Die Meisterschaft? Futsch. Die Stimmung? Schlecht. Für den FC Barcelona geht es im abschließenden Ligaspiel bei Deportivo Alavés um nichts mehr – und doch um sehr viel, denn eine abermals schwache Leistung, und Quique Setién dürfte endgültig um seinen Job bangen. Unsere Vorschau zum letzten Saisonspiel.
Nach dem enttäuschenden 1:2 gegen Osasuna und der damit verbundenen verlorenen Meisterschaft sitzt der Frust in Barcelona tief. Gegen Deportivo Alavés sollten sich die Katalanen trotzdem gebührend aus der Liga-Saison verabschieden – und seinen Trainer aus der Schusslinie nehmen.
Das 38. Ligaspiel könnte gleichzeitig auch das finale Spiel für Trainer Quique Setién sein. Auf die Frage nach dem Osasuna-Spiel, ob er in der Champions League gegen den SSC Neapel noch auf der Trainerbank sitzen werde, antwortete er: „Ich hoffe es, aber ich weiß es nicht.“
Ein abermals schlechtes Spiel samt Punktverlust oder gar Niederlage bei Alavés, und die Stimmung im Lager der Blaugrana dürfte noch schlechter werden – wodurch es für Setién endgültig eng werden könnte. Setiéns Team muss also eine Reaktion zeigen – auch für die Zukunft des Coaches.
Arthur nicht im Kader – Piqué fehlt gesperrt
Bei diesem Unterfangen werden zahlreiche Spieler nicht mitwirken können. So steht Juventus-Abgang Arthur erneut nicht im Kader – schon in Valladolid hatte er aufgrund einer Mandelentzündung gefehlt. Somit wird der Brasilianer kein Abschiedsspiel in La Liga bekommen. Ob die Nicht-Berücksichtigung mit seinem Verhalten auf der Tribüne gegen Osasuna zu tun hat, ist unklar. Setién gab sich auf der Pressekonferenz angesprochen auf die Personalie Arthur schmallippig und doppeldeutig.
Neben Arthur fehlen auch die Stammspieler Gerard Piqué und Ivan Rakitic sowie Junior Firpo – alle drei sitzen eine Gelbsperre ab. Piqué hatte sich gegen Osasuna seine 15. Gelbe Karte abgeholt, Rakitic und Firpo jeweils die fünfte.
Es wird interessant zu sehen sein, für welche Formation sich Barças Trainer entscheidet. Sollte Setién wieder Ansu Fati das Vertrauen schenken, dürfte Barça im typischen 4-3-3 auflaufen. Bleibt die Frage, wer dann den Stoßstürmer gibt. Luis Suárez ist seit einigen Spielen ein Totalausfall und auch Martin Braithwaite wirkte in den meisten seiner Auftritte für die Blaugrana bis jetzt eher glücklos. Für einen kleinen Überraschungseffekt könnte Setién sorgen, wenn er beide von Beginn an spielen lässt. In diesem Fall wäre ein Systemwechsel hin zum 4-1-2-1-2 wahrscheinlich, da Braithwaite trotz seiner Schnelligkeit kein klassischer Flügelstürmer á la Ansu Fati ist.
Da es in diesem Spiel für die Blaugrana um nichts mehr geht, ist es möglich, dass Setién die Rotationsmaschine anwirft und einige Reservisten wie beispielsweise Ersatztorhüter Neto zu Einsatzminuten kommen. Allerdings werden – Fati, Riqui Puig, Ronald Araujo und Arnau Tenas ausgenommen – keine weiteren Youngster aus der B-Mannschaft auflaufen können, denn am Sonntagabend beginnen ebenfalls die Playoffs um den Aufstieg in die zweite Liga, wo Barça B zunächst auf die zweite Mannschaft von Real Valladolid trifft.
Barça unter Setién: Ideen- und kreativlos
Einige frische Impulse könnten der Mannschaft durchaus helfen, denn eine gewisse Unbekümmertheit ging dem Spiel des FC Barcelona in den letzten Wochen komplett ab. Zu oft waren es Einzelaktionen, die der Blaugrana die Punkte retteten, oder die Mannschaft überhaupt im Spiel hielten.
Bezeichnend dafür war auch das Spiel gegen Osasuna: Das einzige Tor von Barça war ein verwandelter Freistoß von Lionel Messi. Aus dem Spiel heraus ging wieder einmal erstaunlich wenig. Bis auf das 4:1 gegen Villarreal war kein Auftritt der Katalanen nach der Corona-Pause wirklich überzeugend. Immerhin Youngster Riqui Puig brachte zuletzt frischen Wind in eine arg müde und matte Mannschaft. Er bringt Engagement und Tempo in das Spiel der Mannschaft und hat sich in der erweiterten Startelf festgespielt.
