FC Barcelona gegen Granada CF: Taktikrückblick

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Bildquelle: fcbarcelona.com

Viel hat nicht gefehlt zum ersten Punktverlust in LaLiga in der aktuellen Saison. Die Katalanen mühten sich redlich und versuchten alles, um ihre Chancen in etwas Zählbares umzumünzen, doch das Glück war ihnen lange Zeit nicht treu. Erst spät gelang der erlösende Treffer gegen einen hartnäckigen Gegner, der sich zumeist tief hinten reinstellte und auf die eine entscheidende Chance lauerte. Diese kam dann auch kurz Ablauf der regulären Spielzeit, und nur den Qualitäten von Victor Valdés ist es zu verdanken, dass der gestrige Abend nicht in einer herben Enttäschung endete. Aus taktischer Sicht gibt es Grund zum Lob, aber gleichermaßen zu Kritik.

David Villa gibt sein Startelfdebüt

Der Trainer des FC Barcelona schickte seine Mannschaft im klassischen 4-3-3-Gewand auf das Feld. Trotz der bescheidenen Darbietung von Alexandre Song in der Champions League schenkte Tito Vilanova dem Kameruner auch gestern wieder sein Vertrauen und gab ihm vor Jungtalent Marc Bartra den Vorzug. Sein Pendant in der Innenverteidigung bildete Mascherano; die beiden Innenverteidiger wurden von Dani Alves und Adriano flankiert. Im Mittelfeld schonte Vilanova seine Mittelfeldstrategen Xavi und setzte Fàbregas und Thiago an die Seite von Busquets. Im Sturm gab erwartungsgemäß David Villa sein Startelfdebüt nach seiner langen Verletzung. Die “Falsche 9” wurde von Lionel Messi interpretiert und den rechten Flügel sollte Alexis Sanchez bearbeiten. 

Granada mit harmloser hoher Stellung und dem “Bus”

Die Aufstellung von Alexis Sanchez und David Villa auf die Flügel sollte sich in diesem Spiel als eine kleinere Fehlentscheidung erweisen, was dem Auftreten des Gegners geschuldet ist. Der Granada CF ist seinem Widersacher mit einem überwiegend sehr defensiven 4-4-2 gegenübergetreten, bei dem auch die Stürmer in verstärkten Maße mit Defensivaufgaben betraut waren und ihre Mitspieler beim Auffangen der gegnerischen Angriffe unterstützten. Dieses defensive 4-4-2 trat aber erst zu Tage, wenn der FC Barcelona seinen Gegner durch das Kombinationsspiel weit zurückgedrängt hat. Beim geordneten Aufbauspiel aus der Abwehr heraus war augenfällig, wie hoch der Gast aus Granada verteidigte. Granada hat kein Pressing gespielt, aber sie waren darum bemüht, systematisch hoch zu verteidigen und haben die katalanischen Spieler an der Schwelle zwischen zweitem und drittem Spielfelddrittel angelaufen. 

Zum Teil eröffnete sich dem Zuschauer darum eine 4-3-3 Formation beim Granada CF, weil die Mittelfeldspieler rausgerückt und auf den ballführenden bzw. anspielbereiten Gegenspieler zugelaufen sind. Insbesondere die äußeren Mittelfeldspieler agierten sehr offensiv und sorgten so – abwechselnd – für eine leicht asymmetrische Formation ihrer Mannschaft. Sobald ein Pass auf die Außenverteidiger Adriano oder Alves in der Luft lag, begaben sie sich zu diesen und setzten sie unter Druck. Oder aber sie sie rückten ins Zentrum ein und versuchten, Lochpässe durch das Zentrum zu verhindern. Das Zentrum abzudichten, ist ihnen durchaus gelungen. Zumeist sah sich der FC Barcelona veranlasst, das Spiel über die Außen zu eröffnen. Eine darüber hinaus gehende Vorstellung über die Absichten des gegnerischen Trainers erschließt sich aber kaum. Das Anlaufen der Katalanen in der Hälfte des FC Barcelona war in dieser Ausprägung sinnlos und kostete wertvolle Kräfte. Zu keinem Zeitpunkt bestand die Möglichkeit, einen Ballgewinn zu generieren. 

