In der Fußballwelt ist es ein bekannter Rhythmus – läuft eine Saison nicht wie vorgestellt, so fordern Anhänger des Vereins Veränderungen. Beim FC Barcelona wurde in dieser Sommerpause ein großer Umschwung vollbracht. Nachdem die Katalanen in den letzten Jahren mit Verpflichtungen sparsam umgingen, schlug man in diesem Sommer richtig zu! Frisch eingekaufte Spieler sind jedoch nicht alles, auf was sich die Fans in der kommenden Saison freuen dürfen. Bei Barça scheint ein Umbruch im Gange zu sein.
Barça hat ordentlich eingekauft
Um Veränderungen herbeizuführen, muss das Spielermaterial ausgetauscht werden – der Verein muss also auf Shopping-Tour gehen. Der FC Barcelona hat in diesem Jahr mit Claudio Bravo, Marc-André ter Stegen, Jérémy Mathieu, Thomas Vermaelen, Ivan Rakitić und Luis Suárez gleich sechs Spieler verpflichtet. Man hat sich also mit Akteuren für das Tor, für die Abwehr, für das Mittelfeld und für den Sturm verstärkt.
Seit fünf Jahren hat Barça keinen Innenverteidiger mehr gekauft und nun das, die Culés durften sich in diesem Sommer über zwei Verpflichtungen auf dieser Position erfreuen. Thomas Vermaelen und Jérémy Mathieu wurden zur Stabilisierung der Abwehr geholt. Für den Belgier gab man in etwa 19 Millionen Euro aus, der Franzose kostete schätzungsweise eine Million mehr. Für zwei neue Innenverteidiger hat man damit ungefähr 40 Millionen Euro hingeblättert. Thomas Vermaelen ist mit seinen 28 Jahren ein wenig jünger als sein 30-jähriger, ebenfalls frisch eingetroffener Kollege. Meiner Meinung nach wurden hier zwar nicht perfekte, aber den Umständen entsprechend sehr gute Transfers getätigt. Geht man davon aus, dass beide Spieler bis zu ihrem 33. Lebensjahr dem FC Barcelona treu bleiben, hat man an beiden mindestens noch drei Jahre Freude. Realistisch betrachtet kann man sogar davon ausgehen, dass beide Spieler der Blaugrana bis dahin nützliche Dienste leisten werden. Jérémy Mathieu bietet in der Abwehr mit seinen 192 cm eine Komponente, die sich Größe nennt. Dadurch strahlt der Defensivmann in Luftduellen mehr als andere. In der Verteidigung hat man mit Mathieu, Bartra, Piqué und Busquets vier Spieler, die sogar erstmals seit Langem dafür sorgen könnten, dass Barça die Gegner hinsichtlich der puren Körpergröße übertrumpfen könnte – das wird besonders bei gegnerischen Standards von Vorteil sein, aber auch bei Offensivaktionen der Katalanen. ThomasVermaelen muss sich nicht hinter den genannten Riesen verstecken. Der ehemalige Arsenal-Kapitän ist 182 cm groß und extrem kopfballstark. Neben der Lufthoheit bieten beide Spieler dem FC Barcelona einen Gewinn an Geschwindigkeit und Robustheit und damit an Stabilität in der Abwehr. Die Statistiken der beiden sprechen für sich!
Auf der Torwartposition mussten nach den Abgängen von Víctor Valdés und José Manuel Pinto neue Torhüter her. Selbst der dritte Keeper, Oier, verließ die Katalanen. Somit stand einem kompletten Neustart auf der Torwartposition nichts mehr im Weg. Die Wahl fiel auf Marc-André ter Stegen und Claudio Bravo. Der Ex-Gladbacher ist mit seinen jungen 22 Jahren ein Versprechen für die Zukunft im Tor des FC Barcelona. Als Ausgleich zum jungen Deutschen wurde der erfahrene Chilene von Real Sociedad eingekauft. Beide wurden für jeweils etwas mehr als 10 Millionen Euro verpflichtet. Marc-André ter Stegens Spielweise gleicht derjenigen von Ex-Keeper Víctor Valdés in einigen Details. So ist der junge Deutsche ein sogenannter mitspielender Torwart, soll heißen: Er dient den Feldspielern auf der einen Seite als Anspielstation, ist gleichzeitig aber auch in der Lage, den Spielaufbau durch ein gelungenes Passspiel zu forcieren. Als Ergänzung dient Bravo, der sowohl in der Nationalmannschaft als auch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber seine Qualitäten unter Beweis stellte. Der Chilene bringt eine wohltuende Ruhe in das Spiel seiner Mannschaften, weiß aber zeitgleich, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um seinen Abwehrleuten Feuer unterm Hintern zu machen.
