Lieke Martens – Teil 1: “Als Mädchen? Unmöglich!”

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Die aktuelle Führungsspielerin des FC Barcelona Femení Lieke Martens nutzte wie viele andere Kolleginnen und Kollegen die Plattform „The Player’s Tribune“, um sich in der Welt des Sports Gehör zu verschaffen. In ihrem offenen Brief erzählt sie, wie aus einem Mädchen aus einer kleinen niederländischen Stadt, das einen verrückten Traum hatte, schließlich die weltbeste Fußballerin des Jahres 2017 wurde. Im ersten Teil unseres Berichts geht es vor allem um die Schwierigkeiten, die sie zu Beginn ihrer Karriere meistern musste. Denn dass ihr Weg einmal bei den Blaugrana enden könnte, erschien ihr lange Zeit unmöglich.

Träume, die manchmal doch nicht unerreichbar sind

„Träume sind seltsam, oder? Warum träumen wir, was wir träumen?“ Diese Frage kann sich Lieke Martens selbst nicht beantworten, aber es lässt sich festhalten, dass für sie in den letzten Jahren einige Träume wahr wurden. Sie gewann die Europameisterschaft in ihrem eigenen Land und bescherte ihrer Nation damit den ersten großen internationalen Titel in der Geschichte des Frauenfußballs in den Niederlanden. Martens wurde zur besten Spielerin des Turniers ausgezeichnet und durfte sich kurz darauf auch Europas Fußballerin und Weltfußballerin des Jahres 2017 nennen.
Zur selben Zeit wechselte sie zum FC Barcelona, zu dem Klub, dessen Fan und Bewunderin sie seit ihrer Kindheit war, und traf Lionel Messi, den sie für den momentan zweifelsohne begnadetsten Fußballer der Welt hält.
Aber die frischgebackene Weltfußballerin kann noch immer nicht vollends begreifen, wie es schlussendlich so weit kommen konnte. Denn als Kind träumte sie nie davon, ein Turnier zu gewinnen oder überhaupt für ihr Land zu spielen. „Es ist nicht so, als ob ich nicht davon träumen wollte. Aber ich konnte es schlicht und einfach nicht.“ Warum das?

Der Wunsch, es Ronaldinho gleich zu tun

Lieke Martens wuchs in der 30.000 Einwohner Stadt Bergen auf. „Damals war der Frauenfußball noch nicht so populär wie er das mittlerweile ist. Heute können kleine Mädchen den Weg anderer betrachten, sie haben Idole und wissen, dass sie eines Tages bei Ajax, Barcelona oder Manchester City spielen könnten. Ich konnte das nicht.“
Ihr einziger Wunsch war der, Fußball zu spielen. Sie hatte keine weiblichen Vorbilder und war somit auch nicht in der Lage, zu jemandem aufzuschauen. Heute berichtet sie, dass sie damals nicht einmal wusste, dass ein niederländisches Frauennationalteam existierte.
Aus diesem Grund träumte sie davon, bei Ajax zu spielen. Allerdings nicht bei den Frauen, sondern bei den Männern. Die Reaktionen fallen heute wohl nicht anders aus als früher. „Aber du bist ein Mädchen. Das ist unmöglich!“ So lautete der Tenor, den sie von allen Leuten zu hören bekam. Im Grunde wusste sie, dass ihr Wunsch keinen Sinn machte, aber das war ihr nicht wichtig. Zumindest nicht, solange sie den Ball am Fuß hatte und einen Spieler, der sie faszinierte: Ronaldinho.

