Am heutigen Tage wird Eric Abidal ein Teil einer fremden Leber transplantiert. Es handelt sich hierbei um einen schweren Eingriff, der die Fortsetzung der Karriere ernsthaft in Frage stellt. Dies ist allerdings nur Nebensache. Das einzige, was zählt, ist die Genesung des ruhigen sympathischen Linksverteidigers.
Von Achmat Chaziew
Éric Sylvian Bilal Abidal, der Name des 32 jährigen Links- und Innenverteidigers von FC Barcelona, der trotz seiner recht langen und erfolgreichen Karriere erst mit 32 Jahren seinen größten Kampf bestreitet. Über sich selbst sagt Abidal, dass er sehr religiös sei und er glaubt, dass alles was passiert, Schicksal sei. Seit der ersten Operation habe er einen ganz anderen Blick auf das Leben. Er sehe jetzt alles viel entspannter und er soll jetzt mental viel stärker sein, als vor der Operation. Abidal war schon immer ein Vorzeigeprofi. Ein Spieler, der seine Liebe zum Fußball lebte, sie jetzt aber mit großer Wahrscheinlichkeit aufgeben muss.
Alles gewonnen, was es zu gewinnen gab
2007 ist das Jahr, als der FC Barcelona den langbeinigen Verteidiger von Olympique Lyon verpflichtete, um damals die schwache Defensive zu verstärken und um dem stark aufspielenden Rivalen aus der Hauptstadt Paroli bieten zu können. Es dauerte nicht lange und Abidal war aus der Defensive nicht mehr wegzudenken. In seiner ersten Saison bestritt er unglaubliche 46 Spiele für die Katalanen. Ein sehr guter Einstand für den französischen Nationalspieler mit martiniquinischer Abstammung, obwohl die Meisterschaft zum zweiten Mal en suite an Real Madrid ging. Doch mit der Verpflichtung von Josep Guardiola als Trainer sollte alles besser werden. 2009 war für den FC Barcelona sowie für Abidal das Jahr der Superlative. In diesem Jahr konnte er alles gewinnen, was es zu gewinnen gab. Obwohl das Jahr nach Erfolgen nicht mehr zu überbieten war, gab es für Abidal trotzdem etwas zu bemängeln. Durch eine sehr umstrittene Entscheidung im Halbfinale gegen Chelsea, wurde er mit Rot vom Platz gestellt und war somit für das Finale gegen Manchester United gesperrt. Eine Entscheidung, die auch heute nicht nachvollziehbar ist.
„Die erste Sache, an die man denkt, ist die Familie“
Am 15. März 2011 gab der FC Barcelona bekannt, dass ein Tumor in Éric Abidals Leber entdeckt worden sei. Diese Nachricht schockierte nicht nur die Culés, sondern die gesamte Sportwelt. “Die erste Sache, an die man denkt, wenn man die Nachricht hört, ist die Familie. Man will sie nicht allein zurücklassen,” sprach Abidal. Niemand wusste mehr, wie es mit Abidals Gesundheit und seiner Karriere weitergehen würde. Man sprach sogar von einem vorzeitigen Karriereende. Er selbst sagte in einem Interview, dass ihn die Nachricht genauso überraschend getroffen habe wie die Menschen um ihn herum. Von einem Moment auf den anderen habe sich sein ganzes Leben geändert. Laut Abidal soll es auch eine sehr schwere Entscheidung gewesen sein, mit der schlimmen Nachricht vor die Mannschaft zu treten. An jenem 15. März begannen nicht nur die intensivsten Monate seiner Karriere, es begann auch die schwerste Zeit seines Lebens. Dies sei die größte Herausforderung, der er je gegenübergestanden sei. Er selbst beschrieb die Situation folgendermaßen: “Der Kampf gegen den Krebs war meine eigene Champions League. Es war nicht leicht, besonders nicht für meine Familie.” Doch Abidal ließ sich von diesem Schicksalsschlag nicht kleinkriegen und nahm den Kampf gegen die Krankheit auf.
