Beim Unentschieden im Balaidos erkannte der FC Barcelona früh die Schwachstellen von Celta Vigo. Doch nach dem Seitenwechsel präsentierte sich Barça zu fahrig und brachte sich so selbst in Bedrängnis. Die Talente aus der eigenen Jugend überzeugten derweil durch ihre Einsatzbereitschaft. Die Brennpunkte zum Remis in Galicien.
Sergi Barjuan erlebte in seinem dritten und vorerst letzten Spiel als Trainer bei der Blaugrana eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Denn bevor seine Mannschaft das Spielgeschehen aus der Hand gab, legte sie eine Leistung an den Tag, die zuvor in dieser Spielzeit selten zu sehen war – gerade auswärts.
Barça erkennt früh die Schwächen Celta Vigos
Der FC Barcelona war im Balaidos früh darauf aus, mit klaren und zielstrebigen Aktionen die Schwachstellen von Celta Vigo auszunutzen, indem die Katalanen das Spielgeschehen häufig auf die linke Angriffsseite verlagerten, wo den Gastgebern der Zugriff fehlte.
3:3 nach 3:0-Pausenführung: Barças bitterer Nackenschlag in der Nachspielzeit
Vor allem Jordi Albas hohe Tiefenbälle hinter die Kette sorgten dabei für Gefahr im letzten Drittel; mit Ansu Fati begann ein antrittsschneller und somit ein ideal für diese Zuspiele geeigneter Akteur auf dem linken Flügel. Bereits nach fünf Minuten trug dieses Konzept Früchte: Fati erzielte sehenswert den Führungstreffer und nutzte gleich die nächste Schwachstelle der Celtistas aus.
Celta fehlte gegen Barça der Zugriff
Denn diese fanden gegen die Gäste aus Katalonien überhaupt nicht in die Zweikämpfe, sobald das Spielgerät in der Nähe des eigenen Strafraums zirkulierte. Ein Muster, das von der Blaugrana in Hälfte eins dreimal bestraft wurde.
Noten zum 3:3 bei Celta | Unsicherheitsfaktoren ter Stegen und Lenglet
Ansu Fati sah sich vor dem 1:0 keinem Gegnerdruck durch Hugo Mallo ausgesetzt, Sergio Busquets löste sich vor seinem Torerfolg gedankenschnell von Thiago Galhardo und Memphis Depay drückte nach 33 Minuten mutterseelenallein den Ball mit dem Kopf über die Linie. Auch bei der überragenden Passstafette bei der Entstehung dieses Treffers gerieten die Katalanen kaum unter Druck.
Mingueza rückt ein – Gavi stellenweise als Rechtsverteidiger
Doch auch im Spiel gegen den Ball tüftelte Sergi Barjuan an einem Plan, um die in der Anfangsphase gefährlich wirkenden Steckpässe durch Barças Abwehrzentrum zu verhindern. Der Interimstrainer zog bei gegnerischem Ballbesitz Oscar Mingueza ins Zentrum neben Eric Garcia und Clément Lenglet, um so Lücken zu schließen; Gavi ließ sich dadurch stellenweise fast bis auf die Rechtsverteidigerposition fallen. So verkürzte sich automatisch auch für Jordi Alba, der dadurch etwas höher stand, der Weg zum gegnerischen Tor bei Kontersituationen.
Doch statt nach dem Seitenwechsel an diese Herangehensweise anzuknüpfen, konzentrierte sich der FC Barcelona fast ausschließlich auf das Verteidigen der hohen Führung. Jedoch zu unentschlossen, zu halbherzig und zu fahrig. Celta nahm dies dankend an.
Barça in Halbzeit zwei teilnahmslos
Dass ein Team bei einer 3:0-Führung zur Pause im zweiten Durchgang nicht zwingend auf den vierten Treffer geht, erscheint nachvollziehbar. Nicht zu erklären ist aber, wie teilnahmslos Barça nach dem Pausengang wurde. In Halbzeit eins passte die Arbeitsaufteilung im Mittelfeld herausragend: Frenkie de Jong und Nico wirbelten um Busquets herum und marschierten pausenlos gen gegnerischem Sechzehner, um den Ball in die Gefahrenzone zu treiben.