Lieke Martens erste Fußballerfahrungen

Wenn die niederländische Nationalspielerin an ihre ersten Erinnerungen in Bezug auf Fußball zurückdenkt, kommt ihr der Fußballplatz, auf dem ihr älterer Bruder spielte, in den Sinn. Sie war zu der Zeit etwa vier Jahre alt und konnte es nicht erwarten, selbst auf den Rasen zu laufen. Nachdem sie zu Beginn aufgrund ihres Alters noch nicht mitspielen durfte, nahm sie ihren eigenen Ball mit und spielte alleine. So kam es, dass Lieke Martens in ihrer Nachbarschaft zu „dem Mädchen, das immer mit dem Ball herumrennt“ wurde. Als sie älter wurde, spielte sie mit ihrem Bruder und dessen Freunden und obwohl sie die jüngste von ihnen war, störte das niemanden.
Sollte einmal keiner Zeit haben, hatte sie einen anderen, sehr speziellen Zeitgenossen: eine Wand. „Wenn du niemanden zum Spielen findest, hast du trotzdem eine Wand, die dich nie im Stich lässt.“ Stundenlang übte sie Schüsse an dieser Wand und trainiert dabei beide Füße. Wahrscheinlich komme ihre gute Technik, die sie heute auszeichnet, von den vielen dort verbrachten Stunden, wie sie verrät. Sie studierte Ronaldinho und andere Stars auf Youtube und lernte von ihnen Tricks und Skills, die sie später brauchen würde.

„Ein Mädchen auf dem Platz? Das kann ja nichts werden.“

Bei dem ersten Verein, dem sie beitrat, spielte Lieke Martens gemeinsam mit den Burschen. Im Prinzip war sie darüber sogar sehr glücklich, denn sie kannte andere Mädchen, die nicht mit den Jungen spielen durften und sich daher einen der wenigen Frauenklubs suchen mussten, die meist sehr weit entfernt waren. Auf diese Weise bekam sie einen weiteren Titel von ihren Bekannten verliehen: das einzige Mädchen unter all den Burschen.
„Mein Vater war mein Trainer, aber er behandelte mich wie jeden anderen Spieler. Meine Teamkollegen wussten, dass ich gut spielen konnte und deshalb respektierten sie mich auch. Nur unsere Gegner und deren Eltern waren alle derselben Meinung: ‚Was, das ist ein Mädchen dort auf dem Rasen? Es kann nicht Fußball spielen.“
Dass Mädchen und Burschen in diesem Alter unterschiedlich sind, bestreitet Martens jedoch nicht. Die Jungen waren alle schneller und stärker als sie. Aus diesem Grund waren sie es auch nicht gewohnt, gegen ein kleines dribbelndes Mädchen zu spielen. Manche hatten Probleme damit und mochten diese Situation nicht.

„Es war… nun, es war anders.“

Martens ist jedoch froh, bis zu ihrem 16. Lebensjahr bei den männlichen U-Mannschaften gespielt zu haben, da sie dort viel lernte. Die Schwierigkeiten, die sie hatte, halfen ihr in ihrer späteren Karriere weiter. Wie sie erzählt, gab es auch einige traurige Situationen. Zum Beispiel nach einem Sieg gratulierten sich alle gegenseitig und auch Martens gab High-Fives. Doch dann gingen die Jungen in die Kabine und feierten dort fröhlich weiter, während Martens in ihrer eigenen kleinen Umkleidekabine saß und aus dem Nebenzimmer ihre Teamkollegen singen und feiern hörte.
„Ich denke, es war gut für mich, diese Erfahrungen zu machen. Dadurch lernte ich, weiterzukämpfen, auch, wenn ich alleine war. Manchmal fragte ich mich: ‚Welches Ziel verfolgst du? Ajax‘ Männerteam?‘ Ich konnte meinen Weg einfach nicht erkennen. All das änderte sich aber schlagartig an einem Tag.”

Was passierte an jenem Tag? Welches Ereignis hatte einen derart großen Einfluss auf sie und gab ihr die Hoffnung, wirklich Profifußballerin zu werden? Diese und weitere Fragen werden im nächsten Teil geklärt, der in wenigen Tagen erscheinen wird und den wir euch schon jetzt ans Herz legen wollen.

Michael Weilch
Michael Weilch
Treuer Culé seit Beginn der Ära Messis und der festen Überzeugung, dass Barça "més que un club" ist. Hofft, dass sich die Blaugrana auf ihre historischen Wurzeln besinnt und gerade in heutigen Zeiten ein Leuchtbild für Demokratie und Chancengleichheit darstellt - der Grund, warum der FC Barcelona eben nicht "nur" ein Fußballverein ist. Motto: "Tots units fem força!"
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