Ousmane Dembélé als echter Flügelstürmer – und schon wird die Offensive des FC Barcelona belebt. Doch hinten hat Barça weiterhin mächtig Probleme, die Defensive bleibt wacklig. Die Brennpunkte zu Barças 4:0 gegen den FC Sevilla.
Die Defensive bleibt wackelig
Ein 4:0 liest sich erst einmal wie ein klares Ergebnis, doch spiegelt dieser Endstand die Partie in keinster Weise wieder. Defensiv hatte Barça mal wieder große Probleme. Dies wurde vor allem in der ersten halben Stunde beim Stand von 0:0 deutlich, als das Team von Ernesto Valverde sich über einen Rückstand nicht hätte beschweren dürfen.
Wie schon unter der Woche gegen Inter Mailand machte die Blaugrana bei schnellen Gegenangriffen keine gute Figur und wirkte immer wieder unsortiert. Dieses Problem legte sich immerhin mit der Zeit, da man mit der Führung im Rücken nicht mehr allzu weit aufrückte.
Was die Katalanen hingegen nicht in den Griff bekamen, war das Flügelspiel der Sevillanos, insbesondere über die rechte Seite. Sei es nun nach einem Seitenwechsel vom linken Flügel oder nach einer Verlagerung aus dem Zentrum – Jesús Navas und Lucas Ocampos konnten den Ball so gut wie immer in Ruhe annehmen und durften ein ums andere Mal flanken oder selbst den Abschluss suchen. Nelson Semedo agierte hier relativ passiv in den Zweikämpfen, bekam allerdings auch wenig Unterstützung von seinen Mitspielern.
Doch auch im Zentrum hatten die Gäste zu oft genügend Raum, um zum Abschluss zu kommen, meistens in Person von Luuk de Jong. Gerade Jean-Clair Todibo (Barçawelt Note: 5) fiel in diesen Situationen negativ auf, da er die Nähe zu seinem Gegenspieler vermissen ließ. Der FC Sevilla konnte aus der Vielzahl der sich ihm bietenden Gelegenheiten kein Kapital schlagen, wie der Expected-Goals-Wert (xG) zeigt, hätten die Andalusier das ein oder Tor machen müssen. Und so müssen Barça und damit Trainer Valverde hier dringend an einigen Stellschrauben drehen, denn für den nächsten Gegner mag dies nicht mehr gelten. Immerhin zeigte sich Valverde nach dem Spiel selbstkritisch und gestand ein, dass das Ergebnis nicht die ganze Wahrheit des Spiels erzählte und man noch viel Arbeit vor sich habe.
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FT: #FCBarcelona 4 (2.50 xG)#SevillaFC 0 (3.36 xG)How have Sevilla not scored in this match! Barca comfortable in the second half but only due to their clinical finishing.#BarcaSevilla shot map ? https://t.co/32aOcNlgCZ pic.twitter.com/l9IbgcOVpm
— Infogol (@InfogolApp) October 6, 2019
Rotation im Mittelfeld
Viele Möglichkeiten zur Rotation in der Abwehr hat Ernesto Valverde aufgrund der dünnen Personaldecke nicht, ganz anders als im Mittelfeld. Hier hat der 55-Jährige die Qual die Wahl – und dies nutzt er aus, indem er immer wieder andere Trios zusammen spielen lässt. Dieses Mal durften Frenkie de Jong, Arthur und Arturo Vidal ran.
De Jong nahm dabei die Rolle des Sechsers ein. Zu Beginn ließ er sich im Spielaufbau gerne zwischen Piqué und Todibo fallen und dirigierte von hier aus die Zuspiele. Wenn Sevilla dann einmal während des Aufbaus hoch presste, bildeten de Jong und Arthur eine Doppelsechs und boten sich als Anspielstationen für die Innenverteidiger an.
Vidal übernahm den offensivten Part der drei. Immer wieder war er im Zehnerraum hinter der Angriffsreihe zu finden, wich ab und an einmal etwas auf die rechte Seite raus oder stieß bis in den Strafraum vor, so wie beispielsweise bei seinem Torerfolg. In dieser Verfassung ist Vidal ein wichtiger Rollenspieler für Barça, wie der Chilene auch schon bei seinem guten Auftritt unter der Woche gegen Inter Mailand gezeigt hat. Er dürfte sich mit zwei guten Auftritten in Folge in der Mittelfeld-Hierarchie auf Rang vier hochgespielt haben, während Ivan Rakitic, seit Jahren eigentlich gesetzt, weiterhin schlechte Karten besitzt.
Barça braucht Dembélé
Nachdem Ousmane Dembélé nach mehreren Problemen im Oberschenkelmuskel zuletzt als Einwechselspieler Minuten sammelte, durfte er gegen den FC Sevilla anstelle seines Landmannes Antoine Griezmann auf links von Beginn an ran. Und der 22-Jährige gab dem FC Barcelona das, was seit der Verletzung von Ansu Fati fehlte: eine Gefahr ausgehend vom Flügel.
Er machte das Spiel breit, nutzte seine Geschwindigkeit, ging in Eins-gegen-Eins-Situationen und schaffte Platz für den aufrückenden Nelson Semedo. Wenngleich nicht jede von Dembélés Aktionen von Erfolg gekrönt war, so wurde doch deutlich, wie sehr Barça jemanden wie ihn braucht – einen echten Flügelstürmer.
Ohne ihn wäre das Spiel über die Außen wohl einmal mehr stiefmütterlich behandelt worden. Lionel Messi hielt sich wie gewohnt mehr im Zentrum auf, in der Nähe von Luis Suárez, Sergi Roberto schaltete sich so gut wie gar nicht ins Offensivspiel ein, und dass Griezmann dem Team vom Flügel aus (aktuell) nicht wirklich weiterhelfen kann, ist in den letzten Wochen bereits klar geworden.
Umso schmerzhafter ist es, dass Dembélé dem FC Barcelona nach seinem Platzverweis aller Voraussicht nach für mindestens zwei Spiele fehlen wird, was auch den Clásico gegen Real Madrid am 10. Spieltag beinhaltet. Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass Griezmann seinen Weg zurück in die Startelf finden wird. Überraschenderweise musste er die Partie gegen Sevilla 90 Minuten lang von der Bank aus verfolgen. Die Möglichkeit, ihn bei einem relativ komfortablen Vorsprung einzuwechseln und einmal eine neue Angriffsformation auszuprobieren, ließ Ernesto Valverde ungenutzt.