FC Barcelona gegen Celta de Vigo: Taktikrückblick

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Bildquelle: fcbarcelona.com

Die Ergebnisprophezeiungen in unserem Tippspiel belegen, dass die meisten Culés das Spiel gegen Vigo als klare Angelegenheit zugunsten des FC Barcelona gewertet haben. Und obschon die Katalanen das Spiel mit zwei Toren Vorsprung für sich entscheiden konnten, war es kein allzu leichtes Unterfangen. Das lag insbesondere an den Gästen, die einen Plan in das Spiel einbrachten und einige Male den Weg vor das Tor von Victor Valdés fanden. Aus taktischer Perspektive war das gestrige Aufeinandertreffen phasenweise sehr interessant und hatte vieles zu bieten. Blicken wir in gebotener Länge auf die taktische Ausrichtung beider Teams zurück beleuchten wir die Mechanismen, die dem Spiel ihren eigentümlichen Verlauf gaben.

3-4-3 gegen die “Pyramide”

Unser Mitglied Grandoli hat mit dem von Vilanova definierten Spieleraufgebot sehr früh ein 3-4-3-System assoziiert und er sollte Recht behalten. Ex ante betrachtet war aber auch ein 4-3-3 möglich, auf das später zurückgegriffen worden ist; zu den Gründen später mehr. Die Dreierkette wurde gebildet von Adriano auf rechts, Mascherano zentral und Alba auf links. Vor diesem Trio agierten vier Mittelfeldspieler in Gestalt von Busquets, Xavi, Iniesta und Fàbregas, was allerdings zu keiner Rautenbildung führte. Es war ein organisches Gebilde, das keiner bestimmten Anordnung folgte. Im Sturm fand sich einmal mehr Neuvater Lionel Messi wieder, der von Pedro auf rechts und David Villa auf links flankiert wurde. Durch permanenten Rochaden zwischen Messi und Fàbregas konnte Letzterer auch in Teilen zum Sturmpersonal gezählt werden sowie Messi zum Mittelfeldverbund – aber das hat nur terminologische Bedeutung und soll uns nicht weiter beschäftigen.

Celta Vigo konterte die 3-4-3-Formation von Vilanova mit einer 4-3-2-1-Pyramide, die der Blaugrana das Leben in der Folge ziemlich schwer machen sollte. Der theoretische Voteil der Pyramidenanordnung besteht in der Verdichtung des Zentrums bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer guten Ausgangssituation für ein erfolgreiches Konterspiel. Der Weg zum Tor von Valdés gestaltet sich nicht so weit, wenn die Mannschaft den Ball erobert, vorausgesetzt natürlich, sie hat sich nicht allzu weit hinten hineindrängen lassen. Der Nachteil dieser Ausrichtung liegt in systematischen Nachlässigkeiten auf den Außenbahnen. Die drei Akteure vor der Abwehr sind darauf bedacht, das Zentrum dicht zu machen und positionieren sich entsprechend auf dem Feld. Dies führt dazu, dass der jeweils äußerste Spieler – im Vergleich zu einer Mittelfeldviererkette – längere Wege auf die Außen zurücklegen muss, wenn an besagtem Ort eine Unter- oder Gleichzahlsituation droht. Die zwei vor dem Dreierverbund agierenden Spieler haben eine noch längere Wegstrecke hin zu den Außen zurückzulegen. Vor diesem Hintergrund entpuppt sich in der Theorie ein flügellastiges Angriffsspiel als eine ideale Methode, um der “Pyramide” beizukommen.

Der FC Barcelona allerdings trat mit einem 3-4-3 auf, einem System, bei dem die beiden offensiven Außenverteidiger, Adriano und Alba, nur wenig Spielraum für offensive Aktionen besitzen. Für die nötige Breite waren im Spiel des Tabellenführers die beiden Flügel Pedro und Villa zuständig, Spieler, die bekanntlich gerne invers agieren und deren Ausflüge in die Mitte von offensiven Außenverteidigern, die gestern zunächst anderweitig beschäftigt waren, aufgefangen werden müssen. Tito Vilanova gab im Interview vor dem Spiel zu verstehen, dass er von Celta Vigo einen Ballbesitz-Fußball erwarte und befürchte, dass der Gegner seine Mannen (hinterher-)laufen lassen könnte. Entsprechend dieser Erwartung verstärkte Tito die Präsenz im Mittelfeld. Es hatte nicht den Anschein, als würde der Trainer mit einer pyramidenartigen Formation des Gegners rechnen, die zu einem Spiel über die Flügel regelrecht einlädt. Sehr früh in der Partie wurde daher auf die altbewährte 4-3-3-Formation mit zwei offensiven Außenverteidigern umgestellt. Bereits in Minute 18 gab es den ersten ernstzunehmenden Ausflug von Jordi Alba und kurz darauf war die Flügelzange Adriano-Alba hergestellt. Die Weisung, auf ein 4-3-3 umzustellen, muss aber bereits eine Minute vorher erfolgt sein, als Busquets sich auf die Höhe von Mascherano fallen ließ und Alba sowie Adriano auf die Außen ausscherten. 

