Éric Abidal: Ein Mann, der aufgrund seiner außergewöhnlichen und emotionalen Historie immer in den Herzen sämtlicher Culés verweilen wird. Vor wenigen Tagen sprach er in einem Interview mit der katalanischen Sportzeitung Mundo Deportivo über viele spannende Themen rund um seine Karriere sowie seine langwierige Krebserkrankung. Dabei offenbarte er auch so manch überraschendes Detail und gewährte teils tiefe Einblicke in seine Gedankenwelt. Auch Cristiano Ronaldo findet darin seinen Platz.
Würde Ihnen ein Abschiedsspiel zu Ihren Ehren gefallen?
In der Zukunft können wir ein solches organisieren, aber im Moment nicht.
Was für ein Spiel würde Ihnen gefallen?
Eines zwischen Barça und der französischen Nationalmannschaft von 2006. Ich habe bereits mit Zidane, aber noch nie gegen ihn gespielt. Ich würde eine Halbzeit mit jeweils einer der Mannschaften absolvieren. Das wäre eine wunderbare Partie, auch für Mundo Deportivo.
Wer ist Ihr bester Freund, den Sie dank dem Fußball kennenlernten?
Das müssten wohl um die 50 Spieler sein. Darin ist die gesamte Mannschaft von Barça enthalten, denn die wahren Freunde lassen sich auch blicken, wenn es einem sehr schlecht geht. Und danach auch noch andere, die zu mir reisten, um mich zu sehen. So wie auch Ribéry, Benzema, Keita, Bodmer. Sehr viele.
Welcher Stürmer ließ Sie am meisten leiden?
Schwierig. Ich habe gegen Robben gespielt, er bringt einen in sehr große Schwierigkeiten. Aber wenn ich einen nennen müsste, dann wäre das Ronaldo, der Brasilianer. Wir sind während der Weltmeisterschaft 2006 aufeinandergetroffen und wir haben sie mit einem 1:0, dank dem Treffer von Henry und dem Freistoß-Assist von Zidane, aus dem Turnier eliminiert.
In dieser Weltmeisterschaft haben sie [Anm.: die französische Nationalmannschaft] Spanien eliminiert. Davor hat eine spanische Tageszeitschrift geschrieben, dass dies der Moment sei, um Frankreich in den Ruhestand zu schicken.
An diesem Tag habe ich mit Zidane und der gesamten Mannschaft gesprochen und gesagt: „Was haben wir, was Spanien nicht hat? Zidane!“ Es tut mir leid. Frankreich hat gewonnen.
Und was halten Sie von Cristiano Ronaldo?
Eine gute Person, ein guter Junge. Respektvoll. Er munterte mich sehr auf, er ließ mir via Benzema einige Nachrichten zukommen. Er bleibt weiterhin ein ganz Großer des Fußballs, der Beste von Madrid, der Gewinner des Ballon d’Or. Man kann ihn nicht kritisieren. Was er auf dem Spielfeld macht, ist seine Sache.
Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo: Wer ist besser?
Jeder hat seine eigenen Talente, aber ich habe sehr viel Zeit mit Leo verbracht. Für mich ist er der Beste. Der Ballon d’Or wird jedes Jahr vergeben und man muss immer auf höchstem Niveau sein. Leo hat vier hintereinander gewonnen. Cristiano zwei. Es gibt einen kleinen Unterschied.
Wer überraschte Sie am meisten während der Zeit der Krankheit?
Víctor Valdés. Er ist die einzige Person, die mir sagte: „Ich erinnere mich an den ersten Tag nach deiner Transplantation, als du zum ‘Ciutat Esportiva’ gekommen bist. Du hast sehr mitgenommen ausgesehen, aber du hast nur an die Rückkehr auf den Fußballplatz gedacht.“ Er hat weder im Krankenhaus noch zu Hause mit mir die Krankheit erlebt, aber trotzdem gewusst, was ich dachte: Zurückkehren zum aktiven Fußball.
Und Menschen außerhalb des Klubs?
