Mit dem Athletic Club aus Bilbao kommt am Dienstag ein unbequemer Gegner ins Camp Nou – die Basken haben sogar eine erstaunliche Serie gegen den FC Barcelona. Spannend wird zu sehen sein, welche Offensivspieler Quique Setién aufstellt.
Nach Sevilla ist vor Bilbao. Die Leistung des FC Barcelona gegen die Sevillistas war erneut offensiv ohne jeglichen Esprit, wie schon zuvor der Auftritt gegen Leganés. Hatte es gegen Los Pepineros aber noch zu einem glanzlosen 2:0-Sieg gereicht, kamen die Katalanen diesmal nicht über ein 0:0 heraus.
Chefcoach Quique Setién, der schon gegen Leganés die „fehlende Klarheit und Feinheit am Ball“ kritisiert hatte, erneuerte nach der Nullnummer gegen den Tabellendritten seine Kritik: “Wir sollten in der Lage sein, mehr Lösungen zu finden, auch wenn der Gegner tief steht. Das Problem hatten wir schon gegen Leganés.“ Auf der Pressekonferenz vor dem Duell mit den Basken sprach Setién dann von “fußballerischen Problemen”, die Barça habe.
Setién muss sich aber auch durchaus Kritik an seinem Coaching gegen Sevilla gefallen lassen. Im Anschluss an das Spiel war vor allem die Frage laut geworden, warum Ansu Fati nicht zum Einsatz kam. “Wir haben darüber nachgedacht, Ansu Fati zu bringen. Wer weiß, vielleicht wäre es dann anders gelaufen, aber Entscheidungen müssen getroffen werden. Sevilla ist ein komplizierter Gegner und wir mussten auch an die Absicherung denken”, antwortete der Trainer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Fakt ist, dass weder Antoine Griezmann noch Martin Braithwaite einen guten Auftritt ablieferten und Barça über den Flügel keine Gefahr ausstrahlte. Beide trauten sich so gut wie nie in Eins-gegen-Eins-Situationen, sorgten vielmehr für Stillstand, langsames Tempo und fehlende Vertikalität. Es ist daher zu erwarten, dass Setién gegen Los Leones die Rotationsmaschine anwerfen wird. Braithwaite könnte nach seiner ungenügenden Vorstellung auf die Bank rutschen. Vielleicht sitzt er dort dann ja neben Griezmann, der nach seiner Einwechslung auch keine Eigenwerbung betreiben konnte. Ein Startelf-Einsatz Ansu Fatis könnte also gut möglich sein.
Barça in neuer Rolle
Ansonsten dürfte sich das Gesicht der Startelf nicht großartig verändern. Nélson Semedo wird wieder rechts hinten beginnen, da Sergi Roberto immer noch verletzt fehlt. Zudem war der Portugiese gegen Sevilla noch einer der Besten. Des Weiteren kehrt Samuel Umtiti nach seiner Gelbsperre zurück und erweitert Setiéns Optionen in der Innenverteidigung. Von Beginn an spielen dürfte der französische Weltmeister jedoch nicht, da Piqué und Clément Lenglet einen deutlichen Leistungsvorsprung haben.
Mit Frenkie de Jong muss Quique Setién allerdings auf einen seiner wichtigsten Spieler verzichten. Der Niederländer, bei dem bislang lediglich von einer Überlastung der rechten Wade ausgegangen war, laboriert an einer Muskelverletzung des Schollenmuskels in der rechten Wade. Er wird dem Team auf unbestimmte Zeit nicht zur Verfügung stehen. Das Mittelfeld stellt sich somit fast von selbst auf, es ist zu erwarten, dass neben Busquets wieder Arthur oder Ivan Rakitic starten. Einer der beiden dürfte auf die Bank rotieren, und durch Vidal ersetzt werden, der mit seiner kämpferischen Komponente ein frisches Element in das zuletzt biedere Barça-Spiel bringen kann. Und Barcelona hat solche frischen Elemente bitter nötig.
Denn mit diesem Spieltag hat sich auch die Konstellation für den FC Barcelona geändert. Durch den 2:1-Sieg Real Madrids am späten Montagabend sind die Katalanen nun nur noch Tabellenzweiter, müssen nun auf Patzer vom Erzrivalen aus der Hauptstadt hoffen. Die Drucksituation ist also nur noch größer geworden für die Blaugrana. Und angesichts der kommenden Aufgaben und der momentanen Leistung dürften die Sorgenfalten bei vielen Culés in diesen Tagen besonders tief sein.
