War das schon die Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft? Dem FC Barcelona gelingt nach einer müden Vorstellung bei Villarreal nur ein tor- und trostloses Remis. Der Rückstand auf Spitzenreiter Madrid beträgt nun schon sieben Punkte.
Die Madrilenen pflügen durch die Liga wie eine hochgezüchtete Hightech-Maschine und der FC Barcelona kann es ihnen nicht gleichtun. Das Spiel gegen Villarreal war ein herber Schlag für die Katalanen, die noch vor wenigen Wochen in Interviews ihre neu entfachte Kampfeslust in Bezug auf die Meisterschaft kundgetan haben. Doch gestern präsentierte sich der FC Barcelona in der Ferne handzahm wie gewohnt. Es fehlte die notwendige körperliche und geistige Frische, um den Abwärtstrend zu durchbrechen. Guardiola muss sich den Vorwurf gefallen lassen, eine unausgeruhte und überstrapazierte Startelf für die Unternehmung Aufholjagd ausgewählt zu haben.
Schwächen im Abschluss
Zu Beginn machten die Katalanen allerdings nicht unbedingt den Eindruck, als wäre ein Erfolg gegen Villarreal an diesem Abend unmöglich, wenngleich sie zu keiner Zeit ihr bewährtes erfolgsgebundenes Kurzpassspiel aufziehen konnten. Wenige Minuten nach Anpfiff setzte sich Adriano auf links durch, flankte den Ball präzise auf Messi, der ihn auf Alves auflegte. Überrascht darüber, nicht im Abseits zu stehen, verkümmerte Alves’ Schussversuch völlig freistehend vor dem Tor zu einem wohlwollenden Rückpass, den der gegnerische Torwart dankend entgegennahm. Hier war wesentlich mehr drin gewesen. Der nächste Versuch, ein Tor zu erzielen, ließ ziemlich lange auf sich warten, was aber angesichts der Qualität der sich sodann eröffnenden Möglichkeit durchaus zu verkraften war. Dani Alves spielte einen klasse Diagonalpass zu Lionel Messi, der nicht im Abseits stand und sich nur noch dem Torwart gegenübersah. Mit einem feinen Lupfer reagierte er auf den herausstürmenden Torwart, dessen übergroße Präsenz einen Torerfolg jedoch zu verhindern wusste. Der Ball flog knapp rechten Pfosten vorbei. Vielleicht wäre in dieser Situation vor dem Hintergrund des Ausgangs der Begegnung ein herkömmlicher Ansatz beim Erzielen des Tores vernünftiger und zweckdienlicher gewesen.
Valdez hält Barca mit einer Glanztat im Spiel
Ein wenig Glück hatte Barca in der Schlussviertelstunde der ersten Halbzeit. Nach einem Freistoß von Villarreal kam Valdez aus dem Tor heraus, konnte jedoch die Gefahrenlage aufgrund einer zu optimistischen Sichtweise nicht abschließend klären. Erst Mascherano köpfte den Ball vor der Torlinie aus dem Strafraum heraus und beseitigte diese brenzlige Situation. Gefahr im Verzug gab es auch bei den darauffolgenden Angriffsbemühungen der Gastgeber. Während der Schuss von Ruben noch relativ harmlos war, musste Valdez gegen Senna seine ganze Klasse darbieten, um seine Mannschaft vor einem Rückstand zu bewahren. Aufregung gab es in der 36. Spielminute, als der Ball sich nach einer Ecke und einem Kopfball plötzlich im Rücken von Victor Valdez wiederfand. Doch der Schiedsrichter hat vollkommen zu Recht auf Abseits entschieden. So gut diese Möglichkeiten für Villarreal auch waren, am aussichtsreichsten war aber ein Angriff der Blaugrana, der kurz vor der Ruhepause seinen Lauf nahm. Messi setzt zum Dribbling an, lässt seine Gegenspieler stehen und spielt im Anschluss daran einen Weltklasse-Pass auf Fabregas, der den Ball jedoch nicht unter Kontrolle bringen kann und so die beste Chance zur Führung für den FC Barcelona hergibt.
