Der FC Barcelona wusste beim 4:1-Erfolg über Huesca die defensiven Schwachstellen des Gegners ausfindig zu machen und postwendend zu bestrafen. Vor allem das Selbstbewusstsein der Mannschaft imponierte am Montagabend. Die Brennpunkte zum Pflichtsieg gegen Huesca.
Huescas defensive Grundordnung hindert Barça nicht am Spielfluss
Dass es sich bei der SD Huesca um eine äußerst tief stehende Mannschaft handelt, musste der FC Barcelona schon Anfang Januar im Estadio El Alcoraz feststellen. Dementsprechend verwunderte es kaum, dass Los Oscenses auch im Camp Nou mit einer eher destruktiven Herangehensweise in das Spiel gingen. Darauf eingestellt, setzte Ronald Koeman wieder auf eine Dreierkette mit Frenkie de Jong als Abwehrchef, um so mehr offensive Unterstützung durch die Außenverteidiger zu erlangen. Während Sergiño Dest am Montagabend weitestgehend blass blieb (Barçawelt-Punkte: 5), konnte Jordi Alba wieder einmal von dieser taktischen Ausrichtung profitieren.
Um die defensive Grundordnung der Gäste ins Wackeln zu bringen, zog der spielfreudige Linksverteidiger mehrmals Passstafetten mit den Offensivkräften rund um Lionel Messi auf, wodurch sich in der Hintermannschaft Huescas Lücken ergaben, die postwendend von einem der beiden Routiniers belaufen wurden. So auch in der 33. Minute bei Albas Lattenkracher, als der 31-Jährige den kleinen Raum, der sich durch das Verschieben der Abwehrkette ergab, sofort erkannte.
Auch im Spielaufbau schaffte es Barça, den Spielfluss aufrecht zu erhalten, indem der Ball stets in Bewegung war; vor allem Lionel Messi sorgte entweder mit dem Ball am Fuß für Tempowechsel oder gar ohne Ball am Fuß, indem der Argentinier zu Läufen hinter die Kette ansetzte, um so die Aufmerksamkeit der Verteidiger Huescas auf sich zu ziehen und einen Steilpass entgegenzunehmen, wodurch das Spiel umgehend in das letzte Drittel verlagert werden konnte.
Mit 125 Ballkontakten agierte La Pulga abermals als Taktgeber der Blaugrana. Was in dieser Saison gegen defensiv eingestellte Gegner (gerade in der Hinrunde) nicht immer funktionierte, klappte gegen das Schlusslicht der Liga hervorragend. Dabei suchten die Katalanen stets die Vertikalität in ihrem Spiel, anstatt sich sinnlos den Ball in der Abwehrreihe hin- und herzuschieben.
Durch die zielgerichtete Ausrichtung der Mannschaft Ronald Koemans zog es auch Clement Lenglet und Oscar Mingueza als Innenverteidiger häufig bis in das letzte Drittel; die Heatmaps der beiden gleichen denen von Außenverteidigern. Dadurch stellte man das Bollwerk Huescas vor weitere Probleme. Auch weil die Gäste gerade im ersten Durchgang den Fokus auf die Verteidigung des Raumes legten.
Barça nutzt die Raumdeckung und Passivität Huescas aus
Das Team von Trainer Pacheta zeichnete sein Spiel in Halbzeit eins vor allem durch das Verschieben der Ketten aus. Dabei sollte mit einem kollektiven Gefüge auf dem Platz der Raum gedeckt werden, um Eins-gegen-Eins-Duelle gegen individuell stärkere Barça-Akteure zu vermeiden.
Doch die Spieler der Blaugrana wussten auch dagegen anzukommen. In der 13. Minute entschied sich Huescas Kapitän Jorge Pulido, Messi in der eigenen Strafraumnähe zu attackieren, doch La Pulga ließ den 29-Jährigen mit einem Kontakt ins Leere laufen, bevor er ohne weiteren Gegnerdruck sehenswert das 1:0 im Jubiläumsspiel markierte. Dimitrios Siovas stellte zwar den Weg zum eigenen Tor gut zu – deckte damit den Raum ab – verzichtete dabei aber darauf, Messi unter Druck zu setzen, der ohne Bedrängnis eben die kleinste Lücke ausfindig machen und nutzen kann.
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Auch bei der Erzielung des Treffers zum 2:0 agierte die Hintermannschaft der Gäste extrem passiv. Alle Männer in weiß sind nur darauf bedacht, Passwege und den Weg zum Tor zuzustellen, niemand kommt dabei auf die Idee, Griezmann überhaupt anzugreifen. Der Franzose war wohl selbst ein wenig davon überrascht, dass er seine Schusstechnik so unbedrängt unter Beweis stellen und auf die Kritik Hristo Stoichkovs antworten konnte.
