Bildquelle: fcbarcelona.com
Die Pressekonferenz mit Andoni Zubizaretta und dem neuen Trainer Tito Vilanova am heutigen Tag hat sehr interessante Einblicke in die Planungen des FC Barcelona gewährt. Insbesondere Letzterer konnte mit einem bestimmten Statement Aufsehen erregen und gab damit die Richtung für die neue Saison vor: “Wir haben es die letzten Jahre weiterentwickelt und reifen lassen. Ich denke, wir sind jetzt in der Lage, das System auch während des Spiels zu wechseln.”
Tito Vilanova keine Guardiola-Kopie
Es handelt sich hierbei um sehr bedeutungsschwangere Worte, bei denen es in jedem Fall lohnt, sie genauer zu beleuchten. Denn während von vornherein klar war, dass Tito Vilanova im Rahmen der Pressekonferenz seine Spieler überschwänglich loben und ihre Qualitäten anpreisen würde, konnte man solch eine Aussage von ihm nicht unbedingt erwarten. Sie zeigt seine Bereitschaft und seinen Anspruch, das Spiel des FC Barcelona zu evolutionieren, ohne einen Stilbruch zu begehen. Diese Aussage beweist, dass Vilanova nicht lediglich eine Kopie von Pep Guardiola sein will, sondern ein Trainer, der seine Visionen durchsetzt und der bereits während der Assistenzzeit ein integraler Bestandteil bei den taktischen Erwägungen von Pep Guardiola war.
Typisierung der Systeme
Was hat es also mit der Äußerung auf sich, wonach die Mannschaft in der nächsten Saison in der Lage sein werde, das System auch während eines Spiels zu wechseln. Zunächst sollten wir kategorisieren, welche Systeme der FC Barcelona in der vergangenen Saison bemüht hat. Das Standardsystem des FC Barcelona ist selbstredend das 4-3-3. Daraus abgeleitet wurde das 3-4-3, das im letztjährigen Saisonhinspiel gegen den FC Valencia zum Einsatz kam. Im Klub WM-Finale verzichtete Guardiola auf echte Stürmer und trat gar mit einem 4-6-0 an. Gegen Ende der Saison sah man seine Mannschaft zuweilen auch in einem 3-3-4 herumwirbeln.
Entscheidend ist die Aufgabenerfüllung
Wichtig ist nun zu wissen, dass die Systemwahl an sich noch nichts über den Erfolg oder Misserfolg einer Mannschaft aussagt. Dies ist gleichbedeutend damit, dass der FC Barcelona allein über die Vielfalt der anwendungsfähigen Systeme nicht zum Erfolg kommen wird. Entscheidend ist vielmehr, wie gut die Spieler in der Interaktion mit anderen Spielern ihre aufgetragenen Aufgaben erfüllen. Es fragt sich also, inwiefern ein Systemwechsel während eines Spiels für die Mannschaft von Vorteil sein kann. Wenn Tito Vilanova in der Pressekonferenz von der Reife spricht, kann er damit nur den Umstand im Sinn haben, dass die Spieler erstens in jedem System ihre Aufgaben zu vollster Zufriedenheit erfüllen können und zweitens der Wechsel vom einen zum anderen System geistesgegenwärtig und ohne Reibungsverluste stattfinden kann.
Systemwechsel bedeuten neue Aufgaben für die Spieler
Voraussetzung dafür ist, dass alle Spieler den Wechsel mitbekommen und ihr Verhalten auf dem Feld entsprechend umdisponieren. Denn die Aufgabe eines Spielers in einem System kann sich von der Aufgabe des gleichen Spielers in einem anderem System grundlegend unterscheiden. Wenn der FC Barcelona z.B. vom 4-3-3 auf ein 3-4-3 umschaltet und Dani Alves dauerhaft ins Mittelfeld rückt, macht diese Umstellung sehr viele Folgeumstellungen erforderlich. Der Linksverteidiger rückt ein, Busquets positioniert sich tiefer, Xavi rückt aufgrund der hohen Dichte im Mittelfeld weiter nach vorne, was wiederum die Stürmer veranlasst, ihrerseits ihre Position und die Laufwege zu verändern etc.
Ein komplexer Vorgang, der dem FC Barcelona zuzutrauen ist
Der Wechsel von einem zum anderen System während des Spiels ist also ein komplexer Vorgang, der die Mannschaft angreifbar macht, wenn er nicht perfekt funktioniert. Darüber hinaus verlangt er den Spielern sehr viel Aufmerksamkeit und Flexibilität in ihrer Rollengestaltung ab. Demgegenüber stehen die Vorteile einer solchen Dynamik im System. Wenn der Systemwechsel in Perfektion beherrscht wird, könnte der Gegner darauf kaum angemessen reagieren. Plötzliche Überzahlsituationen für den FC Barcelona und die Durchbrechung der gegnerischen Rollenverteilung wären die Folge. Der Gegner müsste die Aufgaben seiner Spieler also zunächst mal neu definieren. Dass es dem FC Barcelona durchaus zuzutrauen ist, mit den Systemen zu spielen, steht angesichts der großen Erfahrung im fluiden Spiel mit vielen Positionswechseln und Positionsrochaden außer Frage.
Eure Meinung: Was haltet ihr von Systemwechseln während des Spiels?