Cesc Fàbregas: Der verlorene Sohn ist endgültig angekommen

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Bildquelle: fcbarcelona.com

Cesc Fàbregas’ Zeit scheint gekommen. Von Spiel zu Spiel verzückt uns der Heimkehrer mit außergewöhnlichen Leistungen und lässt seine Dauerkritiker zunehmend verstummen. Der viel gescholtene Mittelfeldakteur hat seinen Platz im Team gefunden und strotzt geradezu vor Selbstvertrauen. Noch vor wenigen Monaten sah dies anders aus. Unzufriedenheit und Enttäuschung prägten sein Erscheinungsbild. Unser Mitglied Niklas (The-Power) nahm diese erfreuliche Wandlung zum Anlass, eine Abhandlung über den Spieler zu verfassen, welche die wesentlichen Veränderungen und Fortschritte en detail in Augenschein nimmt. 

Vom Luxusspieler zum Leistungsträger

Er ist spätestens jetzt endgültig angekommen, der verlorene Sohn. Nach einer tollen Hinrunde 2011/2012 zum Einstand lief die Rückrunde für ihn nicht so gut wie erhofft – und von vielen Anhängern erwartet -, weshalb eine Diskussion um seine Person aufloderte. Von der allgemeinen Kritik an seiner schwachen Chancenverwertung zu der Zeit, meist an dem Spiel gegen Chelsea in der CL illustriert, steigerte sich die Intensität der Debatte zunehmend und schlug letztlich in eine andere Qualität um – eine Grundsatzdiskussion entbrannte.

Ist eigentlich Platz für Cesc im System von Barca? Gibt es die optimale Position für ihn in einem System mit zwei zentralen Mittelfeldspielern? Die Meinung vieler Culés ging dahingehend, dass Cesc als ‘Falsche 9’ in vorderster Front zu ungefährlich vor dem Tor sei und er im zentralen Mittelfeld seine Qualitäten kaum so gut einbringen könne wie im offensiven Mittelfeld bei Arsenal. War die Fußball-Romantik bereits nach einer Saison gescheitert? War die Rückholaktion des verlorenen Sohnes am Ende nicht mehr als der innere Drang der langjährigen Nostalgie ein Ende zu setzen?

Die Kritik übertrug sich auch in diese Saison, das Stigma des ‘Chancentods’ wird er nur schwerlich wieder los – wie es eben so ist, wenn ein Spieler erst einmal gebrandmarkt wurde. Widrige Bedingungen für ein Aufflammen seiner Qualitäten. Denn Cesc ist vom Spielstil her ein Spieler, der Vertrauen benötigt. Vertrauen in seine Fähigkeit und Vertrauen durch den Trainer und das Team. Das scheint nun endlich gegeben und er dankt es mit tollen Auftritten, avanciert zum Leistungsträger und ist in der Liga der Top-Scorer nach dem Floh. In 9 Spielen konnte er 10 Scorerpunkte sammeln (3 Tore, 7 Vorlagen; und das bei einer effektiven Spielzeit von nur 7 1/3 Spiele) und diese auch noch auf einem hohem Niveau. Seine Pässe in die Schnittstelle und in den Raum sind einzigartig, seine Übersicht im letzten Drittel ist auf einem Niveau mit Xavis Übersicht in der Schaltzentrale. Cesc ist also wohl endgültig bei Barca angekommen, und das ist gut so.

Cesc hat das Spiel des FC Barcelona verinnerlicht

Doch die zu Beginn aufgeworfene Frage wurde damit noch nicht hinreichend beantwortet: Gibt es DEN Platz für Cesc im Barca-Spiel? Die Antwort gibt er in letzter Zeit regelmäßig, illustrieren kann man es sehr gut anhand des letzten Spiels.

