Nach 24 Jahren verließ Klublegende Xavi Hernández den FC Barcelona in Richtung Katar. Dementsprechend wurde auch eine offizielle Verabschiedungszeremonie zu Ehren des Mittelfeldspielers abgehalten, in der unter anderem auch Andrés Iniesta ein paar Worte von sich gab. Stunden Später allerdings meldete sich Xavi in einem Interview mit dem Barça Magazin noch ein weiteres Mal zu Wort und sprach dabei über diesen für ihn besonderen Tag, seinen Abschied im Camp Nou sowie ein paar sehr persönliche Dinge in seinem Leben.
Wie haben Sie sich vor Ihrer Verabschiedungszeremonie gefühlt?
„Ich war angespannt. Jeder hat gewartet und ich war nervös, weil wir einen UEFA Anti-Doping-Test hatten und ich dachte, dass die Veranstaltung damit ausfällt. […] Ich habe mir eine Notiz zurechtgelegt, weil ich auf keinen Fall jemanden während meiner Rede vergessen wollte. Ich bin dem Klub und all meinen Angehörigen sehr dankbar. Ich konnte meine Familie in der ersten Reihe sehen, dann meine Freunde und dachte mir: „Wow”. Es war sehr emotional. Als Andrés gesprochen hat, habe ich mich sehr befreit gefühlt und meine Anspannung sank. Ich dachte mir: „Schau, du hast dich schon zum Narren gemacht”. Ich war nun entspannter.“
In Ihrer Rede hat man merken können, dass sie eine sehr dankbare Person sind…
„Ich habe das gesagt, was ich sagen musste und konnte es auch in der Art und Weise sagen, wie ich wollte. Außerdem konnte ich fröhlich sein aufgrund der Art, wie Barça, der Klub, die Offiziellen und meine Teamkameraden mich behandelt haben. Es war ein Traumabschied. Wenn wir am Anfang der Spielzeit ein Skript geschrieben hätten, dann hätten wir das hier niemals verlangen können. Ich bin sehr glücklich, wie alles sein Ende nahm.“
Wie oft schwirrte in Ihrem Kopf der Satz ‘Was wäre, wenn ich letzten Sommer gegangen wäre’ herum?
„Man stelle sich nur das letzte Jahr vor, mit keinen Titeln abzutreten, nichts von unserem Fußball mitzunehmen. Aber wir wissen: wenn Barça nicht gewinnt, muss man sich sofort von zehn Spielern trennen und jeder ist wütend. Man stelle sich vor, man tritt ab und die Leute sind verärgert. Aber jetzt sind die Menschen euphorisch, zufrieden und glücklich. Es ist sogar dazu gekommen, dass wir die Liga eine Woche zuvor gewinnen konnten und ich zu Hause mit den Fans den Liga-Titel feiern konnte. Die Wahrheit ist, dass dies hier ein maßgeschneidertes Skript ist, ich sehr froh bin, dass ich noch ein Jahr geblieben bin, beziehungsweise, dass mich Zubizarreta, Luis [Anm. Luis Enrique] und Präsident Bartomeu überzeugen konnten, zu bleiben. Ich wusste, dass ich an einem gewissen Punkt den Verein einfach verlassen musste und in dieser Hinsicht war ich sehr dickköpfig. Aber in zwei oder auch drei Gesprächen konnten sie mich doch überzeugen und darüber bin ich sehr glücklich.“
Was wollen Sie von Ihrem Abschied gerne mitnehmen?
„Einfach alles. Jeder war hier: die Präsidenten, ehemalige Trainer beziehungsweise Teamkollegen, Freunde und Familie. Auch meine Frau Núria, meine Eltern und meine Brüder, die am meisten angespannt waren, waren dabei. Ich habe sie angeschaut und wurde emotional. Ich wollte es zwar verhindern, aber ich wollte dann doch zu ihnen sprechen. Es war für mich unmöglich, nicht zu Tränen gerührt zu werden.“
Sie verlassen nun Barça und werden bald Vater. Wie kommen Sie damit zurecht?
