Selten wurde der Einlauf der rivalisierenden Mannschaften derart musikalisch geschmückt wie in dieser Partie. Minutenlang mussten sich die Akteure im Kabinengang gedulden und wohltuenden Klängen horchen
. Dies zauberte sogar Messi und Abidal ein Lächeln ins Gesicht und versetzte alle in frohe Erwartung auf ein tolles Fußballspektakel. Was sodann folgte, war eine Gräueltat auf die Seelen aller Liebhaber des FC Barcelona, die sich wohl nur langsam von der Darbietung ihrer Mannschaft erholen werden. Zu groß sind die Wunden und zu groß der Schmerz, die durch den uninspirierten, unmotivierten, mut- und leidenschaftslosen Auftritt des FC Barcelona
hervorgerufen worden sind, um die Charakteristika des katalanischen Spiels in einem kurzen, aber überaus schmerzhaften Atemzug zu nennen. Die Spieler waren sich ihrer Schuld bewusst und verzichteten nach Schlusspfiff in Anbetracht der Ernsthaftigkeit der Lage auf Mienenspiele, die von Heiterkeit zeugen. Die Sieger waren von den Verlierern nicht zu unterscheiden und die ausgelassene Stimmung unmittelbar im Vorfeld der Begegnung wurde von niedergeschlagenen Gemütern verdrängt.
Wenig Glaube an sich selbst
Vieles lässt sich nicht zum Spielverlauf sagen, der so arm war an spielerischen Höhepunkten wie die Banken an finanziellen Mitteln. Das Highlight des Tages bildete ein Freistoß von Xavi aus halblinker Position, der den Ball in einem wunderschönen Bogen um die Mauer zirkelte und unhaltbar im Tor versenkte. Bis zu diesem Tor aus einer Standardsituation heraus sind 34 Minuten vergangen, was auch Ausdruck dessen ist, wie eindimensional und einfältig das Spiel des FC Barcelona war. Lediglich Messi versuchte es in Halbzeit eins einmal aus halblinker Position im Strafraum, scheiterte jedoch kläglich. In Halbzeit zwei offenbarte sich ein ähnliches Bild, Torchancen blieben Mangelware. Zwei schwere Aussetzer in der Hintermannschaft von Granada eröffneten den Spielern des FC Barcelona den erforderlichen Raum, die Entscheidung herbeizuführen. Es ist allerdings bezeichnend, dass auch diese Hochkaräter ungenutzt geblieben sind. Zum einen wurde der Lupfer von Messi über den Torwart hinweg noch von der Linie gekratzt, und kurz vor Schluss wurde ein höherer Sieg durch einen ungenauen Ball von Villa auf Messi vereitelt. Mehr gibt es aus Sicht des FC Barcelona zu den Ereignissen auf dem Spielfeld nicht zu sagen. Man hatte letztlich sogar Glück, drei Punkte aus Valencia mitzunehmen. Ein Spieler von Granada wurde zu Unrecht wegen eines Abseitsverstoßes zurückgepfiffen, nachdem er sich mühelos aus dem Gewahrsam seiner Gegenspieler gelöst hatte und zielstrebig Richtung Valdez gelaufen ist.
Eine feste Startformation als Ausweg
Es verbleibt die Frage nach den Gründen für die bescheidene Vorstellung am gestrigen Abend. Hier sind nicht nur ein, sondern mehrere Aspekte hervorzuheben. Zum einen ist zu würdigen, dass die Spieler in einer Woche drei Pflichtspiele absolvieren mussten. Dies stellt nicht nur enorme Anforderungen an die physische Belastbarkeit, sondern zehrt auch an der mentalen Stärke der Spieler. Solch eine Akkordarbeit geht oft einher mit schwer überbrückbaren Motivationsproblemen, die in einem nur im Ansatz abgerufenen Leistungspotenzial münden. Ein weiterer Punkt zur Erklärung der gestrigen Erscheinungen ist geknüpft an die Personalie Messi. An seiner Körpersprache kann man ablesen, dass er ein wenig neben der Spur ist. Seine Bewegungen sind langsam, seine Pässe kommen nicht an und seine Dribblings resultieren in ungewohnten Ballverlusten. Insgesamt sind seine Handlungen auf dem Platz seit dem Spiel gegen Sevilla sehr durchschaubar, sodass es den Gegenspielern leicht fällt, seine Vorhaben zu antizipieren. Messi aber ist von herausragender Bedeutung für das Spiel des FC Barcelona. Er bildet die Speerspitze der Katalanen, die jede Verteidigung knackt und Räume schafft, wo vorher keine waren. Wenn Messi nicht spielt oder nicht in Form ist, hat der FC Barcelona ein ernsthaftes, nicht zu lösendes Problem. Seine Formschwäche ist ebenfalls durch die hohe Belastung bedingt. Möglicherweise hat aber auch das Spiel gegen Sevilla, in welchem Messi den spielentscheidenden Elfmeter verschossen hat, zur Formulierung von krampfhaften Zielen durch ihn selbst geführt, denen er gerecht werden wollte. Jedenfalls konnte man bei ihm eine gesteigerte Laufbereitschaft wahrnehmen, was man auch daran ablesen mochte, dass er den gegnerischen Torhüter relativ oft attackierte. Schließlich sei noch der Umstand nicht unerwähnt gelassen, dass Guardiola die Startformation relativ oft einer Veränderung unterzieht. Es mag stimmen, dass jeder Spieler das System der Mannschaft im Schlaf beherrscht. Was bei der Rotation aber vollständig vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass ein erfolgreiches Spiel auch eine Feinabstimmung verlangt. Durch die zum Teil erheblichen Rotationen kommen die Spieler nicht dazu, auf Nuancen im Handeln der Mitspieler einzugehen, was ein wichtiger Erfolgsfaktor in der vergangenen Saison war. Natürlich kennen sich die Spieler schon lange und haben schon unter Beweis gestellt, wie hervorragend sie harmonieren können. Trotzdem müssen sich die Spieler immer wieder neu finden. Die Spieler entwickeln sich, ändern ihre Spielweise, werden schneller oder langsamer, technisch stärker oder schwächer, stehen mal einen halben Meter weiter vorne, mal einen Meter weiter rechts. Guardiola muss sich auf eine Startformation festlegen. Spielzeit erhalten auch die Spieler aus der zweiten Garde reichlich. Auch die Formationsrotation ist nicht förderlich für die Teamfindung. Abschließend sei gesagt, dass die Spiele gegen Sevilla und Granada nicht überbewertet werden dürfen. Aber sie haben gewisse Defizite offenbart, die irgendwo ihren Ursprung haben müssen. Als Ausrede kann nicht die außerordentlich defensive Ausrichtung der beiden Teams zählen. Der FC Barcelona spielt ausschließlich gegen stark defensive Teams und hatte in der Vergangenheit wenig Mühe, hohe Siege einzufahren. Mögliche Erklärungen sind aber die starke Erschöpfung der Spieler und die ständigen Rotationen. Es bleibt nur zu hoffen, dass der kleine Negativtrend am nächsten Wochenende durchbrochen wird. Visca el Barça!