Das Mittelfeld hätte etwas mager gewirkt, wenn man nicht mit Ivan Rakitić einen weiteren Spieler in diesem Bereich verpflichtet hätte. Für weniger als 20 Millionen Euro kam der Kroate zum FC Barcelona, für einen Spieler dieses Kalibers ein recht niedriger Betrag. Der ehemalige Kapitän des FC Sevilla bietet dem Spiel der Blaugrana vollkommen neue Facetten. Bei Standardsituationen wie Freistößen und Ecken strahlt der Kroate eine Gefahr wie Xavi Hernández zu seinen besten Zeiten aus. Aber nicht nur in diesem Punkt stellt der Ex-Bundesligist einen perfekten Ersatz für den Spanier dar. Auch während des Spielflusses weiß der Mittelfeldakteur mit einem guten Auge und brillanten Pässen zu überzeugen. Durch seine flinken Zuspiele und seine geniale Übersicht gestaltet der Kroate das Spiel der Katalanen wesentlich vertikaler. Bei diesem Transfer hat die vielseits kritisierte Führung um Bartomeu alles korrekt gemacht und einen qualitativ hochwertigen Spieler für eine beachtlich niedrige Summe verpflichtet. Ich bin mir sicher: Ivan Rakitić wird in der kommenden Saison eine entscheidende Rolle spielen!
Ivan Rakitić in seinem Debütspiel beim FC Barcelona:
Und zu guter Letzt schlug man gar im Sturm zu. Nachdem Alexis Sánchez den FC Barcelona verließ, musste man den Verlust des Kämpfers mit einem anderen großen Namen ersetzen. So kam für eine Megasumme von 80 Millionen Euro der Uruguayer Luis Suárez. Ausgezeichnet mit dem Goldenen Schuh der abgelaufenen Premier League-Saison, werden die Vorzüge von Luis Suárez deutlich: Die Torgefährlichkeit. Der Uruguayer hat einen ähnlichen Kampfgeist wie der Chilene Alexis Sánchez. Der Uruguayer besitzt eine Kaltschnäuzigkeit, von der manch anderer Stürmer träumen und beißt sich im wahrsten Sinne des Wortes seinen Weg zum Tor des Gegners durch.
Insgesamt ist Luis Suárez wohl einer der vollkommendsten Stürmer der Welt, jedoch sind 80 Millionen Euro eine Menge Holz für einen Spieler, der auf einem ähnlichen Niveau agiert, wie der abgewanderte Chilene, den man in der gleichen Transferperiode für den halben (!) Preis verkaufte. Man sollte sich im Übrigen nicht voreingenommen gegen den Suárez-Transfer wehren. Welche Qualitäten der Stürmer mit sich bringt, werden wir als Anhänger des Clubs noch früh genug mitbekommen. Ob die Summe von 80 Millionen Euro gerechtfertigt ist, darüber ist er noch einige Beweise schuldig – da heißt es wohl abwarten und Tee trinken. Des Weiteren ist nicht bekannt, wie viele Einnahmen bereits durch Trikotverkäufe erfolgten.
Tore in den letzten Saisons (Quelle: whoscored.com):
2011/2012: 11
2012/2013: 23
2013/2014: 31
Die Zugänge der Jugendakademie
Der FC Barcelona der kommenden Saison besitzt gleich zwei Spieler, die aus La Masia kommen, jedoch in der abgelaufenen Spielzeit verliehen waren – Rafinha und Gerard Deulofeu. Beide Youngsters haben großes Potenzial, um in der Zukunft zur Spitze des europäischen Fußballs vorzustoßen. Während Rafinha an Celta de Vigo verliehen war, schickte man den Spanier zum FC Everton.
Rafinha wuchs beim spanischen Erstligisten zu einer festen Größe in den Kaderplanungen Luis Enriques heran und war dort eine der Schlüsselfiguren des Vereins. Der Mittelfeldakteur weiß mit seiner Spielübersicht und seinem magischen Touch am Fuß zu überzeugen.
Gerard Deulofeu hingegen erhielt beim FC Everton 16 Einsätze. Diese Spielzeit half dem jungen Flügelflitzer, sich zu einem reiferen Spieler zu entwickeln. Der Spanier lernte mannschaftsdienlicher zu agieren und gleichzeitig gewann er an körperlichen und technischen Attributen dazu. Der junge Spieler wurde jedoch direkt wieder verliehen. Die Leihe lässt ahnen, dass Luis Enrique noch einen Mangel auszusetzen hatte, eventuell die fehlende Reife.
Aus meiner Sicht haben beide Youngsters definitiv das Potenzial, um zur Topelite der Zukunft zu gehören, doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Die Spieler müssen weiterhin ihre Leistungen steigern und einen Schritt nach dem anderen machen. Im Übrigen müssen beide bodenständig bleiben, zeitgleich aber mit dem nötigen Selbstbewusststein auftreten – ein schwieriger Spagat. Mit der nötigen Konzentration gelingt beiden hoffentlich der Durchbruch. Gönnen würde ich es beiden, jedoch ist es noch zu früh, von kommenden Stars zu sprechen. Ich freue mich auf möglichst viele Einsätze in der Zukunft, denn das wäre auf jeden Fall produktiv für die Entwicklung der Jungspunde.
