Der FC Barcelona gewann das erste Spiel unter dem neuen Trainer Quique Setién gegen den FC Granada. Ein asymetrisches 3-1-4-2-System im Spielaufbau sorgte für mehr Anspielstationen im Zentrum – gepaart mit einem aggressiven Pressing hatte Barça so über 80 Prozent Ballbesitz. Dass es trotzdem nur für ein 1:0 reichte, lag letztendlich an der fehlenden Präsenz und Kreativität im letzten Drittel. Die Brennpunkte zum Spiel.
Barças asymetrisches 3-1-4-2 im Ballbesitz
Viel wurde im Vorfeld darüber spekuliert, in welcher Grundordnung Quique Setièn den FC Barcelona in seinem ersten Spiel als Trainer auf den Platz schicken wird. Bleibt er beim 4-3-3 oder lässt der neue Übungsleiter seine Mannen in seiner favorisierten Dreierkette auflaufen? Die Antwort auf diese Frage ist ebenso simpel wie ungewöhnlich: Setién ließ seine Mannschaft in beiden Systemen agieren.
Gegen den Ball agierte Barça in der gewöhnlichen 4-3-3-Grundordnung. Interessant wurde das System vor allem dann, wenn die Katalanen das Spiel eröffneten. Mehr oder weniger wurde dann aus dem 4-3-3 blitzschnell ein leicht asymetrisches 3-1-4-2 (oder gar 3-4-3). Dabei schob Jordi Alba direkt hoch und agierte eher als linker Mittelfeldspieler, denn als linker Verteidiger. Sein Gegenpart Sergi Roberto hingegen orientierte sich als eine Art Halbraumverteidiger nach hinten und bildete im Spiel mit dem Ball gemeinsam mit Samuel Umtiti und Gerard Piqué eine Dreierkette.
Barça playing a crooked 3-4-3 in possession:
Sergi Roberto playing as RCB, Alba pushing forward and staying high as Left Midfielder, Ansu Fati playing Right Winger, Messi as 9, Griezy on his left. pic.twitter.com/WVWXMbsFcM
— Alex Truica (@AlexTruica) January 19, 2020
Somit wurde der linke Flügel alleine von Alba beackert, während der rechte Flügel von Ansu Fati besetzt wurde. Dabei positionierte sich Fati etwas höher als Alba, wodurch im System eine leichte Asymetrie entstand. An vorderster Front bildete Lionel Messi gemeinsam mit Antoine Griezmann eine flexible Doppelspitze.
Immer wieder ließ sich einer der beiden (oder sogar beide) in die Halbräume oder gar ins Mittelfeld fallen, um an der Ballzirkulation teilzunehmen und Angriffe zu initiieren. Insbesondere dadurch, aber auch durch die nur einfache Besetzung der beiden Flügel, hatten die Katalanen in der Zentrale eine enorme Überzahl und durchweg Anspielstationen – was in einem Ballbesitz von über 80 Prozent mündete.
Pressing und Gegenpressing
Obwohl der FC Barcelona gegen den Ball in eine ähnliche Grundordung wie unter Ernesto Valverde spielte, konnte man auch im Pressing gegen den FC Granada sofort die Handschrift Setiéns erkennen. Nahezu über die gesamten 90 Minuten wurde der FC Granada gepresst – und zwar unabhängig davon, wo sich der Ball befand. Einige Male wurde sogar der Torhüter der Gäste von mehreren Spielern der Blaugrana aggressiv angelaufen – beispielhaft dafür der Ausflug Sergio Busquets in Halbzeit eins, der über das gesamte Spielfeld gallopierte und eben so den Gäste-Keeper zu einem langen (Fehl-)Pass zwang.
Erfolgreich wurde das Pressing und das Gegenpressing insbesondere durch in mutiges Vorwärtsverteidigen. Nach Ballverlust übten sofort die drei Stürmer Druck auf den ballführenden Spieler aus und das gesamte Team rückte schnell hinterher. Insbesondere Vidal und Rakitic, teilweise auch Sergio Busquets unterstützen dann die Stürmer schnellstmöglich und pressten auf maximal möglicher Höhe.
