braucht es vor allem einen kalten Vollstrecker, der aus zwei sich bietenden Gelegenheiten drei Tore macht. Luis Suárez ist ein solcher Spielertyp. Und in den wenigen Interviews vor dem Clásico konnte man als Fan förmlich spüren, dass seine Revolver geladen sind. Dass die Fans dem Einsatz des Uruguayers entgegenfiebern, ist vor diesem Hintergrund nur allzu nachvollziehbar.
Das blaurote Feuer brennt wieder!
Luis Suárez allein hätte Barça in den letzten Spielzeiten wohl kaum retten können. Die jüngere Clásico-Vergangenheit war für die Katalanen nämlich nur wenig rühmlich und offenbarte über die Sturmposition hinausgehende Missstände. In der letzten Saison gelang den Katalanen in La Liga im Hin- sowie im Rückspiel ein knapper Sieg, bevor der ewige Rivale der Blaugrana im Copa-Finale den nächsten Tiefschlag verpasste. Der letzte souveräne, über jeden Zweifel erhabene Auftritt der Mannschaft gegen einen großen Gegner liegt schon eine Weile zurück, was letztlich den Spielern und der Personalpolitik geschuldet war, im Rahmen derer notwendige personelle Veränderungen auf die lange Bank geschoben worden waren. Der langdauernde Abwärtstrend scheint jetzt aber endlich durchbrochen. Das Spiel der Mannschaft ist allerdings noch nicht aus einem Guss; Luis Enrique muss also nicht befürchten, demnächst arbeitslos zu werden. Unverkennbar ist jedoch, dass wir es hier mit einem anderen Kollektiv zu tun haben, wenn man die letzten Jahre als Vergleichsmaßstab nimmt. Trainer und Spieler haben hohe Ambitionen, die sich nicht nur bei Pressenkonferenzen, vielmehr auch auf dem Platz bemerkbar machen. Das Feuer in der Mannschaft ist endlich wieder entflammt.
Erste Halbzeit gegen Ajax Amsterdam: Lionel Messi bewegt sich in hohem Tempo über den Platz – jedoch nicht wie gewohnt in Richtung des gegnerischen Tores. Ziel seiner Begierde der Ball, geführt vom sichtlich eingeschüchterten Gegner. Die Zuschauer glauben ihren Augen kaum, wann hat sich Messi in den letzten Jahren in diesem Umfang am Pressing beteiligt? Sein Einsatz, die Körpersprache, jede Muskelfaser seiner voluminösen Oberschenkel wurde in dieser Saison neu programmiert. Seine neue Identität als Fußballer steht sinnbildlich für eine veränderte Selbstwahrnehmung der Mannschaft als komplexes organisches Konstrukt. Endlich, so scheint es, hat die Mannschaft die glorreiche Vergangenheit hinter sich gelassen und wagt den Ausbruch aus der damit einhergehenden mentalen Umklammerung. Lange hat es gedauert, jetzt werden die Karten neu gemischt. In Madrid wartet eine erste Feuertaufe, und so wie sich das Team bisher präsentiert hat, muss es sich auch gegen diesen starken Gegner nicht verstecken. Visca el Barça!