Diese Momente im Camp Nou werden für immer in Erinnerung bleiben. Ein ganz großer Trainer und vor allem Mensch verabschiedete sich vorläufig von der Fußballbühne. Standesgemäß bescherten ihm seine Schützlinge zum Abschied ein paar schöne Tore, was angesichts der Bedeutung dieses Abends jedoch nur nebensächlich war.
Von Raphael Lugowski
Eine Ära geht zu Ende
Eine Ära neigt sich dem Ende entgegen. Es war eine Ära voller Freude, voller Emotion und Glückseligkeit. Es war eine Demonstration dessen, was freundschaftliche Verbundenheit auch im Profisport bewirken kann, und noch nie stand die Philosophie des Vereins in diesem Umfang in Einklang mit dem mannschaftlichen Leitmotiv: més que un club. Spieler verließen den Verein, andere Spieler kamen hinzu, doch die mannschaftliche Geschlossenheit und das Sonderbare blieb dem Verein immer erhalten. Pep Guardiola hat die Mannschaft beisammen gehalten, er hat sie zu einer Einheit gemacht, wie sie noch nie im Fußball vorhanden war. Ein Rädchen griff in das andere, jeder Spieler und jeder Funktionär hat sich für den Erfolg der Mannschaft aufgeopfert, bis zur absoluten Erschöpfung. Der Erfolg war die Begleiterscheinung einer übergeordneten Zielsetzung, die in der Literatur unter der Bezeichnung „Die Kunst des schönen Spiels“ Einzug fand. Man hatte nie ernsthaft das Gefühl, dass in den zurückliegenden Jahren gearbeitet wurde. Es war vielmehr ein künstlerisches Schaffen, das sich uns offenbarte und eine Leichtigkeit, wie sie in der Welt so kaum mehr anzutreffen ist. Wer möchte schon nach einer harten Woche dabei zusehen, wie andere arbeiten? Pep Guardiola hat die Spiele zu besonderen Ereignissen gemacht und sein Name wird auch nach Jahrzehnten noch nachhallen und seine Person in Erinnerung bleiben.
Espanyol versucht es mit Pressing
Der Bedeutung des gestrigen Abends entsprechend legten sich seine Spieler gestern ins Zeug und vor allem bei Messi hatte man den Eindruck, als wolle er seinem Mentor zum Abschied ein besonderes Geschenk überreichen. Mit vier Toren, das letzte war sein 50. Ligatreffer, ist ihm das auch vorzüglich gelungen. Mit seinem 72. Saisontor markierte „La Pulga“ außerdem einen neuen Weltrekord – alles in allem also ein in vielfacher Hinsicht historischer Abend. Dass Messi gestern wieder groß zuschlagen konnte, lag aber auch an dem Gegner. Espanyol Barcelona agierte zunächst in einem 4-4-2. Ihr Ziel bestand darin, durch situationsgebundenes Pressing im letzten Spielfelddrittel in Ballbesitz und zu gefährlichen Torchancen zu gelangen. Mit vier bis fünf Spieler rückten sie aus und setzten die Katalanen in der Anfangsphase unter Druck. Die Spieler standen beim Pressing allerdings recht nahe beieinander, was den Nachteil hatte, dass Montoya meistens ungedeckt und mit einem hohen Ball anspielbar war. Espanyol hütete sich davor, mit zu vielen Spielern aufzurücken und auch noch Montoya abzudecken. Aus ihrer Sicht war wohl die Gefahr eines Kontergegentores zu groß – eine verständliche Sorge. So ging das Pressing überwiegend ins Leere. Man muss Espanyol aber zugute halten, dass es ihnen gelungen ist, das Spiel des FC Barcelona über das Zentrum stark einzudämmen. Die beiden Stürmer agierten vor der Mittelfeldlinie positioniert in der Hälfte der Katalanen und nötigten den Gastgeber immer wieder zu Ausweichbällen auf die Außen. Auf den Außen aber ist der Aktionsradius der Spieler beschränkt, sodass es schwieriger ist, für Überraschungsmomente zu sorgen.