Er lief, wie unter Tito bis dato immer, nominell als zentraler Mittelfeldspieler auf, einer Position, für die er nicht geschaffen sei, wie des Öfteren zu hören war. Doch da er auf dieser Position bisher herausragende Performances anbot, muss die kritische Hinterfragung bezüglich der Tragbarkeit dieser Aussage erlaubt sein. Hat er es seinen Kritikern bewiesen? Laut eigener Aussage fühlt er sich mittlerweile sehr wohl auf der Position in der Schaltzentrale, was keine 0815-Aussage sein dürfte, da er sich während der letzten Saison ehrlicherweise noch kritischer diesbezüglich äußerte und anmerkte, dass er sich noch an das Spiel, an die Umstellung gewöhnen müsse.

Im Spiel gegen Rayo Vallecano brillierte er nicht nur in der Offensive, erfüllte nicht nur den Auftrag an einen offensiven Mittelfeldspieler exzellent. Er wuchs regelrecht in seine Rolle herein und offenbarte all die notwendigen Fähigkeiten, der es im zentralen Mittelfeld bedarf.

1. Laufarbeit und Zweikampfverhalten
Ein Kritikpunkt befasste sich immer mit Cesc’ Zweikampfverhalten in der Defensive. Beim Defensivzweikampf manifestierte sich des Öfteren ein schwaches Stellungsspiel, wodurch er den Gegner nicht immer so unter Druck setzen konnte, wie es notwendig gewesen wäre. Hinzu kam, dass er häufig nicht adäquat nachsetzte und zudem ein ums andere Mal ungeschickt agierte. Kurzum: Zum Achter sui generis, wie er im Barca-System existiert, fehlte ihm etwas. Diese Saison sieht das anders aus und lässt große Hoffnung aufkeimen, dass er in absehbarer Zeit vollständig in die Rolle des – offensiven – Achters hineinwächst. Im Spiel am Samstagabend ging er mit vorbildlichem Einsatz voran, gewann entscheidende Zweikämpfe und verstand es, den Gegner zumindest so stark zu stören, dass dieser sich von seinem Vorhaben abwenden und das Aufbauspiel neu strukturieren musste. Im zentralen Mittelfeld ist das bereits ausreichend, weil die entscheidende Zweikämpfe bei einer von beiden Mannschaften intakten Grundordnung von der Viererkette, dem Sechser sowie auf den Außenbahnen im Allgemeinen geführt werden. Als Achter reicht es unter dieser gegebenen Prämisse einer entsprechenden Struktur auf beiden Seiten – ergo sind spezielle Konter, Offensivpressing sowie in Teilen das Unterzahlspiel exkludiert – zunächst aus, den Spielaufbau des Gegners zu stören, indem man den Gegner zu Rückpässen oder Pässen zur Seitenlinie zwingt und damit vorerst den Weg zum Tor versperrt oder den sauberen Pass in die Spitze verhindert. Gegen Vallecano konnte Cesc auch in diesen Punkten glänzen und überwand damit eine schon chronisch anmutende Schwäche auf dieser Position.

2. Strukturierung des Aufbauspiels
Die zentralen Mittelfeldspieler sind in unserem Fall die entscheidenden Akteure zur Strukturierung des Aufbauspiels, zur Bestimmung des Tempos, zur Spielverlagerung sowie zur Initiation von Angriffen. In der defensiveren Ausprägung eines Achters ist es zumeist Xavi, der sich die Bälle abholt und den Taktstock schwingt, während sein Nebenmann auf der Acht etwas weiter vorne agiert und seinen entscheidenden Einfluss in der gegnerischen Hälfte ausübt. Beim 5:0-Auswärtssieg war gut eine Art Wechselspiel zu erkennen, die den Spielaufbau des Teams im Gesamten noch deutlich variabler gestaltet. Cesc war also nicht nur auf Bälle aus der Defensive angewiesen, sondern verlagerte seine Präsenz selbst häufig in die eigene Hälfte und sorgte neben Xavi für eine gute Ballverteilung. Trotz Cesc’ offenkundigem Offensivdrangs führt er also auch die andere, defensivere Rolle in letzter Zeit mit Bravour aus. Er gewann im Laufe der Zeit an Ballsicherheit und lernte noch besser, wann er den einfachen Ball spielen musste und wann seine starken – aber eben riskanteren – vertikalen Pässe angebracht sind. Mittlerweile stimmt die Mischung wie es scheint und das sorgt dafür, dass er auf der einen Ebene an Qualität im seinem Spiel gewinnt, ohne auf der anderen Ebene nachzulassen.