Spielqualität auf dem Tiefpunkt
Wer dachte, dass es nach dieser mäßigen ersten Hälfte nur besser werden kann, sah sich getäuscht. Im Vergleich zum zweiten Durchgang waren die ersten 45 Spielminuten noch ein spielerisches Schmankerl auf Champions League Niveau. Erschreckend ereignisarm präsentierte sich das Spiel nach dem Seitenwechsel. Überwiegend neutralisierten sich die Mannschaften gegenseitig, wobei das dem FC Barcelona noch besser gelang als dem Gegner, der im weiteren Spielverlauf noch ein bis zwei knifflige Szenen auszustehen hatte. Kurz nach Wiederanpfiff aber forderten die Spieler von Villarreal Elfmeter, nachdem ein Spieler von Busquets relativ hart angegangen worden war. Doch der Einsatz des katalanischen Mittelfeldstrategen hielt sich noch im Rahmen und war nicht elfmeterwürdig. In der 63. Spielminute setzte sich der bis dahin auffälligste und aktivste Spieler der Blaugrana, namentlich Adriano, auf links durch, doch sein Schuss flog über das Tor hinweg. Erst in den letzen zehn Minuten des Spiels nahm dasselbe wieder an Fahrt zu. Der für Adriano eingewechselte junge Hoffnungsträger Tello setzte sich auf links gegen seine Kontrahenten durch, drang bis auf die Grundlinie vor und passte den Ball in die Strafraummitte auf Fabregas, dessen Schuss vom Torwart an die Latte abgelenkt worden ist – Wahnsinn. Doch das sollte nicht das letzte herzzerreißende Ereignis für sowohl die Fans aus dem einen wie aus dem anderen Lage gewesen sein. In der 87. Spielminute dribbelt sich Messi durch den Strafraum und zieht ab, doch der Schlussmann hält und lenkt den Ball vor die Füße von Fabregas, der ihn wiederum nicht im Tor unterbringen kann. Er gerät in Rücklage und sein Schuss verfehlt das leere Tor um zehn Meter, was den Schlusspunkt einer trüben Partie bildete.
Guardiola mit falschen Entscheidungen
So langsam aber sicher verlieren die Katalanen die Meisterschaft aus dem Blickfeld, und es muss sehr schnell etwas passieren, wenn man sich zumindest die Chance auf den Titel erhalten will. Gestern allerdings musste man konstatieren, dass die Mannschaft am körperlichen und mentalen Anschlag war und nicht die Kräfte aufbringen konnte, um das Spiel siegreich zu gestalten. Natürlich waren die Möglichkeiten vorhanden, aber was fehlte waren die Mittel um nachzulegen, wenn der Ball nicht sofort seinen Weg ins Tor fand, weil das Glück diesmal Partei mit Villarreal ergriff. Die vielen verletzungsbedingten Ausfälle machen sich immer deutlicher bemerkbar und es fällt schwer, der Mannschaft neue Reize in Gestalt frischer und angriffslustiger Spieler zu geben. Pep Guardiola ist aber verpflichtet, das bestmögliche aus diesem Dilemma herauszuholen und darf sich mitnichten ausschließlich darauf berufen, dass er keine Optionen habe. Denn mit Cuenca und Tello standen dem Trainer Spieler zur Verfügung, die bisher jedes Spiel mit einer frühlingshaften Frische zu beleben wussten. Umso erstaunlicher ist deshalb, dass ersterer überhaupt nicht und letzterer erst mit großer Verspätung zu seinem Einsatz kam, Guardiola mithin zunächst auf reinrassige Stürmer verzichtete. Die Mannschaft wurde minütlich schwächer und die Ausdauer, große Wegstrecken zurückzulegen, wich zunehmend einer großen Erschöpfung. Insbesondere Fabregas spielte unterirdisch und trotzdem hielt Guardiola bis zum Ende an ihm fest, statt Cuenca neben Tello zu stellen und so neue Impulse in die Mannschaft einzubringen. Auch wenn es diese Überlegung hypothetisch ist, kann man sicher davon ausgehen, dass mit den Flügelspielern Cuenca und Tello das Spiel einen anderen Verlauf genommen hätten. Visca el Barca!
Raphael L.