Der FC Barcelona mit vielen Freiräumen
Nachdem Espanyol mit 1:0 zurück lag, haben sie ihre Ausrichtung verändert. Aus dem 4-4-2 wurde von nun an ein 4-3-3. Die drei Stürmer beteiligten sich auch kaum mehr an der Defensivarbeit; Ihre Aufgabe bestand allein darin, in Dreierpärchen schnell in Richtung Tor zu spielen, wenn die Katalanen aufgerückt waren und den Ball verloren hatten. Die Kehrseite dieser Rechnung sind natürlich viele Freiräume für den FC Barcelona. Trotz einiger Tore darf man gemessen an den eigenen Ansprüchen nicht vollends zufrieden mit dem Auftritt sein. Zu wenig wurden die sich ergebenden Räume genutzt, weil die Präzision in den vorgetragenen Angriffen fehlte. Auch die zuweilen weit aufgerückte Abwehr von Espanyol hätte die Blaugrana häufiger zum Anlass nehmen müssen, um hinter dieselbe zu spielen. Gleichwohl war das eine insgesamt solide Vorstellung des FC Barcelona. Sie begannen in einem 4-4-2 und stellten beim Stand von 3:0 auf ein 3-4-3 um, als Tello für den starken Adriano kam. Mit Adriano auf links und Montoya auf rechts hatte der FC Barcelona eine gute Breite im Spiel, die dem Gegner schaffen machte. Dieser fixierte sich eher auf das Zentrum und versuchte dieses zu verdichten als Prävention vor den tödlichen Pässen. Dadurch stand vor allem Montoya auf rechts immer wieder frei und hatte ein wenig Raum vor sich, um aufzurücken.
Messi schießt Espanyol Barcelona ab
Dieser Raum war es auch, der die erste Chance für den FC Barcelona im Spiel möglich machte. Nach einer Flanke von Montoya kam Thiago in der Mitte völlig frei zum Kopfball, doch dieser entpuppte sich als zu unplatziert. In der 12. Spielminute dann der erste Streich von Messi. Einen Freistoß in der Nähe des Strafraums zirkelt der Argentinier an der Mauer vorbei unhaltbar ins linke Eck. Nach einer knappen halben Stunde der nächste Geniestreich von Messi in Gestalt eines Traumpasses auf Keita, der den Ball allerdings verstolpert. Wenig später versuchte sich Iniesta beim Freistoß, fand aber seinen Meister im Schlussmann von Espanyol. Kurz vor der Pause dann ein Doppelpass auf engstem Raum zwischen Iniesta und Pedro, doch Ersterer wird beim Schussversuch geblockt. Ein weiterer Freistoß von Messi landet nur am Außennetz. In der zweiten Halbzeit probierten es zunächst Iniesta und Adriano mit Schüssen auf das Tor, bevor es in der 63. Spielminute zum ersten Mal in der Partie Elfmeter für den FC Barcelona gab, nachdem der Ball mit der Hand gespielt worden ist. Messi trat an und verwandelte mit ein wenig Pfostenglück zum 2:0. Zehn Minuten später dann Glück für die Blaugrana. Pinto war rausgekommen, klärte aber die Situation nicht. Dadurch kam Espanyol zum Schuss auf das leere Tor, doch Mascherano klärt in allerhöchster Not mit dem Kopf. In der gleichen Minute spielte Pedro einen tollen Pass auf Messi hinter die Abwehr. Messi nahm den Ball perfekt mit, verschaffte sich so einen Vorsprung von einem Meter auf seinen Gegenspieler Sanchez und netzte aus halblinker Position ins rechte Eck ein – Weltklasse. Kurz darauf folgte dann noch ein weiteres Elfmetertor für Messi. Busquets wurde im Strafraum berührt, ließ sich theatralisch fallen und besorgte so den Pfiff des Schiedsrichters. Messi verwandelte auch diesmal sicher zum Endstand von 4:0. Visca el Barca!