Cesc und Leo – die Geschichte einer Symbiose

Wie allen weitläufig bekannt ist, genießt Messi in unserem Spiel einen Sonderstatus. Messi wird von Pressing-Aufgaben in großen Teilen befreit und darf im Endeffekt den ganzen Platz als Bühne nutzen, sich dort positionieren, wo er den größten Einfluss auf das Spiel nehmen kann. Als nomineller zentraler Akteur in der Spitze wird sogleich evident, dass er bei Erhaltung des Positionsspiels einen Rochade-Partner benötigt. Würde er auf die Seite ausweichen, um von dort aus etwa einem dicht besetzten Zentrum zu entgehen, müsste ein Flügelspieler für ihn in die Mitte rücken. Doch Messi ist anders gestrickt, will am Spiel partizipieren und lässt sich daher häufig fallen, um ins Spielgeschehen eingreifen zu können und selbst den Spielaufbau voranzutreiben. Mit Cesc hat er den idealen Partner hierfür gefunden, der seine Rolle als offensiver Achter, weil die Rochade meist auch nur in der gegnerischen Hälfte vollzogen wird, an Messi abgibt und ins vordere Zentrum vorstößt, wo er jedoch weiterhin – wie es überhaupt seine grundsätzliche Art ist – den Ball fordert, folglich viel in Bewegung ist. Diese Stellung der beiden Ausnahmekönner bietet enorm viel Potenzial und führt nicht selten zu einer im Fußball kaum gekannten Kongenialität. Messi, der den Ball bekommen hat, sucht den sich anbietenden Fabregas, bringt den Ball zu ihm und beginnt damit eine Kombination, die nicht selten zu großer Gefahr führt. Messi und Cesc können beide auf engem Raum und unter höchster Bedrängnis den Ball direkt weiterleiten, können beide den entscheidenden Pass durch die Lücke in den Raum hinter der Abwehrkette spielen und suchen zudem beide auch als Nicht-Ballführende den Weg in eben genau diesen Raum. Diese Co-Produktion als solche gepaart mit einer Durchführung auf höchstem Niveau ist eine Waffe. Eine Waffe, von der beide Spieler profitieren – in dieser Konstellation entstehen Synergien, die in dieser Form, Ausprägung und Intensität nur selten zu finden sind. Im Prinzip gibt es keine Spielerkombination, die dieses offensive Zusammenspiel so exzellent hinbekommen kann und auch für Messi ist kein einziger Spieler ersichtlich, der als Partner im letzten Spielfelddrittel besser geeignet wäre als Cesc. Dieses Band muss noch weiter gestärkt werden, denn das schlummernde und bereits ausgetretene Potenzial ist schlichtweg unglaublich.

Fazit

Cesc hat seinen Platz gefunden. Als offensiverer Part des zentralen Mittelfelds kann er seine Stärken beim finalen Pass stark ausspielen, ohne dabei – bedingt durch eine gute Entwicklung – die defensiven Pflichten zu vernachlässigen. Diesbezüglich präsentiert er sich stark verbessert und stets engagiert im Vergleich zu weiten Teilen der letzten Saison, in der er jedoch auch nicht immer diese Position inne hatte. Hinzu kommt sein herausragendes Spiel mit Messi, der in Cesc die Person gefunden hat, die seine Rochaden optimal ermöglicht und zudem dafür sorgt, dass auch nach dem Fallenlassen noch Gefahr für die gegnerische Hintermannschaft entstehen kann.

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Danke an Niklas für diesen tollen Beitrag.

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