Nach unserem ersten Teil von Andrés Iniestas langem Interview mit der spanischen Tageszeitung ‘Sport’ präsentieren wir euch den zweiten Teil der interessanten Fragerunde. Hauptthemen sind dabei die Schlichtung von Mannschaftskonflikten sowie die fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen gegen Barça in dieser Saison. Des Weiteren ging der Kapitän der Blaugrana auch noch auf seine letzte Spielzeit ein, der Kadergröße des FC Barcelona sowie dem Weggang von Pedro.
Würden Sie ihre 26. Trophäe gerne im San Siro [Austragungsort des Champions-League-Finales 2016; Anm.] feiern?
„Ich hoffe, dass ich den 26. schon etwas früher feiern darf, nämlich bei der Klub-Weltmeisterschaft. Ich hoffe, dass wir ihn in Japan gewinnen und das Jahr mit fünf Titeln abschließen können. Für die anderen werden wir kämpfen, auch wenn es niemals leicht ist. Nun sagen zwar alle, dass unsere Champions-League-Gruppe leicht ist, aber das ist niemals der Fall. Alles im Fußball braucht eine Menge Arbeit.”
Ist es als Kapitän nun schwierig mit Luis Enrique, der eine sehr harte Tonart besitzt, ein Gespräch zu führen?
„Nein, die Dinge mit unserem Trainer verlaufen gut. Ich habe ihn schon zuvor gekannt und wir verstehen uns ziemlich gut. Die erste Saison ist niemals leicht. Dass wir unsere Ziele gleich erreicht haben, hat alles ruhiger gemacht und uns gestärkt. Jeder kommt mit dem Trainer gut aus. Die Gruppe ist zudem stark und gut zurückgekommen und ist bereit, nach vorne zu schreiten.”
Sind Sie bereit, eventuelle Probleme in der Umkleidekabine zu lösen?
„Es geht nicht darum, irgendwelche Probleme zu lösen. Im Leben gibt es immer wieder die guten, aber ebenso auch die schlechten Momente. Das ist nicht allzu wichtig, sondern etwas ganz Normales. Dinge besitzen manchmal eine geringere oder größere Relevanz. Wir teilen jeden Tag miteinander, es gibt sehr viele Fußballer und nicht alles kann perfekt sein. Ich kann Ihnen versichern, dass alle Umkleidekabinen, in denen ich schon war, spektakulär waren. Du hörst manchmal von Sachen, die in anderen Klubs passiert sind, und dann siehst du, welches Glück du mit deiner Gruppe an Spielern hast.”
Sie sind in dieser Saison schon verwarnt worden. Denken Sie nun, dass Sie in dieser Saison öfter um den Schiedsrichter stehen müssen, um Entscheidungen anzuzweifeln?
„Ach, ich bitte Sie. Ich habe bislang doch lediglich eine Gelbe Karte im San Mamés erhalten…”
Aber Sie haben doch auch protestiert, als Piqué vom Platz gestellt wurde?
„Ich bin aber doch nicht in derartige Situationen involviert, nur weil ich die Armbinde trage, sondern weil das Momente großer Anspannung sind. Es ist wahr, dass man als Kapitän mehr Gespräche mit dem Schiedsrichter führen kann. Aber es ist nicht so, dass sich das alles geändert hat, weil ich nun der Kapitän bin.”
Bezüglich der Schiedsrichter-Entscheidungen in dieser Saison: Wie bewerten Sie all die Pfiffe gegen Barça?
„Es gibt immer verschiedene Meinungen. Der Job des Schiedsrichters ist sicherlich sehr schwierig. Du wirst von jedem genaustens betrachtet und es ist nicht leicht, Entscheidungen zu treffen, die in so einer kurzen Zeit getätigt werden müssen. Wir fokussieren uns lediglich darauf, Fußball zu spielen, uns so gut wie möglich zu schlagen und Spiele zu gewinnen. Es gibt eben auch Dinge, die du nicht kontrollieren kannst.”
