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Das Copa del Rey-Aufeinandertreffen mit Córdoba CF war für den Trainerstab des FC Barcelona die ideale Gelegenheit, um Spielern aus der zweiten Garde Spielpraxis zu vermitteln. Die Jungtalente Montoya, Sergi Roberto, Thiago, Bartra, dos Santos und Tello bekamen die Chance, ihr Können darzubieten und sich für weitere Einsätze zu empfehlen. Alle Spieler erfüllten ihre Aufgaben zur überwiegenden Zufriedenheit. Zwar handelt es sich bei Córdoba nur um einen Zweitligisten, dennoch ist es für die jungen Spieler nicht leicht, nach langen Phasen des Leerlaufs ihr Leistungspotenzial auf den Punkt abzurufen, um die Gunst von Tito Vilanova nicht herauszufordern. Das ist das Beeindruckende an den jungen Spielern, sie erhalten verhältnismäßig wenig Einsatzzeit, doch wenn sie gebraucht werden, kann man auf sie zählen.
Junge Talente haben es schwer
Beim FC Barcelona herrscht zurzeit eine sonderbare Situation vor. Viele junge Talente umgeben den Verein, die nur darauf brennen, es in die erste Mannschaft zu schaffen bzw. nach Möglichkeit auch in die Startformationen. Eine Luxussituation für den Verein, der nicht allen Träumen und Wünschen seiner jungen Spieler entsprechen kann. Nahezu jedem Spiel könnte Entscheidungscharakter zukommen, der Spielraum für individuelle Fehler und damit einhergehend für Fehler bei der Wahl des Kollektivs ist gering. Andere große europäische Vereine besitzen nicht solch ein Überangebot an talentierten Spielern und die Anspruchshaltung ist auch nicht mit derjenigen der Katalanen zu vergleichen. Sie können es sich leisten, ihrer überschaubaren Anzahl an jungen Spieler regelmäßige Spielzeit zu gewähren, ohne dass das Leistungsvermögen der Mannschaft beeinträchtigt wird. Marc Bartra und Co. haben es da wesentlich schwieriger. Tito Vilanova ist dem Erfolg verpflichtet, die öffentliche Erwartungshaltung ist enorm. Er muss stets eine schlagkräftige Elf aufs Feld führen, damit die Saisonziele – optimalerweise das Tripple – nicht verfehlt werden. Spiele, bei denen ein überschaubares Risiko vorhanden ist, sind im Verlauf einer Saison eine Seltenheit. Das Spiel gegen Córdoba war für viele junge Spieler vorerst die letzte Chance, Beweis über ihre Qualitäten abzulegen. Gemessen an der Bedeutung der Partien sollte die Spielzeit der jungen Akteure in der Rückrunde noch abnehmen, da es in diesem Zeitrahmen um Titel geht und sich regelmäßig das beste Kollektiv auf dem Platz einfinden wird.
Große mentale Belastungsfähigkeit
Keine guten Aussichten für die Barça-Talente. Hoffnung vermittelt ihnen jedoch der Umstand, dass die Meisterschaft – ein konstantes Leistungsniveau vorausgesetzt – schon früh in der Saison klar gemacht werden könnte. Dann stünde einigen Einsätzen in La Liga nichts mehr im Wege. Noch ist es aber nicht so weit. Momentan beschäftigen uns vielmehr die Eindrücke des Córdoba-Spiels und die Art und Weise, wie die kommenden Stars aufgetrumpft haben. Lange Zeit trainierten die jungen Spieler während eines Spiels nicht mehr als ihre Gesäßmuskulatur, die im Hinblick auf die langwierige Sitzbelastung ziemlich abgestumpft sein müsste. Das Spiel gegen Córdoba war eine willkommene Abwechslung vom trüben Spieltagsalltag, der oftmals auf der Tribüne, der Bank oder im Miniestadi bei der Barça B endete. Eigentlich sollte man meinen, dass die Anspannung bei den jungen Hoffnungsträgern so hoch ist, dass sie in solchen Spielen nur einen Bruchteil ihres Potenzials abrufen können. Sie erhalten nur selten die Gelegenheit, sich den Zuschauern und den Trainern zu präsentieren, und genau in diesem Moment müssen sie über sich hinauswachsen und die Trainer nachhaltig von ihrem Können überzeugen. Kein leichtes Unterfangen, doch dem Anschein nach kommt die Zukunft des Vereins wunderbar mit dieser Belastungssituation zurecht. Es war kein Anflug von Nervosität bei den Spielern zu verspüren, wie die ganz großen schaukelten sie die Partie nach Hause und hinterließen hocherfreute Zuschauer, die auch ohne Messi auf ihre Kosten gekommen sein dürften. Hohe Fußballkunst in jungen Jahren ist nur ein Aspekt der Ausbildung beim FC Barcelona, der andere liegt in der mentalen Stärke, die den Spielern beigebracht wird. All ihre Anstrengungen im Training gebühren einer kleinen Bühne, die ihnen zugestanden wird. Wenn sie auf der Bühne stehen, sind sie in der Lage, der Mannschaft zu helfen – das zeichnet sie aus.
Mangel an Erfahrung
Junge Spieler anderer Mannschaften können sich hingegen austoben, dürfen Fehler machen, ohne dass dies ihnen zum Nachteil gereicht. Beim FC Barcelona sind Fehler nach Kräften zu vermeiden, nicht, weil bei ihnen nur unfehlbare Persönlichkeiten spielen dürfen, sondern schlicht aufgrund der geringen Einsatzzeit, die den Nachwuchskräften zuteil wird. Eine unbeschwerte wilde Jugend in fußballerischer Hinsicht sieht anders aus. Die jungen Barça-Stars sind aber schon längst über diesen Punkt hinaus. Präzision, Besonnenheit, Disziplin und ein überragendes Verständnis für Teamwork kennzeichnen ihr Wesen. Sie sind reifer und erwachsener als viele ihrer Altersgenossen im Fußball. Was ihnen aber eindeutig fehlt, ist die Erfahrung. Ob dieses Defizit für den FC Barcelona irgendwann noch ins Gewicht fallen wird, bleibt abzuwarten. Die Fußballwelt jedenfalls hat eine erhebliche Verjüngungskur hinter sich. Viele Spieler, die nicht einmal das 25. Lebensjahr vollendet haben, können bereits auf eine fundierte WM- und EM-Erfahrung zurückgreifen; Toni Kroos ist hierfür ein gutes Beispiel. Es wäre wünschenswert, dass sie diesen Rückstand an Erfahrung durch die Barça-Tugenden kompensieren können. Leicht wird dies freilich nicht.