Ich habe Briefe aus China, Korea, Japan, Polen, Indien und aus aller Welt erhalten. Zu wissen, wie viele Menschen um dich besorgt sind, ist beeindruckend. Ich erhalte noch immer Briefe.
Die Menschen mögen Sie sehr.
So wie ich die Menschen auch mag. Wir sind alle Brüder. Wir alle kommen von Adam und Eva.
Hat sich etwas an Ihnen nach der Krankheit geändert?
Ich glaube nicht, ich bin immer mit den Füßen auf dem Boden geblieben, ich habe immer daran gedacht, den Menschen zu helfen. Ich hatte das Glück, viel Geld zu verdienen, aber man muss deswegen kein Egoist sein; das Wichtigste ist, zu helfen. Vielleicht ärgere ich mich jetzt weniger über Kleinigkeiten – wie etwa beim Einkaufen etwas nicht zu finden. Oder über den Verkehr. Es ist egal, ob man um sechs oder halb sieben nach Hause kommt.
Wie geht es dem krebskranken Kind, dem Sie Ihre Uhr schenkten?
Gerard geht es sehr gut. Es war eine Aufmerksamkeit, um das Kind aufzuheitern, nicht mehr. Wir sind noch immer in Kontakt und ihm geht es gut. Ihm sind wieder Haare gewachsen, er hat begonnen Fußball zu spielen – er trägt die Nummer 22, meine Nummer. Und auf seinem Rücken steht ‘G.ABI’ – das G für Gerard und ‘ABI’ für Abidal. Jetzt macht er gerade den Führerschein. Er wohnt nicht weit weg von Zuhause und wir sind in Kontakt.
War das Champions-League-Finale von Wembley der freudigste Moment Ihrer Karriere?
Ja. Außerdem erhalte ich mir eine schöne Erinnerung an die Weltmeisterschaft von 2006, auch wenn wir das Finale durch Elfmeterschießen verloren haben.
Und die größte Enttäuschung?
Die Weltmeisterschaft 2010. Man kann kein so wichtiges Turnier aufgrund von solchen Dummheiten vermasseln. Das war nicht gut, was damals passiert ist. Sie haben Anelka aus dem Team geschmissen, aber wir waren drei Stunden vom nächsten Flughafen entfernt. So etwas macht man nicht.
Haben Sie Ihren Abgang von Barça verstanden?
Ich habe es verstanden, da ich darauf vorbereitet war. Es gab zwei Wege: Entweder läuft der Vertrag aus und du verschwindest oder sie verlängern mit dir. Ich habe jenen Weg angetreten, den ich nicht antreten wollte, aber das Leben geht weiter – ich bin dann zu Monaco und Olympiacos. Mir hätte es gefallen weiterzuspielen, aber jetzt gibt es eine andere Option, um zurückzukehren.
Wann wissen Sie, wann sie wieder bei Barça sein werden?
Das hat Zeit. Ich muss das konkrete Angebot von Barça noch studieren und dann entscheiden.
Hat Barça Priorität oder sind Sie auch offen für andere Angebote?
Ich bin immer offen.
Welche Nachricht möchten Sie den Anhängern mitgeben?
Ich kann mich nur für all die Unterstützung bedanken, die sie mir zukommen ließen. Die Menschen, denen ich auf der Straße begegne, sagen mir, dass ich jetzt zum Klub zurückkehren müsse. Ich bin sehr stolz, Teil dieser Familie zu sein. Ich kann sie nur bitten, dass sie unseren Verein weiterhin maximal unterstützen; die Anhänger sind ein Spieler mehr und sie können uns dazu bringen, Spiele zu gewinnen. Und lang lebe Katalonien!
Verfolgen Sie die politischen Geschehnisse in Katalonien?
Ja, natürlich. In der Minute ’17:14′ [bei den Spielen von Barça im Camp Nou] kann man alles klar erkennen. Es ist wichtig für Katalonien, es ist ein langer Kampf, aber jedes Mal gehen sie weitere Schritte. Lasst uns sehen, ob das so weitergeht.