Nach dem sehnlichen 1:0-Sieg des FC Barcelona gegen Athletic Bilbao ging es anschließend für die Mannschaft von Luis Enrique gegen die defensiv-starken Andalusier aus Málaga um die nächsten drei Punkte im Ligakampf. Mit zuletzt zwei Nullnummern gegen die Weiß-Blauen sprach die Vergangenheit nicht unbedingt zugunsten der Blaugrana und auch im gestrigen Spiel sollte es alles andere als ein Selbstgänger werden. Hier unsere taktischen Beobachtungen zu dem zähen Sieg im Camp Nou.
In den letzten beiden Partien der beiden Mannschaften sorgten die Andalusier mit zwei Nullnummern für Furore in Spaniens Sportgazetten – Nullnummern aufseiten des FC Barcelona, denen jeweils kein Tor gelang. Málaga dagegen konnte ein Unentschieden sowie einen Sieg gegen den späteren Triple-Sieger herausholen. Dass Teamchef Javi Gracía auch in diesem Duell von seiner bisherigen Strategie nicht abweichen würde, war insofern zu erwarten und bewahrheitete sich auch in der Partie.
Málagas unbespielbare Kompaktheit und passive Strategieausrichtung
Málaga stellte auch gegen den FC Barcelona Torhüter Kameni in den Kasten, der schon in den vergangenen Duellen den Katalanen das Leben schwer gemacht hatte. Vor ihm agierte die Viererkette bestehend aus Torres, Welington, Angeleri sowie Rosales. Die Doppelsechs wurde von Tissone und Recio besetzt, während auf den Flügeln auf links Carlos sowie auf rechts Horta spielten. In der offensiven Zentrale sollte Cop Verbindungen zwischen Mittelfeld und Angriff herstellen, während ganz vorne Amrabat als ausweichender und ballschleppender Angreifer aufgestellt wurde.
Man wird sich auch hier sicherlich fragen, weshalb der FC Málaga für den FC Barcelona ein derartig schwer zu bespielender Gegner ist. Das liegt grundsätzlich an zwei elementaren Aspekten des andalusischen Spieles: Zum einen wäre hier Málagas 4-4-2 zu erwähnen, das von der Mannschaft äußerst abwartend und passiv ausgeführt wurde und zumindest in den ersten 60-65 Minuten fast gänzlich optimale Horizontal- und Vertikalabstände aufwies.
Ein weiteres strategie-bezogenes Kriterium dieses Blocks sind die kaum vorhandenen Mannorientierungen der Málaga-Akteure. Selbst wenn Málaga auf die Außen verschob, wollten sie partout nicht von der 4-4-Struktur abweichen. Die einzig nennenswerten Bewegungen waren die losen Herauskippbewegungen der Flügelstürmer auf die katalanischen Flügelstürmer, um halbwegs Zugriff zu erhalten; die Außenverteidiger oder die Sechser verließen die Struktur für eine eventuelle Isolation des Gegners auf dem Flügel kaum. Vielfach ließ man sich zudem bei katalanischen Übergängen auf die Flügel bewusst weiter nach hinten bis in den Strafraum fallen, um mit dem gesamten Block stets vor dem Ball zu sein und in allen Angriffsphasen der Katalanen eine Grundkompaktheit zu erhalten. Dadurch versperrten sich den Katalanen zentrale Passoptionen in den Strafraum fast zur Gänze und hohe Bälle beziehungsweise Diagonalbälle in den Strafraum konnten entweder geklärt oder von Kameni abgefangen werden.
Bei höherem Pressing wiederum agierte man in einer 4-2-3-1/4-4-1-1-ähnlichen Ausrichtung. Amrabat versuchte die Bälle auf eine Seite zu leiten, wo der Flügelstürmer die linearen Passwege über die Flügel zusperrte, während Cop dahinter die naheliegende Anspielstation bewachte. Aufgrund der häufig passiven Außenverteidiger und der seltenen Bewegungen der Doppelsechs nach vorne war man hier allerdings kaum kompakt, insbesondere was die horizontalen Abstände anbetrifft.
Zu Málagas Angriff gibt es relativ wenig zu berichten. Man griff häufig auf lange Bälle in den fokussierten rechten Halbraum zurück, um dort mit Kopfballablagen schnell hinter die katalanische Abwehr zu gelangen. Insbesondere der häufig auf die Flügel ausweichende Amrabat tat sich hier hervor und konnte Cop ein paar Male gut in Szene setzen. In den kurzen eigenen Ballbesitzphasen konnte man selten Räume öffnen und hielt die 4-2-3-1-Ausrichtung aufrecht, bei lediglich die Flügelstürmer Angriffsbemühungen zeigten und die Außenverteidiger absichernd hinten blieben.
Barcelona ‘beflügelt’, aber ohne Durchbruch
Zwei Mal schon konnte Luis Enrique die Andalusier nicht schlagen; in diesem Duell versuchte er es deswegen mit ein paar taktischen Handkniffen, um effektiver Málagas Defensivsystem zu zersprengen. Dafür bot er mit Bravo den üblichen Liga-Torhüter auf, der von Alba, Vermaelen, Mascherano sowie erneut Roberto als Rechtsverteidiger unterstützt wurde. Busquets erholte sich rechtzeitig von seinem Schlag gegen Bilbao und wurde vom Päarchen Iniesta/Rakitić unterstützt. Vorne gab es die Rückkehr vom an Mumps erkrankten Neymar, während Messi und Suárez wie gewohnt das hochklassige Offensiv-Trio komplettieren.