Vilanovas Maßnahme fruchtet augenblicklich

Die Umstellung verlief zunächst höchst erfreulich. Die plötzliche Breite im Spiel einhergehend mit übermäßiger Präsenz im Zentrum bereitete dem Gegner Probleme. Die Vernachlässigung der Außenbahn sollte sich in der 21. Minute rächen, als ein Zuspiel des vernachlässigten Pedro auf rechts außen in Adriano in der Mitte einen Abnehmer fand. Die Umstellung hat sich also sofort bezahlt gemacht und sorgte für die Führung. Nicht unterschlagen darf man jedoch die hundertprozentige Torchance von Vigo in der 19. Spielminute, in der uns Valdés vor einem Rückstand bewahrte. Ein schnell vorgetragener Konter mit einer Eins-gegen-eins-Situation war den Blitzreflexen von Valdés vorausgegangen. Es waren aber weniger taktische Missstände als vielmehr individuelle Fehler, die diese Chance für Vigo ermöglichten. Der FC Barcelona war in der Überzahl und ließ sich von zwei Gegenspielern mühelos ausspielen. Wenn man bei dieser Torchance einen taktischen Bezug herstellen möchte, muss man auf das Verhalten von Busquets eingehen, der als Innenverteidiger zu stark herausgerückt ist und damit diese Situation begünstigt hat. Insofern ist, jedenfalls mittelbar, ein taktischer Bezug vorhanden. Ein besonnener Innenverteidiger würde sich in dieser Situation womöglich anders verhalten. Man muss aber auch zugestehen, dass Vigo diese Chance exzellent herausgespielt hat.

Kurz nach der Führung fiel das Gegentor und wieder war es im Ausgangspunkt ein Konter, der den FC Barcelona vor Probleme stellte. Dieses Mal hatte man aber die Möglichkeit, diesen zu verhindern. Während bei der ersten hundertprozentigen Chance ein Abschlag des gegnerischen Torhüters die Kausalkette in Gang setzte, war es diesmal ein erfolgloses Gegenpressing, das diese Kontersituation ermöglichte. Der FC Barcelona verlor den ersten Ball und Adrianos Verhalten beim Gegenpressing war zu passiv. Für den neutralen Zuschauer offenbarte sich in der Folge ein wunderbarer Spielzug, der die katalanische Defensive sezierte. Geschuldet war dieser bilderbuchartige Konter auch der Pymaridenformation, die einerseits das Zentrum verdichtete, andererseits aber auch optimale Voraussetzungen für gute und schnelle Konter lieferte. Zwei Spieler waren, wenn die Grundordnung der Hintermannschaft stimmte und kein Bedarf für eine Aushilfstätigkeit bestand, stets auf der Lauer für Konter und vor der Dreiermittelfeldkette postiert. Ein klassicher Mittelstürmer bildete die Speerspitze, der bei Kontern einen Innenverteidiger durch seine Rückwärtsbewegung herauszog, damit eine Lücke aufriss und schließlich als Bandenspieler den Ball direkt weiterleitete. Dieser Konter hat das Zeug, in einem Fußballlehrbuch aufzutauchen. 

Zweite Halbzeit: Busquets zurück ins defensive Mittelfeld, Bartra in die Innenverteidigung

Ein Geniestreich von Villa später besorgte die erneute Führung für den FC Barcelona. Bisweilen wurde noch nicht darauf eingegangen, wie der Gegner die Angriffe des FC Barcelona verteidigte. Der läuferische Aufwand war, bis auf wenige Ausnahmen, bei den Spielern zwar ordentlich, aber nicht allzu hoch. Die Spieler von Celta Vigo arbeiteten nicht so hart gegen den Ball wie andere Mannschaften, sondern ließen ihr System für sich sprechen. Sie orientierten sich lose zu ihren Gegenspielern und waren darauf bedacht, das Spiel des FC Barcelona in Regionen zu verlegen, in denen es keine Gefahr ausstrahlen konnte. Im letzten Spielfelddrittel sollte dann die Balleroberung durch eine hoche Spielerdichte erfolgen. In der zweiten Halbzeit änderte der Gegner seine Spielweise nur zeitweise. Es wurde situationsabhängig früher angesetzt und härter gegen den Ball gearbeitet. Die Abwehr verschob zu diesem Zweck weiter nach vorne und war zeitweilig weiter vorne anzutreffen als noch in Halbzeit eins. Aber das waren nur Einzelerscheinungen. Im Großen und Ganzen blieb der Gegner seinem Stil treu. 

Beide Mannschaften taten sich schwer in der zweiten Halbzeit beim Herausspielen von Torchancen. Der FC Barcelona agierte trotz der Umstellung auf ein 4-3-3 etwas zu zentriert, während Celta Vigo, mit Ausnahme einer erstklassigen Chance kurz nach der Pause, keine brandgefährlichen Konter mehr fahren konnte. Dies lag zum einen daran, dass die Katalanen die Intensität des Gegenpressing erhöht haben, zum anderen aber gewiss auch an der zunehmenden Müdigkeit der Gäste. Womöglich spielte hierbei die Zurückbeorderung von Busquets ins defensive Mittelfeld eine Rolle. Für Fàbregas war zur Pause mit Marc Bartra ein gelernter Innenverteidiger gekommen, wodurch Busquets seine angestammte Position einnehmen konnte. Busquets’ Antizipation und sein Fingerspitzengefühl beim Gegenpressing sind bekannt, aber auch der Umstand, dass er als Innenverteidiger nur eine Notlösung ist. Jedenfalls war das Spiel des FC Barcelona nach dem Wechsel wesentlich stabiler. 

Was also bleibt von diesem Spiel hängen?

– vom 3-4-3 zum 4-3-3
– Busquets zunächst defensiver Mittelfeldspieler, beim Wechsel zum 4-3-3 Innenverteidiger
– Pyramidenformation von Viga mit verdichtetem Mittelfeld und teilweiser Preisgabe der Außen
– Starke Konter der Gäste dank Pymaridenformation; Schwächen beim Gegenpressing seitens Barcelona
– Busquets als Innenverteidiger nicht überzeugend
– Pymaridenformation lädt dazu ein, Spiel breiter zu machen
– Pedro und Villa zum Teil stark invers

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