Der Moment der Champions League-Saison
Die Operation verlief erfolgreich und die Ärzte entfernten den Tumor komplett. Somit war Abidal geheilt, doch man prophezeite ihm ein Pause von bis zu sechs Monaten, was das Saisonende bedeuten würde. Er wollte es aber darauf nicht beruhen lassen und er tat alles, um so schnell wie möglich wieder fit zu werden. Für die Fans hatte er auch ein großes Danke parat: „Die Fans haben mich fantastisch unterstützt und das hat mir innere Stärke gegeben um zu kämpfen […] Barca ist mehr als nur ein Klub und das habe ich am eigenen Leibe verspürt.“ Nach nur kürzester Zeit nahm er wieder am Mannschaftstraining teil und bereitete sich auf das Spiel seines Lebens vor. Trotz der Prognose der Ärzte wollte er unbedingt an einem ganz besonderen Spiel teilhaben. Sein großes Ziel war das Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid. „Ich wollte in diesem Spiel unbedingt für ein paar Minuten auf dem Rasen stehen. Der dritte Mai war mein großes Ziel. Ich habe nur zwei Minuten gespielt, aber diese zwei Minuten waren unglaublich emotional. Es war für mich wie ein weiterer Sieg. Der erste war die Qualifikation für das Finale, und der zweite war mein Comeback.“ An diesem Tag begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt. Die ganze Sportwelt zeigte sich von seiner Willensstärke und dem schnellen Comeback fasziniert. Niemand erwartete, dass Abidal nach nur eineinhalb Monaten wieder auf dem Platz stehen würde. Als der für Puyol eingewechselte Abidal auf den Rasen des Camp Nou lief, war es der Moment der gesamten Champions League-Saison. Es war nur menschlich, wenn man seine Tränen der Freude nicht hat zurückhalten können.
Erneuter Rückschlag
Das sollte aber nicht alles gewesen sein. Das Finale war ein weiterer Höhepunkt in seiner Karriere. Nur zwei Monate nach der Operation, verhalf er seinem Team zum Gewinn der begehrtesten Trophäe Europas. Damit hat er auch das erreicht, was ihm zwei Jahre zuvor verwehrt blieb. An diesem historischen Abend durfte Abidal die Trophäe als Erster in den Nachthimmel von London strecken. Ein emotionaler Moment, der uns heute noch Gänsehaut bereitet. Später wurde auch bekannt, dass der Weg zur kompletten Genesung nur über eine Lebertransplantation führe. Abidal und der FC Barcelona sollen davon eine lange Zeit Kenntnis gehabt haben. Das sei auch der Grund dafür gewesen, weshalb man seinen Vertrag frühzeitig bis 2013 verlängerte, um stets hinter ihm zu stehen und um ihn in seinem persönlichen Kampf zu unterstützen.
„Nichts sollte sich ändern“
Die Operation soll heute, am 29. März, stattfinden. Ein langjähriger Bekannter des Spielers soll bereit sein, als Spender zur Verfügung zu stehen. Er habe die selbe Blutgruppe und er wolle Abidal einen Teil seiner Leber spenden. Wir können nur beten und hoffen, dass die Operation ohne Komplikationen verläuft, damit wir Abidal wieder lächelnd sehen können. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er nie wieder in der Lage sein wird, im Profifußball weiterzumachen. Aber was ist schon eine Karriere als Fußballprofi im Vergleich zu einem gesunden Leben mit seiner Familie. Besonders in diesen Augenblicken ist es sehr wichtig, dass ihn seine Fans weiterhin unterstützen, denn diese braucht er nun wie nie zuvor. Auch wenn er nie wieder im Trikot der Blaugrana spielen können wird, ist er mit dem zufrieden, was er hat. Dieser Schicksalsschlag wird ihn nicht daran hindern, sein Leben weiterhin zu genießen: “Nichts sollte sich ändern […] Ich habe eine wunderbare Familie und tolle Freunde. Ich bin beim besten Club der Welt mit den besten Fans der Welt.”
Visca Barca y Animo Abidal