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Und auch die Vierer- bzw. Dreierkette nahm in diesem Pressing eine wichtige Rolle ein. Damit der FC Granada das Pressing nicht durch lange Bälle in die Tiefe überspielen konnte, musste auch die hintere Reihe mutig nach vorne schieben und sehr hoch agieren. Insbesondere Umtiti zeigte hier seine Qualitäten im Vorwärtsverteidigen und konnte einige Angriffe schon in Keim auf Höhe der Mittellinie und teilweise in der gegnerischen Hälfte ersticken.
Spannend dürfte sein, ob der Neu-Coach Barças seine Mannschaft auch gegen qualitativ bessere Teams mit einer ähnlich forschen Marschroute auf den Platz schickt. Denn selbst der FC Granada konnte dieses Pressing überspielen, wenn auch nur wenige Mal. Und dann gibt es sehr größe Räume vor und hinter der katalanischen Verteidigungsreihe, woraus auch der Gast die ein oder andere gefährliche Aktion kreieren konnte. Bei Teams mit höherer Offensivqualität – insbesondere einem Stürmer, der Bälle gut festmachen kann sowie schnellen Außenspielern – kann dieses Pressing durchaus auch ein Risiko sein.
Fehlende Präsenz im letzten Drittel
Dass das Spiel trotz 83 Prozent Ballbesitz und über 20 Minuten in Überzahl dennoch nur 1:0 ausging, lag hauptsächlich an der fehlenden Kreativität und Präsenz im letzten Drittel. Insbesondere zwei Spielertypen hätten dem FC Barcelona an diesem Abend einen großen Mehrwert bieten können: Ein attackierender Mittelfeldakteur und eine echte Nummer Neun.
Doch eins nach dem anderen: Auch wenn Busquets auf der Sechs ein tolles Spiel machte, ging dem Mittelfeld insgesamt einiges an Kreativität ab. Für diese sorgte mal wieder fast ausschließlich Messi, wenn dieser sich fallen ließ. Die beiden Achter (Vidal und Rakitic) konnten dabei abgesehen von Vidals genialer Torvorlage kaum gefährliche Aktionen initiieren. In diesem Spiel wäre ein Achter, der mit dem Ball andribbelt, auch mal das eins gegen eins sucht und damit mehrere Spieler auf sich zieht Gold wert gewesen.
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Wie dies ungefähr aussehen könnte zeigte Riqui Puig nach seiner Einwechselung. Der junge Katalane ist genau dieser Typ Spieler, der mit dem Ball nach vorne geht und Räume überbrückt. Folgerichtig legte er auch noch eine Großchance für Griezmann auf. Nachdem Frenkie de Jong seine Sperre abgesessen hat und Arthur sein Comeback gegeben hat, verfügt Setién in den nächsten Wochen durchaus über das notwendige Spielermaterial, um sein System in der Offensive zu verfeinern – auch wenn dem Mittelfeld weiterhin Torgefährlichkeit abgeht.
Auch den zweiten Spieler, der gegen das tiefstehende Granada wichtig gewesen wäre, findet man im Barça-Kader – allerdings wird er in dieser Saison wenns ganz schlecht läuft gar nicht mehr auf dem Platz stehen: Luis Suárez. Als echte Neun hätte der Uruguayer in diesem Spiel ein Herausrücken der gegnerischen Innenverteidiger unmöglich gemacht, wodurch noch mehr Räume im Zehnerraum entstanden wären.
Darüber hinaus wäre eine robuster Mittelstürmer als tiefe Anspielstation wertvoll gewesen – beispielsweise hätte Suárez als Wandspieler agieren können. Wenn Messi gegen den FC Granada andribbelte, konnte er meist nur den Flügel bespielen – das Zentrum vor ihm war nur in den seltensten Fällen besetzt. Wie gefährlich es wird, wenn das Zentrum vor dem sechsmaligen Weltfußballer besetzt ist und er dieses bespielt, zeigte das goldene Tor zum 1:0.
Ein weiterer Punkt, wo den Katalanen eine echte Nummer Neun geholfen hätte, ist bei der Verwertung von den Hereingaben. Mehrere gefährliche Flanken wurden vor das Tor des FC Granada geschlagen, ohne allerdings Profit daraus schlagen zu können.