Wohl kaum ein Talent spaltet die Culés seit Jahren so sehr wie Marc Bartra. Seine Fürsprecher meinen, er sei der Nachfolger Puyols; die Skeptiker behaupten, er hätte niemals das Zeug, um bei Barça wirklich eine Rolle zu spielen. Nun stellt sich die Frage, ob Bartra das ewige Talent bleibt und früher oder später sein Glück vielleicht sogar bei einem anderen Verein sucht, oder ob ihm doch noch der endgültige Durchbruch bei der Blaugrana gelingt. Barçawelt geht für euch dieser Frage nach.
Was für viele Fußballfans schon seit geraumer Zeit feststand, wurde spätestens mit dem Karriereende der Clublegende und dem langjährigen Kapitän Carles Puyol offensichtlich: Barças ‘Schwachstelle’ ist seit Jahren die Innenverteidigung. Ein Gerard Piqué in Bestform ist ohne Zweifel einer der besten Verteidiger der Welt, doch es fehlt zum einen bei ihm an Konstanz und zum anderen an einem geeigneten Partner an seiner Seite. Der kleine Argentinier Javier Mascherano füllt diese Rolle zumeist mehr als solide aus, doch wird dieser nicht jünger und hat er als gelernter Mittelfeldspieler nicht die Voraussetzungen – auch körperlich -, um ein Innenverteidiger von Weltklasseformat zu sein. Für viele schien die Konsequenz, dass Eigengewächs Marc Bartra der logische Nachfolger der Ikone Carles Puyol sein würde, doch so ganz hat dieser den Sprung noch nicht geschafft. Seitdem er zur ersten Mannschaft gestoßen ist, kommt jährlich auf 20-35 Einsätze, doch zumeist nur gegen vermeintlich schwächere Teams oder in unwichtigen Spielen, wenn Stammkräfte geschont werden sollen. Zu allem Überfluss wurden im Sommer 2014 mit Jérémy Mathieu und Thomas Vermaelen noch zwei weitere Innenverteidiger verpflichtet, die momentan beide über Marc Bartra zu stehen scheinen. Doch wollen wir diese Saison einmal genauer betrachten.
Saisonvorbereitung & Supercopa
Nachdem in der Saison 2014/2015, in der Piqué, Mascherano und Mathieu alle in der Innenverteidung starke Leistungen zeigten, sensationell das Triple geholt wurde und nun auch noch der langzeitverletzte Thomas Vermaelen zurückkehrte, fragten sich einige Fans der Blaugrana, wie es wohl mit Marc Bartra weitergehen würde. In der Saisonvorbereitung absolvierte er einige Spiele und wusste in diesen auch durchaus zu überzeugen. Insbesondere gegen die AS Roma zeigte er an Vermaelens Seite eine starke Leistung und schien gewappnet für den Kampf um die Stammplätze.
Doch dann kam zunächst der UEFA Supercup gegen den FC Sevilla. In einem verrückten Spiel wurde Bartra in der 78. Minute beim Stand von 4:3 eingewechselt und ließ sich prompt von Ciro Immobile düpieren, was zum Ausgleich und somit zur Verlängerung führte. Zwar fing Bartra sich im Laufe des Spiels wieder und Barça holte dank Pedro den Titel, jedoch kann man kaum unglücklicher in die Pflichtspielsaison starten.
Nur wenige Tage später bekam Bartra die nächste Chance: Im spanischen Supercopa durfte er das Hinspiel bei Atheltic Bilbao von Beginn an bestreiten. Doch wie die gesamte (Hinter-)Mannschaft erwischte der junge Katalane einen rabenschwarzen Tag und der FC Barcelona ging im San Mamés mit 0:4 baden. Der Pokal war somit de facto verloren und im Rückspiel musste Bartra zusehen.
Die laufende Saison
Wie es der Zufall beziehungsweise der Macher des Spielplans so wollte, fand Barças erstes Spiel in La Liga in besagtem San Mamés statt. Durch eine weitaus stärkere Leistung konnte sich die Blaugrana in diesem schweren Auftaktmatch mit 1:0 durchsetzen und auch Marc Bartra trug seinen Teil dazu bei. Zwar durfte er nur die letzten 20 Minuten zeigen, dass die Leistung aus der Supercopa ein Ausrutscher war, doch dies gelang ihm mit Bravour, da er durchaus Stabilität und Sicherheit in die Verteidigung brachte und Barça so den knappen Vorsprung über die Zeit rettete.
Zur Verwunderung einiger Anhänger dauerte es stolze vier Wochen, bis er das nächste Mal sein Können unter Beweis stellen durfte. Im Heimspiel gegen UD Levante war es dann so weit. Bartra machte ein bärenstarkes Spiel, steuerte einen Assist und einen sehenswerten Treffer bei und verdiente sich die Barçawelt-Note 2+. Er war der Mann des Abends und schien wieder ein legitimer Kandidat für die Startelf zu sein.