Barças Angstgegner in dieser Saison
Nach dem 0:0 gegen Sevilla und der erneut dürftigen und ideenlosen Vorstellung kommt die Partie gegen Bilbao für die Blaugrana zur Unzeit. Nicht nur, dass der Klub aus dem Baskenland seit 5 Spielen ungeschlagen ist, er ist in dieser Saison auch so etwas wie der Angstgegner der Katalanen. Barcelona hat seit vier Spielen nicht mehr gegen die baskischen Löwen gewonnen und in den letzten drei Partien nicht einmal ein Tor erzielen können.
Sowohl die Partie in der Liga im August als auch das Pokal-Viertelfinale im Februar gingen jeweils 0:1 verloren. Auffallend hierbei: Barcelona blieb in beiden Spielen ohne eigenen Treffer und musste die entscheidenden Gegentreffer immer in dem letzten Minuten schlucken.
Im Viertelfinale war es ein unglückliches Eigentor von Sergio Busquets in der 93. Minute, im Ligaspiel brach Aritz Aduriz mit einem artistischen Seitfallzieher nach 89 Zeigerumdrehungen den Katalanen das Genick. Für den 39-Jährigen war es übrigens der einzige Saisontreffer. Sein 172. und letztes Tor war rückblickend vermutlich eines seiner schönsten überhaupt.
Beim kommenden Spiel wird er seinem Athletic Club allerdings nicht helfen können: Aduriz beendete im Mai verletzungsbedingt seine Karriere. Der drittbeste LaLiga-Torschütze Bilbaos sagte zu seinem Karriereende: „Leider hat mein Körper ‚genug‘ gesagt. Ich kann meinen Kollegen so nicht helfen, wie ich möchte und sie es verdienen.“ Zu Aduriz‘ größten Erfolgen zählen der Gewinn des spanischen Supercups in der Saison 2015/16 und die zweimalige Krönung zum Torschützenkönig der Europa League in den Spielzeiten 2015/16 und 2017/18.
Athletic Bilbaos moralischer Schub
Für seinen Klub ein herber Verlust im Kampf um die Europa-League-Plätze. Zwar stehen die Basken momentan nur auf Platz 9 der Tabelle, der Sechstplatzierte ist allerdings nur fünf Punkte entfernt. Bei noch 24 zu vergebenen Punkten ist die erfolgreiche Qualifikation für Europa also noch in Reichweite. Das sieht auch Bilbaos Trainer Gaizka Garitano so, im Anschluss an den 1:0-Sieg gegen Betis sagte er: „Wir wissen, dass es schwierig wird, und die Herausforderung groß ist, aber wir akzeptieren sie.“
Torschütze Iñigo Martinez erklärte mit Blick auf die Partie in Barcelona: „Dieser Sieg wird uns einen Schub geben vor dem Besuch des Camp Nou.“ Genauso sieht es auch Mitspieler Iñigo Córdoba: „Zu gewinnen, bevor wir ins Camp Nou fahren, gibt uns viel Moral für das schwere Spiel.“
Ein Vorteil im Kampf um die Europa League könnte die Erfahrung des Kaders sein. Mit einem Durchschnittsalter von 27,36 ist die Mannschaft circa drei Jahre älter als die von Real Sociedad. Gerade im Saisonendspurt könnte das zu einem Vorteil für die Mannen aus dem Baskenland werden.
Hoffen müssen sie dabei auf die Tore von Raul Garcia, dem mit zehn Treffern erfolgreichsten Torschützen diese Saison und Iñaki Williams. Williams stellt mit seiner Kombination aus Physis und Schnelligkeit jede Abwehr vor große Probleme. Sein Spiel ist allerdings hauptsächlich auf seinen rechten Fuß limitiert, mit seinem linken Fuß ist er deutlich schwächer. Das macht ihn und sein Spiel leichter ausrechenbar und somit auch einfacher zu verteidigen. Sieben Scorerpunkte in 29 Einsatzen, mit denen er an 21 Prozent aller Tore der Leones beteiligt war, zeigen zudem, dass er vor dem Tor noch etwas ruhiger und abgezockter werden muss.
Nichtsdestotrotz muss ihn die Abwehr Barças im Auge behalten, denn gerade bei den oftmals mitaufgerückten Außenverteidigern könnte es im schlimmsten Fall zu einem Sprintduell zwischen Williams und den Innenverteidigern der Blaugrana kommen, bei denen der 26-Jährige Mittelstürmer deutlich im Vorteil wäre.