Die sichtbarste Veränderung der Katalanen im Spiel waren die häufigen Abkippbewegungen von Sergio Busquets zwischen die Innenverteidigung über einen gewissen Zeitraum. Dadurch konnten Barcelonas Außenverteidiger nach vorne schieben und im Wechsel mit den Flügelstürmern Breite geben. Busquets Positionierung machte den Innenverteidigern auch neue und vor allem bessere Passwinkel möglich, bei denen entweder die Mittelfeldspieler im Block oder der Flügel angespielt werden konnte. Damit wurde die erste Verteidigungslinie Málagas umspielt und des Nutzens beraubt.
Hinzu kommt auch noch, dass sich Messi in der ersten Hälfte mit seinen Ausflügen in das Zentrum zurückhielt, um nicht im Block verschlungen zu werden beziehungsweise in irrelevanten Zonen die Bälle abzuholen. Deswegen hielten sich er und Neymar bei eigenen Ballbesitzphasen im ersten und zweiten Drittel relativ brav vorne auf und sollten den totalen Flügelfokus der Blaugrana vervollständigen.
Diese Herangehensweise ging aber aufgrund der grundsätzlichen Ausrichtung Málagas nicht vollständig auf. Málaga verschob nie zu sehr auf die Flügel und wurde dort erst recht nicht durch Mannorientierungen instabil. Suárez war zudem selten richtig eingebunden und kam in dieser Partie auf lediglich 30 Ballkontakte, die meisten davon aber erst gegen Ende. Nur vereinzelt ließ er sich gut in den ballnahen Halbraum abfallen und konnte sich an einer Fokussierung eines Flügels beteiligen.
Betreffend der Achter beziehungsweise der Außenverteidiger wurden beim Flügelfokus Asymmetrien eingesetzt. Iniesta positionierte sich bei eigenem Ballbesitz im letzten Drittel zeitweise höher als sein kroatisches Pendant und sollte in den verengten Zonen Málagas seine Ballbehandlung sowie Nadelspieler-Fähigkeiten einsetzen. Alba balancierte diese Bewegungen mit wenigen Angriffsbemühungen aus, während auf der anderen Seite Rakitić die Absicherung gab und Sergi Roberto seine dynamischen Linear-Läufe demonstrierte. Vereinzelt kamen diese Effekte auch gegen Málagas Block zustande; zum Torerfolg führten sie zwar nicht, aber man blieb im Gegenpressing größtenteils sehr stabil.
Messi und Neymar konnten zudem lediglich entweder den Flügel entlang oder vor dem Block ihre Solo-Läufe ansetzen; darin waren längere Läufe mit Ball unmöglich. Insbesondere bei Neymar war aber mit zunehmender Spieldauer ein Drang zur Anbindung zu Messi zu bemerken, indem er ihn mit Messi-ähnlichen Diagonalbällen suchte. Bei Messi verhielt es sich ähnlich; Málagas Struktur konnte dadurch aber trotzdem nicht durchbrochen werden. Die besten katalanischen Chancen resultierten aus Schnellangriffen und gut gespielten offensiven Umschaltmomenten.
Messi wird zentraler und Málaga schwächer
In der zweiten Halbzeit reagierte Luis Enrique auf seinen etwas missglückten Flügel-Plan und beförderte Messi stärker ins Zentrum. Der Barcelona-Star sollte dadurch zusammen mit seinem Kollegen Iniesta die Zentrale effizienter bespielen und zudem stärker mit Neymar verbunden werden. So konnte der Argentinier seinen brasilianischen Kollegen nun öfter mit kürzeren Diagonalbällen erreichen beziehungsweise auch im direkten Verbund kombinieren. Auf der verwaisten rechten Seite sollte nun Roberto die Angriffsbemühungen am Leben erhalten und Breite geben.
Verstärkt wurde diese Maßnahme durch den Effekt, dass Málaga seine aufwendige Systematik nicht mehr mit der Perfektion aufrechterhalten konnte, wie es noch in der ersten Hälfte der Fall war. Die Flügelstürmer ließen sich immer öfter in die letzte Linie fallen, womit die zweite Linie an Präsenz verlor, oder aber die Abstände waren nicht mehr optimal. Zudem häuften sich die offensiven Umschaltmomente der Katalanen, weil man nun selbst auch das defensive Umschalten vernachlässigte. Dass das Siegestor aber letzten Endes durch einen Fehler vom bislang sicher wirkenden Kameni erzielt wurde und ausgerechnet durch den von schweren Verletzungen geplagten Thomas Vermaelen, verleiht diesem komplizierten Spiel seinen verdienten kuriosen Ausgang.
Fazit
Verdient holt sich der FC Barcelona im ersten Heimspiel der Saison seine drei Punkte. Der FC Málaga bemühte sich erneut um Passivität im strategischen Verhalten und um Kompaktheit, konnte aber selbst den Gegner nie gefährden, geschweige denn klare Torchancen erspielen.
Auf der anderen Seite zeigte Barça hingegen deutlich mehr Angriffsbemühungen als die Gäste und konnte die körperlichen Ressourcen des Gegners mit ruhigem Flügelspiel und den Dribblings durch Messi und Neymar (Messi landete am Ende auf 114 Ballkontakte, Neymar auf 88) penetrieren. Zudem war man defensiv, bis auf punktuelle Ausnahmen, unantastbar, weswegen das erlösende Tor letzten Endes auch nur eine Frage der Zeit war.
P.S. Als Außenverteidiger könnte Sergi Roberto doch noch einmal Karriere machen.