Ein Blick in die Videos der Spieler lässt einen erahnen, auf was man sich gefasst machen kann:
Wo Neues kommt, geht Altes
Mit den zurückgekommenen Leihspielern hat der FC Barcelona in diesem Sommer bisweilen acht Neuverpflichtungen zu Buche stehen. Da muss natürlich einiges an Spielermaterial aussortiert werden, damit der Kader nicht aus allen Nähten platzt. Der FC Barcelona hat in der aktuellen Transferperiode bis hierhin 13 (!) Abgänge zu verzeichnen.
Einige Spieler verließen den Verein, ohne dass dieser finanzielle Einnahmen daraus zog; andere wiederum brachten Zählbares ein. Zu den Spielern, die dem Verein ohne Ablösesumme den Rücken kehrten, gehören beispielsweise solche Profis, deren Vertrag einfach auslief. Dabei handelt es sich um José Manuel Pinto, Víctor Valdés und Keirrison (Für 14 Millionen € verpflichtet, verließ den Verein nun ablösefrei, ohne je ein Spiel für Barça bestritten zu haben). Carles Puyol hängte seine Fußballschuhe an den Nagel. Der Katalane beendete seine Karriere und geht in die Führungsetage der Blaugrana. Der Vertrag des ehemaligen Hoffnungsträger Isaac Cuenca wurde gar aufgelöst, da dieser aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr an die Leistungen vergangener Zeiten anknüpfen konnte.
Eine weitere Möglichkeit, um den Kader zu verkleinern, ist das Verleihen von Spielern. Zu diesem Personenkreis zählen Cristian Tello, Denis Suárez und Ibrahim Afellay. Während die beiden Spanier noch durchaus realistische Chancen haben, sich bei ihren neuen Arbeitgebern zu entfalten, scheint mir die Leihe des Niederländers nicht ganz schlüssig und wirkt auf mich nur wie eine Aufschiebung des Verkaufs. Gekauft als ein vielversprechendes Talent, konnte sich Afellay bei Barça leider nie wirklich auf Dauer unter Beweis stellen. Geschuldet ist dies einer Vielzahl an Verletzungen. Tello und Suárez hingegen könnten bei ihren Vereinen die nötige Erfahrung und Spielpraxis sammeln, um irgendwann ins Starensemble der Blaugrana einzutreten.
Zu guter Letzt gibt es da noch die Möglichkeit, Spieler zu verkaufen. Auf diese Weise schafft man Platz im Verein und erhält gleichzeitig noch ein wenig Geld. Der FC Barcelona trennte sich in der aktuellen Transferperiode von Bojan Krkić. Das ewige Talent wechselte für eine mikrige Summe von zwei Millionen Euro zum englischen Erstligisten Stoke City. Meines Erachtens nach ein sehr niedriger Betrag, aber es wurde Zeit, getrennte Wege zu gehen. Mit permanenten Leihen war niemandem geholfen. Schade, dass es scheinbar nie reichte. Oier Olazábal wechselte kostenlos zum FC Granada, was vollkommen in Ordnung ging, da der Torhüter nie eine entscheidende Rolle beim FC Barcelona spielte. Ein weiterer Schritt, der zur Kaderverkleinerung beitragen sollte, war der Verkauf des Mexikaners Jonathan dos Santos, der aufgrund von Verletzungen in seiner Entwicklung gehindert war. Ebenfalls für zwei Millionen verließ er den Verein.
Bei den bisher genannten Abgängen handelte es sich eher um kleinere Summen und Spieler, die entweder den Zenit überschritten hatten oder nie das brachten, was man von ihnen erwartete. Die nächsten Transfers gingen jedoch unter die Haut. Alexis Sánchez, meiner Meinung nach der Spieler mit den stärksten Leistungen in der Saison 2013/14, wurde an den FC Arsenal für 42 Millionen Euro verkauft. Verglichen mit dem Einkaufspreis ein guter Gewinn, jedoch ist es enttäuschend, dass man sich von solch einem Kämpfer, der sich jederzeit für sein Team mit vollem Willen aufopferte, trennen musste, um für den doppelten Betrag einen Spieler zu verpflichten, der lediglich einen Tick besser sein könnte. Die nächste Transferbombe platzte mit dem Verkauf von Cesc Fàbregas, ebenfalls nach London. Für 33 Millionen Euro führte der Weg zum FC Chelsea, da Arsenal London nicht am ‘verlorenen Sohn’ der Katalanen interessiert war.
Ich muss zugeben, dass ich sehr traurig darüber bin, dass die Beiden den FC Barcelona verlassen mussten. Jedoch kann ich mir gut vorstellen, dass es auf Wunsch der Spieler geschah, und deshalb respektiere ich diese Entscheidungen. Alexis Sánchez erhielt bei Barça nie das Standing, welches er verdiente und Fàbregas wurde permanent auf einer für seine Verhältnisse suboptimalen Position eingesetzt. Mit Luis Suárez und Ivan Rakitić hat man allerdings gute Nachfolger verpflichtet. Die beiden neuen Spieler bieten Barça wahrscheinlich eine größere Offensivgewalt.