Solche Läufe suchte man im zweiten Durchgang vergeblich. Zwar löste sich Barça am Anfang der zweiten Hälfte mehrmals aus dem hohen Pressing der Gastgeber, doch Konter kreierten de Jong und Co. nicht mehr. Vielmehr ging es darum, mit minimalem Aufwand den Ball vom eigenen Tor fernzuhalten.
Nachlässiges Barça wirkte überfordert
Für die Galicier glich diese Passivität der Katalanen einer Einladung, nun selbst das Spielgeschehen in die Hand zu nehmen. Im Mittelfeld zeigte sich das Team von Eduardo Coudet passsicher und geduldig, ohne dabei Tempo aus den eigenen Aktionen zu nehmen. Stattdessen konzentrierten sich die Celestes auf Seitenverlagerungen, die Löcher in die Abwehrkette Barças rissen. Der Defensivbund der Blaugrana wurde so überfallartig gesprengt, was sowohl beim 1:3 als auch beim Ausgleichstreffer im Gegentor mündete.
Neben der sichtlichen Überforderung schlichen sich ab der 45. Minute auch immer mehr Schlampigkeiten in das Aufbauspiel des FC Barcelona. Während die Defensivabteilung im ersten Durchgang noch auf klare Aktionen bedacht war, prägten Unsicherheiten sowie Stockfehler den zweiten Spielabschnitt. Sergio Busquets wird davon ein Lied singen können. Nach dem entscheidenden Patzer gegen Rayo Vallecano Ende Oktober und einem weiteren katastrophalen Fehler im Spielaufbau gegen Dynamo Kiew, zeigte er sich in der Entstehung des 2:3 erneut unaufmerksam und unentschlossen. Eine Situation, die in das Gesamtbild des desaströsen zweiten Durchgangs passt und eher unerfahrenen Youngsters in einer solchen Häufigkeit unterläuft.
La-Masia-Talente mit beeindruckender Willensleistung
Doch jene Jungspunde auf Seiten der Katalanen unterzogen sich am Samstagnachmittag erfolgreich den an sie gestellten Charaktertest. Gegen die teils ruppige Herangehensweise der Gastgeber wusste sich jeder junge La-Masia-Absolvent zu helfen. Ansu Fati ließ sich früh von einem wohl bewusst robusten Foul von Renato Tapia nicht aus dem Konzept bringen und fokussierte sich weiter auf sein Spiel. Dasselbe gilt für Alejandro Balde, auch wenn er nach seiner Einwechslung keine ertragreichen Impulse mehr setzen konnte. Gavi kämpfte sich regelrecht in die Partei hinein und klärte beispielsweise in der Anfangsphase per Flugkopfball im eigenen Strafraum.
Nico Gonzalez knüpfte bis zu seiner Auswechslung nahtlos an seine Leistungen der jüngsten Partien an und beackerte das ganze Feld. Im Spielaufbau trieb er den Ball des Öfteren bis ins letzte Drittel, wo er nicht selten zu Dribblings ansetzte und so einen großen Anteil an den Toren zum 2:0 und 3:0 besitzt. Doch auch gegen den Ball arbeitete der 19-Jährige unermüdlich und sprintete so auch Bällen nach, denen andere Profis aufgrund der aussichtslos erscheinenden Lage wohl kaum hinterhergerannt wären. Die intensive Spielweise spiegelte sich womöglich auch in den zahlreichen Muskelverletzungen wider. Doch die Youngster zeigten, welchen Einsatzwillen sie abrufen können. Eine Erkenntnis, die trotz des niederschmetternden Unentschiedens für immerhin etwas Optimismus sorgen kann.