Doch auch unmittelbar vor diesem Tor offenbarten die Katalanen die Schwachstellen der Ausrichtung Huescas. Rafa Mir übte blitzartig Druck auf Frenkie de Jong aus, der den Ball sofort an Oscar Mingueza weiterleiten konnte. Die Mittelfeldspieler hinter Rafa Mir rückten nicht rechtzeitig auf und befanden sich so zu dritt irgendwo im Nirgendwo. Pedri zog postwendend alle drei Spieler auf sich, doch auch hier dienten sie nur als Begleitschutz. Nutznießer dieses Defensivverhaltens war schlussendlich ein völlig alleinstehender Antoine Griezmann.
Auch nach dem 0:2 kamen die weiterhin äußerst defensiv stehenden Oscenses kaum in die Zweikämpfe hinein, Innenverteidiger de Jong wurde auf dem Weg zu seinem Lattenschuss in der 42. Spielminute überhaupt nicht aufgenommen, seine Gegenspieler dienten hier nicht einmal als Begleitschutz, dabei erzielte eben jener de Jong schon im Hinspiel in Aragonien den spielentscheidenden Treffer nach solch einem Lauf in des Gegners Strafraum hinein.
Nach dem Seitenwechsel wurden die Gäste zwar griffiger in den Zweikämpfen in den Mittelfeldregionen, so wurden die wendigen Spieler Barças wie Messi, Pedri und auch die eingewechselten Ilaix Moriba und Riqui Puig intensiver angegangen; sobald das Spielgerät in der Nähe des eigenen Strafraums war, mussten sich die Akteure der Blaugrana jedoch nicht mehr auf besondere Zweikampfhärte einstellen.
Mingueza konnte nach 53 Minuten mit reichlich Sicherheitsabstand zum 3:1 einköpfen und auch Messi durfte vor dem Treffer zum 4:1-Endstand in aller Ruhe sein zweites Traumtor des Abends so platzieren, wie er es wollte. Huescas Raumdeckung und Zweikampfpassivität wurde so von selbstbewussten Katalanen eiskalt bestraft.
Barça zeigt sich unbeeindruckt vom Champions-League-Aus
Trotz des Ausscheidens in der Champions League gegen Paris Saint-Germain zeigte sich die Mannschaft Koemans weiter selbstbewusst und kaum niedergeschlagen. Stattdessen knüpften die Spieler da an, wo sie gegen PSG im Rückspiel aufgehört hatten.
Als Einheit zelebrierte man ein vertikales Spiel mit Spielfluss und Spielwitz. Alba auf links wirbeln zu sehen begeisterte ebenso wie Busquets, der mit dem Ball als sicheres Bindeglied agierte, gegen den Ball aber genauso ins Pressing ging und auch noch in der 90. Minute mit hohem Tempo den Platz rauf und runter marschierte oder Griezmann, der sich auch von einer für ihn eher undankbaren Ausrichtung des Gegners nicht beirren ließ, sondern sich am eigenen Strafraum die Bälle abholte und im Mittelfeld mit schnellen Pässen Löcher in die Ketten der Gäste riss.
Einige Spieler strotzten nur so vor Selbstbewusstsein und so setzte auch der zuletzt so gescholtene Clement Lenglet zu mutigen Offensivvorstößen an. Auch wenn die Spielweise einiger Barça-Akteure sich manchmal als zu überheblich herausstellte, wie es bei Francisco Trincãos erfolglosen Dribbling am eigenen Strafraum in der Schlussphase der Fall war, zeigte man sich gegen einen zu großen Teilen destruktiv spielenden Gegner enorm spielfreudig.
Nur Ousmane Dembélé schien das Scheitern in der Königsklasse nachträglich spielerisch noch etwas beeinflusst zu haben. Vor allem seine vergebenen Chancen im Rückspiel sind dem 23-Jährigen wohl noch im Hinterkopf geblieben, so wählte er in eigentlich für einen Schuss aussichtsreichen Positionen lieber das Zuspiel zu einem schlechter positionierten Mitspieler; es machte fast den Anschein, als ob sich der junge Franzose nicht wirklich trauen würde, den Abschluss zu suchen. Insgesamt war Dembélé beim lockeren 4:1 der blasseste Spieler der Blaugrana (Barçawelt-Punkte: 3), auch wenn man konstatieren muss, dass es für einen Mittelstürmer – noch dazu einen, der diese Position neu einübt – sehr schwer gegen ein tief stehendes Abwehrbollwerk ist.
Nichtsdestotrotz war dies offensiv ein in großen Teilen erfreulicher Auftritt einer wiedererstarkten Mannschaft, die nun mit vier Punkten Rückstand auf Atlético Madrid und konstant überzeugenden Leistungen auf nationaler Ebene für Spannung im Titelkampf sorgen kann. Das hat auch das Spiel gegen die SD Huesca gezeigt.