Der FC Barcelona scheint im Zuge der laufenden Saison seine oft angeprangerte Innenverteidiger-Problematik lösen zu können. Bereits mit Samuel Umtiti haben die Katalanen im Sommer einen langersehnten Ergänzungsspieler und potenziellen Nachfolger von Javier Mascherano verpflichtet. Das Sinnbild der rosigen Zukunft im Abwehrriegel könnte nun auch durch den Brasilianer Marlon Santos aus der B-Mannschaft verkörpert werden. Die technischen und spielerischen Fertigkeiten des Abwehrspieles erfüllen zumindest die Anforderung für Luis Enriques variables System. Aus diversen Beiträgen der ‚Sport‘ lässt sich so ein spannendes Profil des jungen Akteurs erstellen.
Marlon Santos stand in der diesjährigen Vorsaison das erste Mal für die blaurote Startruppe auf dem Platz und wurde unter anderem gegen Leicester City eingesetzt. Auch im Liga-Spiel gegen den FC Málaga und in der Königsklasse beim Clash mit Celtic durfte Marlon in den letzten beiden Pflichtpartien bei den Großen mitkicken. Nachdem Barça am vergangenen Mittwochabend gegen die Schotten bereits mit 2:0 führte, übernahm Marlon das Amt des angeschlagenen Gerard Piqué für knapp 20 Minuten. Der Debütant erledigte seine Defensiv-Aufgaben sorgfältig, kommunizierte mit den Teamkollegen und machte die Räume dicht, die er dicht machen musste.
Marlons Ex-Verein Fluminense und der amtierende spanische Meister hatten bereits vor einiger Zeit eine Einigung inklusive Kaufoption über den Transfer des Akteurs getroffen. Die vertragliche Regelung, die nun ihre sportlichen Früchte tragen könnte, verlangt zugleich eine organisatorische Entscheidung ab. Sollte der Kicker fünf offizielle Spiele mit der Ersten Mannschaft absolvieren, dann ist Barça dazu verpflichtet, den Spieler zu kaufen. Der Kaufpreis dürfte hier bei etwa 5-6 Millionen Euro liegen, von denen die Katalanen bereits 3.2 Millionen Euro bezahlt haben. Insgesamt dürfte es sich bei dieser Angelegenheit also um ein Schnäppchen für den hochbegabten Südamerikaner handeln.
Mein Debüt gegen Celtic zu machen war unglaublich. […] Ich kann es immer noch nicht glauben, es war ein Traum-Debüt. […] Luis Enrique sagte zu mir: ‘Geh da raus und mach das, was du bisher im B-Team getan hast.
Von brasilianischen Vorbildern und spanischen Errungenschaften
Geboren wurde der Champions-League-Debütant am 7. September 1995 in Duque de Caxias, einer Stadt, die im Bundesstaat Rio zu verorten ist und etwa 20 km von Rio de Janeiro entfernt liegt. Marlon begann seine Karriere im defensiven Mittelfeld beim ältesten Verein der brasilianischen Millionenmetropole und durchlief bei Fluminense alle Jungendmannschaften. Aufgrund eines verletzten Mitspielers übernahm Marlon dessen Rolle in der Abwehrkette und agierte ab einem Alter von 17 Jahren regelmäßig in der Zentrale der Verteidigung. Marlon kam bereits für die U20- und U23-Mannschaften seiner Nation zum Einsatz. Mit der U20-Delegation nahm er an der WM 2015 teil und verlor das Finale gegen Serbien. Mit der U23 bestritt er im November 2015 diverse Freundschaftsspiele. Derzeit hat der Sportler bereits drei Titel in seiner frischen Laufbahn zu verzeichnen: Während er in seiner Heimat in der zurückliegenden Spielperiode die Meisterschaft (Primeira Liga) gewinnen konnte, ergatterte er in Barcelona bislang die Joan-Gamper-Trophäe und den Super Cup. Marlons aktueller Marktwert liegt laut transfermarkt.de bei 3,5 Millionen Euro. Sollte es für den 21-Jährigen zu häufigeren Einsätzen im Hauptteam des FC Barcelona kommen, dürfte sich diese Zahl bald erhöhen, denn Marlon gilt als einer der vielversprechendsten Stars im brasilianischen und nun europäischen Fußball. In Brasilien wurde Marlons Spielstil sogar oft mit dem von PSG-Verteidiger Thiago Silva gleichgesetzt.