Tempo dürfte auch gegen Alavés ein Thema sein, denn die Basken spielen bevorzugt in einem 4-4-2. Gegen Teams wie den FC Barcelona dürften sich die zwei Viererketten vor dem eigenen Strafraum formieren. Das machen zwar die meisten Gegner Barças, allerdings fand die Blaugrana in den letzten Wochen kaum Mittel gegen tief stehende Mannschaften. Dieses Problem war bei einem Großteil der Spiele nach der Corona-Pause zu sehen. Für die Babazorros gab es vermutlich selten eine so gute Chance wie momentan, um gegen die Blaugrana Punkte mitzunehmen.
Spielt Vidal gegen seinen Ex-Klub?
Trotz der Kreativitätskrise, in der sich Barça befindet, dürfte Alavés von Beginn an der Blaugrana den Ball überlassen, um dann über Konter zum Erfolg zu kommen. Das Spielermaterial für die schnellen Tempogegenstöße haben die Babazorros auf jeden Fall, beispielsweise Aleix Vidal. Bevor ihn eine Knieprellung in den meisten Spielen nach der Corona-Pause außer Gefecht setzte, war der Ex-Barça-Spieler in der Startelf von Alavés gesetzt. Mit sieben Scorerpunkten spielt er auch eine ordentliche Saison, allerdings sind zwei Tore für einen Spieler, der hauptsächlich als Rechtsaußen spielt, eine doch eher magere Ausbeute.
Mit fünf Torvorlagen ist er zudem der beste Vorbereiter des Tabellen-15. Es bleibt abzuwarten, ob Interimstrainer Juan Ramon Ruiz, der das Amt erst am 6. Juli übernahm und Alavés vor dem Abstieg rettete, ihn nach dieser längeren Verletzungspause bereits wieder in die Startelf beordert. Gegen Real Betis durfte er immerhin zehn Minuten mitwirken, eins steht aber allemal fest: Wenn Vidal spielt, ist er mit seinem Tempo und seinen Hereingaben eine ernstzunehmende Gefahr für die Hintermannschaft der Blaugrana. Mit Joselu und Lucas Pérez hat Vidal im Sturmzentrum zwei Abnehmer, die wissen, wo das Tor steht.
Abhängigkeit von Pérez und Joselu
Aber Vidal ist nicht der einzige namhafte Spieler in der Offensive der Basken. Es tummeln sich hier auch einige alte Bekannte aus der Bundesliga. Oliver Burke etwa, der nach einem glücklosen Intermezzo bei RB Leipzig und anschließenden Stationen bei West Bromwich Albion und Celtic Glasgow bei den Babazorros zwischen Startelf und Ersatzbank pendelt. Mit bislang drei Scorerpunkten in 30 Einsätzen fällt seine Ausbeute allerdings sehr dürftig aus.
Weitaus erfolgreicher als der Schotte ist Joselu, der zweite Ex-Bundesliga-Spieler. Vor der Saison für von Newcastle United verpflichtet, ist der Ex-Hannoveraner ein wichtiger Faktor im Angriffsspiel der Basken. 14 Torbeteiligungen (elf Tore und drei Vorlagen) in 35 Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Beim 2:1-Sieg gegen Real Betis am vergangenen Spieltag markierte er das vorentscheidende 2:0.
Zusammen mit Lucas Perez, der vor der Saison von West Ham United kam, bildet er die Lebensversicherung für den Klub aus dem Baskenland. 22 von 34 Toren gehen auf das Konto des spanischen Angriffsduos, das sind 65 Prozent aller erzielten Tore. Für Barça heißt das: Die beiden Spitzen so gut wie möglich aus dem Spiel nehmen. Denn wenn Joselu und Pérez abgemeldet sind, tun sich die Basken sehr schwer mit dem Tore schießen. Zum Vergleich: Der nach Pérez und Joselu erfolgreichste Schütze ist Ex-Barça-Akteur Aleix Vidal mit zwei erzielten Saisontoren.
Auch wenn es das letzte Saisonspiel ist: Der FC Barcelona sollte seinen Fans einen versöhnlichen Abschluss der Liga bereiten – und endlich besser, schneller und kreativer Fußball spielen. Sonst wird die Stimmung beim FC Barcelona noch um einiges schlechter werden, wodurch besonders für Trainer Setién noch mehr unruhige Tage anbrechen dürfen. Eine erneute Niederlage, und Setiéns Job ist endgültig in Gefahr.