Zum katalanischen Stadtderby empfing der FC Barcelona am Sonntag um 17:00 Uhr Espanyol. Es entwickelte sich ein interessantes Spiel, was einige der Stärken, aber auch einige der Schwächen von Luis Enriques Team deutlich machte. In unserer Spielanalyse werden wir darauf im Detail eingehen und erklären, wie Barça trotz anfänglicher Probleme noch gewinnen konnte.
Espanyol wartet auf Konter
Die Gäste starteten in einem sehr defensiven 4-4-2-System. Ihr Ziel war es, nah vor dem eigenen Tor eng zu stehen, sodass der FC Barcelona keinen Platz finden würde, um in den Strafraum vorzustoßen. Zunächst gelang dies Espanyol auch ganz gut, weil sie gut verschoben und Barça auch nicht zu viel Zeit am Ball ließen. Gleichzeitig bewiesen die Gäste, dass sie selbst auch gefährlich werden können. Insgesamt drei gute Angriffe konnten sie initiieren, alle drei entstanden im ersten Durchgang. Durch eine dieser Chancen ging Espanyol auch in Führung, wobei man hierbei erwähnen sollte, dass der Ballgewinn nur durch ein Foul an Sergio Busquets zustande kam. Kurz vor der Pause und damit auch kurz vor dem Ausgleich bot sich für die Gäste die große Chance zum 2-0, doch Barça-Eigengewächs Víctor Sánchez legte sich den Ball zu weit vor, weshalb Claudio Bravo noch rechtzeitig klären konnte. Diese Szene war mit spielentscheidend, vor allem, weil kurz darauf der Ausgleich fiel, der das gesamte Spiel drehte. Nachdem die Gäste dann in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit noch zwei Tore kassierten, war das Spiel so gut wie gelaufen, vor allem weil Espanyol nach vorne hin nichts mehr einfiel und sie nur noch verteidigen konnten.
Defensiv sah das Spiel der Blau-Weißen allerdings lange Zeit souverän aus, wobei das nur die halbe Wahrheit ist. Bis zur 30. Minute und dem Freistoß von Messi, der an die Latte ging, hatte der FC Barcelona zwar kaum zwingende Abschlüsse, aber Lücken gab es dennoch einige. Espanyols Außenspieler ließen sich zu leicht von Neymar in die Mitte ziehen, sodass die gesamte Seite für den durchstartenden Jordi Alba frei war. Gerade Messi erkannte diese Gelegenheiten sehr oft und versuchte den Linksverteidiger in Szene zu setzen. Die beiden besten Möglichkeiten wurden aber nicht genutzt. Einmal war Messis Ball zu steil, während Alba beim zweiten Mal alleine vor Kiko Casilla scheiterte.
Das große Problem für Espanyol an diesem Abend war Lionel Messi. Die ‘Periquitos’ standen, wie bereits erwähnt, äußerst tief. Dadurch ergab sich für ‘La Pulga’ jedoch häufig sehr viel Platz, wenn er sich weit fallen ließ. Bis Espanyol dann so weit aufgerückt war, um den Argentinier greifen zu können, war es oft schon zu spät. Bei Messis ersten beiden Toren sieht man dies ganz gut. Er bekommt den Ball zentral vor dem Tor und ist kaum markiert, weil er noch relativ weit weg vom gegnerischen Gehäuse steht. Dann reichen kurze Bewegungen, um die heranstürmenden Gegenspieler aussteigen zu lassen und das Tor zu erzielen. Espanyol spielte zu ballorientiert und ließ den Blick auf das große Ganze vermissen, in diesem Fall die Bewachung von Lionel Messi.
FC Barcelona mit zu vielen Spielern vor dem Ball
In der ersten halben Stunde dominierten die Gastgeber zwar die Partie, aber wirklich viele Chancen konnten sie nicht kreieren. Gleichzeitig aber gerieten sie in Rückstand und liefen noch in weitere Konter, wobei davon nur einer wirklich gefährlich wurde. Das Problem hierbei war, dass Barça im Spielaufbau oft mit sechs bis sieben Mann vor dem Ball stand. So ergaben sich für den ballführenden Spieler zwar viele Optionen, jedoch wurden diese Optionen von Espanyol in der Regel gut zugestellt. Zudem fehlte phasenweise die nötige Bewegung, um sich anspielbar zu machen. Wenn man in einer solchen Situation den Ball verliert, kann jeder Konter gefährlich werden, weil nur sehr wenige Spieler noch hinten stehen. Die Mannschaft hätte, wenn man denn mit so vielen Spielern angreifen möchte, enger zusammenstehen müssen, sodass die Gegner direkt attackiert werden können, wenn man den Ball verliert. Das war dann ab dem zweiten Durchgang der Fall, wo die Mannschaft, motiviert durch den Ausgleich kurz vor der Pause, viel druckvoller agierte, und zwar sowohl mit, als auch gegen den Ball.
Es war dann ab diesem Zeitpunkt eine sehr gute Leistung des FC Barcelona, wobei man festhalten muss, dass die erste Halbzeit viele Schwächen aufzeigte, die man sich gegen Paris Saint-Germain am Mittwoch nicht erlauben darf. Das Gesicht der zweiten Halbzeit wiederum war ein sehr gutes und auf dieser Leistung lässt sich aufbauen, gerade mit der Darbietung aus dem ersten Durchgang im Hinterkopf. Hier besteht für Luis Enrique eine sehr gute Chance, dem Team anhand eines Spiels aufzuzeigen, was es schlecht gemacht hat und wie man es besser machen könnte.
Suárez-Wechsel als Mittel zur Verwaltung
Erneut wurde Luis Suárez gegen Espanyol Barcelona ausgewechselt, ohne getroffen zu haben. Im ersten Durchgang war er sehr unauffällig und ihm gelang nur wenig. In der zweiten Halbzeit steigerte er sich dann, wie das gesamte Team und gab die Vorlage zum wichtigen 2-1. Dass er nun wieder ausgewechselt wurde, ohne zu treffen, mag auf den ersten Blick seltsam wirken, jedoch ist es taktisch gesehen absolut verständlich gewesen. Der FC Barcelona war mit 3-1 in Front und wollte kein Risiko mehr eingehen, also versuchte man, beide Außenbahnen “dicht” zu machen. Wenn Suárez spielt, sind er und Messi halbe Neuner als auch halbe Außenspieler. Es gibt somit keinen echten Flügelspieler auf der rechten Seite. Pedro ist jedoch ein solcher und kann daher dazu beitragen, die Seite zu beackern, damit der Gegner keine Chancen mehr kreieren kann. Und gerade die rechte Seite ist hier gefragt, da Alves langsamer ist, als sein Pendant Alba auf der linken Seite. Es bietet sich also hier an Suárez herauszunehmen, da so Messi ins Zentrum rücken kann, während Pedro auf rechts rückt.
Natürlich ist dieser Umstand für Luis Suárez mit Sicherheit etwas frustrierend, aber im Endeffekt ist es auch nicht allzu schlimm. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch er regelmäßig im Dress des FC Barcelona treffen wird und nicht “nur” Torvorlagen liefert.