„Ein Kind zu haben, bringt dich zum Nachdenken. Ein neuer Teil meines Lebens beginnt; wir gehen nach Katar, zumindest der Großteil der Familie, und gegen Ende des Jahres werden wir Eltern sein. Ein neuer Abschnitt unseres Lebens steht uns bevor und wir beabsichtigen, ihn zu genießen. Ich freue mich wirklich, Vater zu werden. Meine Familie ist mir sehr wichtig. Sie ist das Wichtigste, was ich habe. Ich habe eine fantastische Familie, die mich großartig aufgezogen hat und auf die ich auch sehr stolz bin. Jeder sagt dir, dass die Geburt deines Kindes die größte Sache überhaupt ist. Ich konnte dies zwar noch nie erleben, aber ich bin schon sehr aufgeregt.“
Und wann werden Sie Ihrem Kind das Bild mit all den Trophäen zeigen?
„Ich werde sehr glücklich sein können, dass ich meinem Kind erklären kann, was ich alles erlebt habe. Wenn er oder sie alt genug ist, um alles zu verstehen, dann können wir gemeinsam die Fotos betrachten und er oder sie wird sehen, was für eine großartige Zeit ich hatte und welch Privileg es für mich war, ein Teil dieses Barças mit einer solchen Generation an Fußballern zu sein. Ich will, dass mein Kind sieht, wie sehr ich mein Leben genießen konnte.“
Sie verlassen den Verein nun als Spieler mit den meisten Titeln und mit den meisten Pflichtspieleinsätzen. Welche Erinnerung sticht für Sie am meisten heraus?
„Ich weiß, dass mein Rekord schlussendlich noch abgefangen wird, wahrscheinlich von Leo oder Andrés. Außerdem haben sie auch nur einen Titel weniger auf ihrem Konto, also werden sie dies auch schon in der nächsten Saison schaffen. Aber ich werde den Genuss, für Barça gespielt zu haben, in Erinnerung behalten. Ich bewerte meine Karriere nicht nach den Titeln, sondern nach der Freude, die ich mit meinen Teamkameraden hatte und all den dazugehörigen Erlebnissen. Ich bin zufrieden und stolz. Ich habe innere Ruhe, weil ich weiß, dass ich gut gespielt und mein Bestes gegeben habe.“
Haben Sie eine derartige Form der Zuneigung von den Leuten am Tag ihrer Verabschiedung im Camp Nou erwartet?
„Zuerst war ich ganz entspannt, aber als die Leute begannen, ins Stadion einzutreten, habe ich realisiert, dass ich an diesem Tag mehr denn je im Zentrum des Geschehens stehen werde. Ich habe gewusst, dass etwas für mich vorbereitet wurde und ich mag es eigentlich nicht, wenn all die Aufmerksamkeit nur auf mich gerichtet ist. Ich wollte lediglich das Fußballspielen genießen. Aber es war ein unglaublicher Tribut von den Leuten: das Stadion, das meinen Namen geschrien hat, eine Ehrenrunde alleine gehen zu dürfen und die Spieler, die mich hochgehoben haben. Und dann habe ich auch noch gesehen, wie emotional Núria und meine Eltern wurden, also wurde ich ebenso etwas emotional. Es war einfach unglaublich.“
Jeder hat Ihnen in den letzten Tagen gedankt. Wie fühlen Sie sich dabei?
„Ich habe mich auch am Tag meiner Ehrung bedankt. Die Leute auf der Straße halten mich an und bedanken sich bei mir, dabei sollte doch ich es sein, der dies tut, weil es mir möglich war, bei Barça zu spielen und in dieser Hinsicht privilegiert zu sein. All diese Aufmerksamkeit ist nur dank Barça zustande gekommen. Ich bin sehr stolz darauf. Ich spüre ihre Bewunderung sowie Anerkennung und es ist außergewöhnlich. Ich bin sehr erfreut und will den Fans danken, dass sie die letzten Heimspiele so speziell gemacht haben. Ich hätte nicht für mehr bitten können. Ich bin so dankbar, und dazu bin ich auch noch überrascht, dass so viele Menschen mir danken wollen. Ich weiß, dass wir so viele tolle Dinge in einer großartigen Art und Weise gewonnen haben, und ich glaube, dass das dadurch zustande kam, weil wir herausragenden Fußball gespielt haben. Ich bin froh, dass ich bei Barça Geschichte schreiben konnte. Als ich noch ein Jugendspieler war, hätte ich mir niemals erträumen können, dass ich einmal so viel mit Barça gewinnen würde, oder dass wir als ein Team in die Geschichte eingehen würden, das zu den besten der Fußballhistorie gehört. Diese ganze Zeit war so erstaunlich und ich bin dafür einfach nur dankbar.“