Spielstil: Technisch, praktisch, gut
Der brasilianische Rechtsfuß kann sowohl auf der rechten als auch auf der linken Innenverteidiger Position zum Einsatz kommen. Mit einer Körpergröße von 1,82 m zählt Marlon nicht unbedingt zu den Kopfballungeheuern in Europas Verteidiger-Szene, und doch versteht es, seine Physis im Zweikampf nützlich einzusetzen. Anrennende Angreifer lässt er für gewöhnlich mit aller Seelenruhe ins Leere laufen oder zieht mit einem gut getimten Haken energisch an ihnen vorbei, um dann den Ball auf die Außenbahnen weiterzuleiten. Der Vergleich zu seinem Vorbild Silva bietet sich daher tatsächlich an. So ist auch dieser für seine wuchtige Präsenz und ein überlegtes Handeln trotz seiner geringeren Körperhöhe bekannt. Mit seinem präzisen Passspiel und dem soliden Verhalten in Drucksituation dürfte Marlon aber auch in Barças A-Team auf artverwandte Spielertypen treffen. Ähnlich wie Umtiti versteht es Marlon, den Ball geschickt vom Gegner abzuschirmen, bis sich für ihn eine vorteilhafte Passmöglichkeit ergibt und er das Spielgerät an einen Mitspieler abgeben kann. Diese Spielweise wird durch eine fortgeschrittene Technik und ausgeprägte Antizipation unterstützt. Um sich und seinen Mitspielern Raum oder Zeit zu verschaffen, streichelt er den Ball hin und wieder wundersam mit der Fußsohle. Sollte er den Trainingseinheiten von Messi und Co. weiterhin beiwohnen dürfen, so wird er zudem am Kurzpassspiel, seinen Erfahrungswerten und der Konzentration arbeiten können.
Social Media Guru mit amüsantem Missgeschick
Wie für viele Brasilianer, spielt auch für Marlon die Religion eine maßgebliche Rolle in seinem Leben. So postet der Bub regelmäßig religiöse Nachrichten mit biblischen Passagen auf den Timelines seiner Social Media Accounts. Ohnehin ist der Jungspund in den sozialen Netzwerken äußerst aktiv. Twitter, Facebook und Instagram versorgt Marlon allesamt höchstpersönlich mit privatem und sportlichem Content. Zuletzt machte Marlon neben dem Platz auf sich aufmerksam, als er um ein Haar den Trip nach Manchester im Rahmen der Champions League aufgrund eines vergessenen Reisepasses versäumte. Von seinen beiden Landsmännern Neymar und Rafinha wurde der sympathische Junge dann online prompt auf den Arm genommen.
Der Nutzen für Enriques Team
In nur wenigen Monaten hat Marlon Santos alle Schwierigkeiten, die ein Transfer von Brasilien nach Spanien mit sich bringen kann, überstanden. Mittlerweile hat der Youngster die Zuneigung seiner Teamkollegen im B-Team und den Respekt der Spieler des A-Teams verdient. Marlons Stunde schlägt also jetzt: Sei es als Backup hinter Piqué, Mascherano und Umtiti oder als Leihgabe an einen anderen Verein. So oder so müssen die Blaugranas eine Entscheidung treffen, wenn sie weiterhin auf die Dienste Marlons setzen wollen. Weitere mittel- oder langfristigen Einsätze in Spaniens zweithöchster Spielklasse dürften der Entwicklung des Talents aber eher kontraproduktiv im Weg stehen, dieselbe Meinung teilen laut der ‚Sport‘ auch die Verantwortlichen aus Barcelonas Trainerstab.
Der Verbleib des Zauberfußes bei Barça könnte für die Profimannschaft aus zweierlei Hinsicht Sinn ergeben: Zum einen würde mit dem Brasilianer ein weiterer junger Spieler zu dem Kader hinzustoßen, der auf die alten Hasen wie Mascherano oder Mathieu einen positiven Leistungsdruck ausüben könnte. Zum anderen würde Barça in den Genuss einer vorzüglichen Ballbehandlung gepaart mit dem satten Reinstellen des Körpers zwischen Gegner und rundes Leder kommen – Eigenschaften, die einen modernen Verteidiger ausmachen und über welche bislang nur Umtiti und möglicherweise Gerard Piqué in Ansätzen verfügen. Sollte letzterer Akteur am Sonntag nicht gegen Real Sociedad auflaufen können, stünde die nächste Präsentationsmöglichkeit für Marlon bereit, diesmal aber nicht in der Vorsaison, sondern im frühzeitigen Meisterschaftskampf.
Das Video bringt die Skills von Marlon auf den Punkt