Den Katalanen bereitete die zum Teil hohe systematiche Stellung des Gegners überhaupt keine Schwierigkeiten. Es gelang ihnen regelmäßig, den Gegner zurückzudrängen. Für hohe Bälle aus der Abwehr heraus bestand keine Möglichkeit, weil die gegnerische Verteidigung die hohe Stellung ihrer Vorderleute nicht erwiderte und ihrerseits aufrückte. In die Zwischenräume kamen die Spieler von Tito Vilanova aufrund der geringen Abstände der gegnerischen Spieler zueinander auch nicht, sodass man sich über einen Spielaufbau über die Außen und über Kombinationen zum Tor herantasten musste. War dies geschehen, erwartete den FC Barcelona ein schon gewohntes Bild; der Gegner verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung – zwei Viererketten -, die zudem noch von den Stürmern unterstützt wurden.

Villa und Sanchez – Inversität zerstört Breite

Eine Gesetzmäßigkeit im Fußball lautet folgendermaßen: Das angreifende Team möchte das Spiel breit machen, die verteidigende Mannschaft ist bestrebt, das Spiel eng zu machen. Die Mannschaft, die der anderen ihre Präferenz aufzwingen kann, hat gute Karten, erfolgreich bzw. unbeschadet aus der Spielsituation hervorzugehen. Das Halbzeitergebnis verrät uns, dass der Granada CF den ersten Schlagabtausch für sich entschieden hat. Das Spiel war des FC Barcelona war in vielen Phasen zu eng angelegt und machte dem Gegner das Verteidigen zu einfach. Der Grund hierfür ist in dem Sturmaufgebot von Vilanova zu erblicken. Sowohl David Villa als auch Alexis Sánchez spielen invers und suchen den Weg in die Mitte. Damit geht aber die Breite im Spiel verloren, wenn die Außenverteidiger nicht nachrücken. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich Adriano in Halbzeit 1 merklich zurückgehalten hat und auch Dani Alves konnte nicht die Entzerrung der engen Abwehr- und Mittelfeldkette bewirken. Breite im Spiel kann man nicht durch das Hinstellen von ungeeigneten Spielern simulieren; der Gegner wird den Flügel erst dann ernst nehmen und die Außenverteidiger(womöglich auch die Innenverteidiger) werden ersten dann nach außen rücken, wenn sie das Bewusstsein haben, das von den Außen eine Gefahr herrührt. Dieses Bewusstsein kann man dem Gegner allerdings nur vermitteln, wenn man tatsächlich eine Gefahrenquelle darstellt, indem man zur Grundlinie vordringt und gefährliche Hereingaben ins Zentrum befördert.

In der zweiten Halbzeit hat Tito Vilanova auf diese defizitäre Spielanlage reagiert und mit Cristian Tello (kam für Adriano) einen klassischen Außenstürmer in die Partie gebracht. Zudem hat er, wie auch schon im Spiel gegen Spartak Moskau, wieder auf das 3-3-4 umgestellt und damit einmal mehr seinen unbedingten Siegeswillen nach außen kommuniziert. Die Verteidigung wurde fortan von Alves, Song und Mascherano gebildet. Dani Alves wurde angewiesen, sich nun nicht mehr in der Offensive zu beteiligen und damit das Risiko eines Kontergegentores zu minimieren. Der Sturm wurde gebildet von Tello, Pedro, Sánchez und Fàbregas. Messi ließ sich ein wenig zurückfallen und agierte etwas tiefer. Die Einwechslung von Tello und die Umstellung sollten sich auch diesmal als goldrichtig – wenn auch riskant – erweisen. Das Ergebnis gibt Tito Vilanova jedenfalls Recht. Er hat die Probleme seiner Mannschaft erkannt, die Spielweise des Gegners ins Kalkül miteinbezogen und die richtigen Wechsel vollzogen. Mit Tello kam ein Spieler in die Partie, der die Grundlinie im Blick hat und auf flache präzise Hereingaben bedacht ist.

Das Vorgehen über den Flügel hat zwar zu keinem Tor geführt, aber zu guten Torchancen, die mit ein wenig mehr Glück hätten in einem Tor münden können. Man hätte sich gewünscht, dass der FC Barcelona auch schon in der ersten Hälfte mit dieser Spielanlage aufgewartet hätte. Vilanova hätte antizipieren müssen, dass der Gegner tief stehen könnte. Wieso er dennoch im Camp Nou zwei inverse Flügelstürmer aufstellt, kann man daher als Laie nicht beantworten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Spieler die Vorgaben des Trainers nur unzureichend berücksichtigt haben. Wie dem auch sei, am Ende steht der Sieg – und nur das zählt. 

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