Bereits in der Frühphase des Spiels spielte Messi einen feinen hohen Ball in den Strafraum auf Iniesta, der keine Mühe hatte, zum 1:0 für den FC Barcelona zu vollenden. Der zweite Streich folgte nach
einer klasse Vorarbeit von Adriano, der auf dem linken Flügel seinen Gegenspieler mühelos überlaufen hatte und David Villa in der Mitte mustergültig bediente. Auch an dem dritten Tor war Adriano maßgeblich beteiligt, als er nach einem super Zusammenspiel mit Iniesta das Abwehrbollwerk von Sevilla düpierte und letzterer Villa zu seinem zweiten
Treffer verhalf. In der zweiten Halbzeit machten Messi mit einem strammen Schuss von halbrechts und Iniesta mit einem Weltklasse-Lupfer nach Vorarbeit von Messi das halbe Dutzend voll. Ein Idylle, die sich alsbald als trügerisch entpuppen sollte, nachdem die ersten Sonnenstrahlen auch die dunkelsten Vorhänge mit ihrem wärmenden Licht durchdrangen und die innere Uhr aller FC Barcelona-Anhänger dazu veranlasste, Aufwachimpulse abzugeben. Im Vollbesitz des Bewusstseins kommt die Erinnerung an das trostlose Remis gegen den FC Sevilla zurück. Es war eines jener Spiele, in denen sich ein tiefer Abgrund der Verzweiflung auftat und alle Sympathisanten des FC Barcelona an den Rand des Wahnsinns brachte. Den Kulminationspunkt bildete ein Elfmeter in der 94. Spielminute, den man nicht zu etwas Zählbarem verwerten konnte. Aber der Reihe nach.
Die Mannschaft aus Sevilla mauerte von der 1. Minute weltmeisterlich und unternahm im gesamten Spiel keine ernstzunehmenden Anstrengungen, das Spiel für sich zu entscheiden. Aus dieser passiven Haltung des FC Sevilla resultiere ein zähes Spiel, welches nicht nur die Spieler, sondern auch die Zuschauer und Fans vor eine beachtliche Geduldsprobe stellte. Trotz dieser spielerischen Teilnahmslosigkeit von Sevilla und der unbedingten Beschränkung auf die Defensivarbeit konnte sich der FC Barcelona im Verlauf des Spiels eine Handvoll guter Tormöglichkeiten erspielen, wie sich aus den einleitenden Worten ergibt. Iniesta kam allerdings beim Zuspiel von Messi nicht mehr an den Ball. Villa konnte die Vorarbeit von Adriano nicht im Tor unterbringen, und auch als er zum zweiten Mal von Iniesta und Adriano freigespielt wurde, hat er seinen Meister in dem hervorragend parierenden Schlussmann des FC Sevilla, Javi Varas, gefunden. Der stramme Schuss aus halbrechter Position von Messi wurde mühelos von Varas entschärft. Iniesta’s Lupfer über den Torwart hinweg landete auf dem Querbalken, was wohl auf das Glück des Tüchtigen zurückzuführen ist. Zu guter Letzt versäumte es Messi in der 94. Spielminute vom Elfmeterpunkt, das Camp Nou in einen Feuerkessel zu verwandeln. Diesem eindeutigen Elfmeter waren tumultartige Szenen vorausgegangen. Die Spieler des FC Sevilla fühlten sich um die Früchte ihrer harten Arbeit betrogen und stellten die Entscheidung des Schiedsrichters in Zweifel. Vor allem Kanoute hat sich zwei Mal zu unsportlichem Verhalten hinreißen lassen und wurde folgerichtig des Feldes verwiesen. Er hat Messi in seiner Konzentrationsphase empfindlich gestört, als er den Spielball, der sich bereits auf dem Elfmeterpunkt befand, zur Seite schob. Aus diesem Grund und wegen kurz darauf folgenden Tätlichkeit gegen Fabregas hat sich die Ausführung des Elfmeters um drei Minuten verzögert. Nicht zu vernachlässigen ist eine Szene aus der 75. Spielminute, als ein Spieler des FC Sevilla in der Hälfte des FC Barcelona auf der rechten Seite den Ball behauptete und seinem in der Mitte durchstartenden Mannschaftskameraden zusteckte. Kein Spieler des FC Barcelona fühlte sich für diesen Gegenspieler zuständig, Mascherano und Co. haben es lediglich einer schlechten Ballmitnahme zu verdanken, dass sie den Spieler noch einholen und die Gefahrensituation entschärfen konnten. Dies hätte auch leicht ins Auge gehen können.
Bei der taktischen Ausrichtung und der Aufstellung war es interessant zu sehen, dass Adriano sich auf dem rechten und linken Flügel einfand und Pedro auf der Bank Platz nehmen musste. Dies hat sich als ein guter Schachzug von Guardiola erwiesen, wie sich im Spiel herausstellte. Adriano nutzte seine Schnelligkeit ein ums andere Mal, um seine Gegenspieler zu überlaufen und so für die erforderlichen Lücken zu sorgen. Auch ansonsten hat Adriano eine gute Figur gemacht und leistete sich im Verhältnis zu seinen Mitspielern, wie etwa Lionel Messi, wenige Fehlpässe. Es wäre vielleicht angemessener, gegen einen solch tiefstehenden Gegner wie Sevilla konsequenter über die Außenbahnen zu kommen und Adriano’s Schnelligkeit und technische Fertigkeiten stärker auszunutzen. Natürlich müsste die Hereingabe dann aufgrund der Vielzahl an gegnerischen Spielern im Strafraum ins Blaue hinein erfolgen, was Barcelona-untypisch ist. Aber solche Gegner verlangen nun mal unkonventionelle Lösungen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Ball sich plötzlich und unverhofft im Tor wiederfindet, ist angesichts der Anzahl der unternommenen Versuche nicht gering. Eine weitere unkonventionelle Option für den FC Barcelona könnten Fernschüsse sein. Messi, Villa und Xavi verfügen allesamt über exzellente Schusstechniken. Nicht selten hat Messi den Ball aus 20 Metern in den Winkel gedonnert. Auch seine Freistöße zeugen von einer begnadeten Schusstechnik.
Mit dem Unentschieden hat der FC Barcelona die Tabellenführung an Real Madrid abgeben müssen. Und dennoch befindet sich der FC Barcelona mit nur einem Punkt Rückstand in einer sehr guten Position im Hinblick auf die Titelverteidigung. Real Madrid muss in den nächsten Wochen und Monaten noch gegen Valencia, Atletico, Sevilla und Villarreal spielen. Dies sind alles Stationen, welche die Katalanen bereits hinter sich gebracht haben. Es sind unangenehme Gegner, die, wie man nicht erst seit gestern weiß, immer für die eine oder andere Überraschung gut sind. Der FC Barcelona wird seine Lehren auch aus diesem Spiel ziehen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Darauf darf man sich freuen. Visca el Barça!
Raphael L.