Aus einem rein individuellen Standpunkt aus betrachtet: Haben Sie sich von Xavi nun herausentwickelt und kreieren Sie nun mehr mit Busquets?
„Mein Spiel hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, so wie bei all den anderen Spielern im Team. Im Fußball variieren die Dinge mit der Zeit, aber was am Wichtigsten ist, ist gut zu sein, auf seine Auftritte zu achten und sich gut zu fühlen. Später fühlst du dich dann auch gut, was auch immer du gerade spielst. Es gibt Zeiten, wo du das Spiel eher kontrollierst, andere wiederum, wo du schneller nach vorne gelangen willst, um den Gegner aus der Balance zu bringen. Das passiert nicht nur in dieser Saison, sondern in den zuvorgegangenen Spielzeiten auch. Die Essenz des Spieles sollte aber immer darauf basieren, dass man sich selbst treu bleibt.”
Von außen betrachtet erscheint es, dass Sie es mehr genießen, als Sechser zu spielen – der Position, die Sie als Youngster noch getragen haben. Stimmt das?
„Ich habe es schon immer genossen, etwas weiter vorne zu spielen [als Achter; Anm]. Es ist eine Position, wo man das Spiel kontrollieren kann, den Ball oft am Fuß hat und auch im richtigen Moment nach vorne ziehen kann.”
Sie sagen, dass Sie sich jedes Jahr verbessern können. Aber wo liegen denn nun diese Verbesserungsbereiche?
„Ich denke, dass ich mich überall verbessern kann. In all den Aspekten meines Spieles gibt es Raum, wo man besser werden kann.”
Wie beispielsweise beim Schießen von Toren…
„Ich befand mich im letzten Jahr nicht in den Zonen, wo ich gerne gewesen wäre. Auch wenn es etwas ist, worauf ich mich nicht sonderlich fokussiere. In anderen Spielzeiten habe ich viele Tore geschossen und viele Assists gegeben, aber ich habe meine persönlichen Leistungen nicht danach gerichtet. Im letzten Jahr habe ich mich in verschiedenen Phasen des Spiels gut gefühlt und gespürt, dass ich wachse [als Spieler; Anm]. In diesem Jahr werde ich versuchen, diese Gefühle zu verwalten und mich jeden Tag zu verbessern.”
Bezüglich der Kadergröße gibt es von einigen Fans Bedenken, dass er bis Januar eventuell zu klein sein könnte…
„Wir wissen nicht, was bis dahin alles passieren wird. Wir leben im Hier und Jetzt und ich weiß nicht, ob es nun ein Vor- oder Nachteil ist, dass wir in diesem Sommer keine Spieler registrieren konnten. Es ist wahr, dass es sich hier um keine normale Situation handelt, aber wir müssen mit dem, was wir jetzt haben, vorankommen. Wir werden es aber auf keinen Fall als Entschuldigung benutzen, wenn die Ergebnisse einmal nicht stimmen sollten.”
War Pedros Weggang ein emotionales Ereignis für die Mannschaft?
„Wir haben viel miteinander erlebt. Einige unvergessliche Momente, andere wiederum, die nicht so gut waren, aber es ist nicht nur eine Frage von Teamkameradschaft, sondern von Freundschaft und Menschlichkeit. Es ist nicht leicht die Entscheidung zu treffen, einen Klub wie Barça zu verlassen. Es ist schwierig, nicht in einer derartigen Situation sein zu wollen, aber Pedro hat mutig gehandelt.”
Was in den früheren Duellen Barcelonas mit (José) Mourinho passiert ist, muss für die Culés nicht von großer Bedeutung sein?
„All diese Angelegenheiten sind die Leistungen, die er für Barcelona geboten und produziert hat, das war nun einmal Pedro. Er wird für alles, was er hier getan und geleistet hat, für immer die Zuneigung von Barça-Nahestehenden erhalten.”