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Bei der verheerenden 1:4-Niederlage gegen Celta Vigo saß Bartra aber wieder nur auf der Bank, doch im nächsten Spiel gegen Las Palmas durfte er dann zeigen, dass er auch neben Gerard Piqué spielen kann. Zwar konnte er nicht vollends an seine überragende Leistung gegen Levante anknüpfen, doch das war auch der gesamten Mannschaftsleistung geschuldet, die nach Lionel Messis schockierender Verletzung zu wünschen übrig ließ. Dennoch hatte er keine groben Schnitzer in seinem Spiel und Barça gewann die Partie mit 2:1.
Dass Trainer Luis Enrique trotzdem noch nicht zu 100% auf Marc Bartra setzt, zeigte sich in der Folge, als wieder einige Spiele ohne ein Mitwirken Bartras vergingen. Im Gruppenspiel der Champions League bei BATE Borisov stand er wieder von Beginn an auf dem Platz und konnte erneut das Vertrauen des Trainers zurückzahlen. Zwar besitzt Borisov auch nicht die Qualität von Bayern München oder Real Madrid, aber immerhin hatten sie schon die AS Roma geschlagen und wurden als sehr unangenehmer Gegner eingeschätzt. Bartra ließ sich davon nicht beeindrucken und zeigte eine gute, solide Leistung über 90 Minuten, in denen er ein Garant dafür war, dass die Mannschaft zu null spielte. Sollte nun der endgültige Durchbruch für diese Saison gekommen sein?
Es hatte zunächst den Anschein, da der noch immer recht junge Verteidiger auch im nächsten Spiel gegen SD Eibar neben Gerard Piqué in der Startelf stand. Doch diese Partie zeigte einen Marc Bartra, bei dem das Pendel zwischen Genie und Wahnsinn wieder einmal eindeutig Richtung Wahnsinn ausschlug. Beim 3:1-Sieg der Blaugrana ging das Gegentor zu großen Anteilen auf sein Konto, weil er den Ball unnötig vertendelte. Zu allem Überfluss wurde er – als Innenverteidiger wohlgemerkt – in der 56. Minute gegen Mathieu getauscht, was Trainer Luis Enrique nach dem Spiel damit begründete, dass er aus der Verteidigung einen besseren Spielaufbau kreieren wollte. Diese Aussage muss man so erst einmal verdauen – das muss für Bartra wie ein Schlag ins Gesicht gewesen sein.
Doch zur Überraschung mancher durfte der Katalane nur drei Tage später beim Copa-Auftakt Barças wieder von Beginn an ran und zeigte sich deutlich verbessert. Zwar kam man nur zu einem 0:0 bei einem Drittligisten, aber dennoch hat Bartra mit dafür gesorgt, dass man in diesem Spiel ohne Gegentor blieb.
Fazit
Wenn man sich den Saisonverlauf vor Augen führt, sticht klar heraus, dass es für Marc Bartra bis jetzt eine Saison mit Licht und Schatten ist. Zwar hatte er ein paar dunkle Momente, wie gegen Bilbao, Sevilla und Eibar, aber dennoch hat er sich immer wieder gefangen und mit teils starken Leistungen – siehe z. B. Levante – seinen Kritikern die passende Antwort gegeben. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Luis Enrique noch auf seinen jüngsten Verteidiger setzen wird. Im Moment scheint neben Piqué niemand wirklich gesetzt zu sein, da auch Mathieu und Mascherano bis jetzt weit unter dem Niveau der letzten Saison performen. Diese beiden werden sich vermutlich mit Vermaelen und eben Marc Bartra um den zweiten Platz in großen Spielen streiten. Die teils schwächeren Leistungen Bartras könnten sich schlicht und einfach durch mangelnde Erfahrung oder fehlendes Vertrauen des Trainers erklären lassen, denn dass das Potenzial für eine Nachfolge Puyols durchaus gegeben ist, hat er schon häufig bewiesen. Auch ein Gerard Piqué wurde bei Barça ins kalte Wasser geschmissen und entwickelte sich zu einem der besten Verteidiger der Welt, obwohl ihm auch in manchen Situationen schon die Konstanz gefehlt hat. Vielleicht sollte man Bartra, auch mit Blick auf die Zukunft, mehr und mehr das Vertrauen schenken. Man kann davon ausgehen, dass ihm dann – früher oder später – der Durchbruch gelingen wird.
Als Abschluss noch ein Highlight-Video, dass sein Potenzial zeigt und den einen oder anderen Skeptiker zum Umdenken bewegen könnte: