Lange Zeit war Aleix Vidal für die Culés ein großes rätselschaffendes Mysterium. Der Katalane kam zum FC Barcelona und anfangs waren die Hoffnungen groß, dass der Junge viel Einsatzzeit bekommen und auf Dauer ein ebenbürtiger Nachfolger von Dani Alves werden könnte. Dass zum damaligen Zeitpunkt lediglich Douglas der einzige gelernte Außenverteidiger war und Sergi Roberto noch Mittelfeld beheimatet war, zwang den FC Barcelona nämlich dazu, Aleix Vidal zu verpflichten, der zuvor eine starke Saison beim FC Sevilla gespielt hatte. Dennoch wurden die Culés enttäuscht, denn Luis Enrique entschied sich, den Rechtsverteidiger nach Ende der Transfersperre kaum einzusetzen. Ausgerechnet dann, als sich der Coach der Blaugrana wieder umentschied und Aleix Vidal seine Klasse unter Beweis stellte, geschah das, was nicht geschehen durfte: Er verletzte sich und fällt nun für die restliche Spielzeit aus.
Die Verletzung Aleix Vidals: Nach dem Höhenflug kommt der tiefe Fall
Nun erstmal verschnaufen. Wo soll man anfangen? Wie beschreibt man das Geschehen am einfachsten? Das kann einem bei dem Video schwer fallen, besonders wenn man weiß, wie schwerwiegend eine solche Verletzung am Sprunggelenk sein kann. Beginnen wir zunächst unchronologisch: Gute Besserung, Aleix!
Eigentlich schien es so, als hätte Aleix endlich Fuß in der Startelf des FC Barcelona gefasst. Grund dafür waren einerseits die mangelnde Konstanz Robertos auf der Außenverteidigerposition und andererseits der blühende Aufschwung Aleix Vidals. Für ihn schien es nun besser zu laufen, doch plötzlich ging Aleix Vidal in den Schlussminuten eines souveränen 6:0-Sieges gegen Alavés zu Boden und verzerrte sein Gesicht schmerzerfüllt, während sich sein rechter Knöchel scheinbar von seinem Körper verabschieden wollte und rausragte – vielleicht war es auch nur eine riesige Schwellung durch die Wucht des Aufpralls. Nachdem Vidal auch in dieser Partie direkt zu Beginn durch ein Tor von Luis Suárez einen Assist zu verbuchen hatte, kollidierte der Rechtsverteidiger mit Theo Hernández von Deportivo Alavés in der 86. Spielminute. Der Akteur des FC Barcelona setzte zum Lauf mit dem Ball an, als der Alavés-Spieler seitlich reingrätschte. Ehe sich jemand versah, lag Aleix Vidal mit einer üblen Knöchelverrenkung am Boden. Laut offiziellem Statement des Vereins ist mit einer Ausfalldauer von fünf Monaten zu rechnen. Damit ist die Saison 2016/17 für Aleix Vidal gelaufen.
Die Katalanen haben indes die Erlaubnis erhalten, einen Ersatz für den ausgefallenen Rechtsverteidiger zu verpflichten. Zwar hätte man mit Sergi Roberto noch einen möglichen Rechtsverteidiger in der Mannschaft, man könnte aber auch auf eine Dreierkette umstellen oder sogar einen Jugendspieler hochziehen. Aber da solche Experimente oder erzwungene Notlösungen nicht im Sinne des Erfinders liegen, ist es den Vereinen in La Liga erlaubt, einen Transfer außerhalb der Transferperiode zu tätigen. Bedingung hierfür ist – wie bei Aleix Vidal – eine saisonbeendende Verletzung für einen Spieler des Vereins. Tritt solch eine Verletzung ein, müssen die Vereine zwei Faktoren beachten, wenn es darum geht, einen Akteur zu verpflichten:
1. Der Spieler muss ebenfalls in La Liga spielen (oder vertragslos sein).
2. Der Spieler darf nur in spanischen Wettbewerben auflaufen.
Aleix Vidal: Von der Bank auf das Spielfeld – und von dort aus auf das Krankenbett
Aleix Vidal wurde verpflichtet, nachdem man verzweifelt nach einem Nachfolger für Dani Alves suchte: Montoya, Douglas, Roberto und Co., wobei Sergi Roberto eher eine Notlösung darstellte – keiner war so wirklich ein ebenbürtiger Ersatz für den brasilianischen Superstar. Dieser Ersatz musste allerdings her, denn der Abgang von Dani war schon lange in Stein gemeißelt und es war klar, dass eine Lücke im Team bleiben würde, die so leicht nicht gefüllt werden konnte. Der FC Barcelona verpflichtete in der Saison 2015/16 Aleix Vidal. Dieser war jedoch zu Beginn noch nicht Teil des offiziellen Kaders, da Barça eine Transfersperre absitzen musste. Im Januar 2016 durfte Aleix Vidal, ein bis dahin unbeschriebenes Blatt für viele Culés, dann endlich debütieren. Vidal zeigte sich solide, konnte aber nicht auf Anhieb überzeugen. Die Fans gaben dem Rechtsverteidiger weitere Chancen und man war sich sicher, dass der fehlende Wow-Effekt der langen fußballlosen Pause geschuldet war. Nur schien Luis Enrique sich im Laufe der Zeit zu denken, dass Aleix wohl besser nicht spielen solle. Woran das lag, kann bis heute keiner so genau sagen: Gab es Zusammenhänge mit der Einstellung des Katalanen? War Vidal im Training zu schlecht? Hatte Luis Enrique ein persönliches Problem mit ihm [Anm. d. Red.: Aleix Vidal gab auf Periscope auf die Frage, wie es sei für Barça zu spielen, die Antwort, dass es neben Mathieu auf der Bank sehr gemütlich sei. Eventuell könnte das dazu beigetragen haben, dass sich die Situation verschlechterte hat]. Jedoch sind das alles nur leere Spekulationen ohne fixe Anhaltspunkte und den wahren Grund wird man vielleicht erst in einigen Jahren erfahren. Deshalb werden wir auch nicht mehr weiter auf dieses Hin und Her zwischen Luis Enrique und Aleix Vidal eingehen und blicken mal auf die Fakten:
Bis zum November 2016 hatte Aleix Vidal ein ganzes Saisonspiel bestritten. Bitter für einen Akteur, der zum FC Barcelona wechselte und sich erhoffte, in die Fußstapfen eines Dani Alves zu treten.
Doch der Dezember 2016 sollte Aleix’ Monat werden. Der Katalane verzeichnete seinen ersten Assist für die Blaugrana. Am 06.12.2016 legte der 27-jährige den Ball auf den Fuß Arda Turans, der zum 2:0 gegen Borussia Mönchengladbach traf. Somit verhalf Aleix Vidal der Blaugrana, einen 4:0-Sieg im Camp Nou einzufahren. Von diesem Tag an sollte es wohl endgültig besser laufen. Aleix Vidal erhielt seitdem sechs weitere Einsätze [Anm. d. Red.: bis zum 06.12.2016: zwei Einsätze, ab dem 06.12.2016: sieben Einsätze]. Der Außenverteidiger verbuchte in diesen sechs weiteren Spielen zwei Assists und zwei Tore. Somit war der Katalane in fünf Matches an vier Toren beteiligt. Eine Statistik, die man bis zu dem Zeitpunkt wohl von jedem, nur nicht von Vidal erwartet hätte. Der Treffer gegen Las Palmas hatte ergebnistechnisch eigentlich nicht mehr allzu viel zu bedeuten. Schließlich war der Schuss von Aleix das Tor zum 5:0 in der 80. Minute. Jedoch war klar zu erkennen, wie sich Trainer, Mitspieler, Aleix, Fans und alle anderen nach diesem Treffer gefreut haben. Es schien, als wäre eine Wette am Laufen gewesen, dass Aleix ausgerechnet in dieser Partie treffen werde. Auf jeden Fall war der Jubel von allen Seiten so ausgelassen, dass man vermuten kann, dass nach diesem Treffer jeglicher Groll zwischen Luis Enrique und Aleix Vidal aus der Welt geschaffen war. Vidal hatte auch unabhängig vom Treffer keine schlechte Partie gespielt: Eine Passgenauigkeit von 86% und 91 Ballberührungen sind Zahlen, die sich sehen lassen können. Aleix Vidal war in dieser Partie immerhin am häufigsten am Ball. Die weitere Rangliste der Ballberührungen ist hier zu sehen:
Er war somit einer der Akteure auf dem Spielfeld, die am meisten in das Spielgeschehen des FC Barcelona eingebunden wurden. Eventuell trug dieses Einbinden dazu bei, dass der 27-Jährige das nötige Selbstvertrauen gewann und somit auch gegen Bilbao ein Tor verwandeln konnte und gegen Eibar und Alavés mit je einem Assist glänzen konnte. Wo wir nun auch schon bei der Partie gegen Alavés angekommen sind. Das Buch, das von Aleix’ raketenförmigen Aufstieg handelt, ist nun vorerst geschlossen und in den Bücherregal gesteckt worden.
Aleix Vidal ist nicht einsatzbereit: Wer übernimmt jetzt die rechte Außenverteidigerposition?
Nachdem nun für ein halbes Jahr nicht mit ihm gerechnet werden kann, gilt es, eine Alternative für den Defensiv-Akteur zu finden. Dabei hat Barça mehrere Optionen:
1. Einen Ersatz innerhalb des Kaders ernennen/das System umstellen
2. Einen Jugendspieler hochziehen
3. Einen externen Spieler verpflichten
1a. Einen Ersatz innerhalb des Kaders ernennen
Die heißesten internen Anwärter für die Position des Rechtsverteidigers sind aktuell wohl Mascherano, Umtiti und Sergi Roberto. Jeder der drei Akteure bringt Vor- und Nachteile mit sich. Beginnen wir mit Samuel Umtiti: Der Franzose ist schnell und physisch bestens ausgestattet. In seiner bisherigen Spielzeit hat Samuel Umtiti bisher in nahezu jeder Partie überzeugt und gehört in dieser Saison definitiv zu den besten Spielern des FC Barcelona. Da wäre es trotz seiner Linksfüßigkeit nicht einmal überraschend, dass er auch auf der Außenverteidigerposition zu überzeugen wissen würde – einzig die Erfahrung auf der Außenposition fehlt hier wohl. Die hätte jedoch Javier Mascherano, der ebenfalls schnell ist. Der Argentinier ist zwar langsamer als Umtiti, gleicht dies jedoch mit seinem hervorragenden Stellungsspiel und seiner aggressiven Zweikampfführung makellos aus. Allerdings dürfte man in diesem Fall wenig Akzente nach vorne erwarten, da Mascherano nicht der typische Spieler ist, der mit nach vorne stürmt. Das überlässt der Argentinier lieber anderen. Weiterhin gäbe es natürlich noch Sergi Roberto, allerdings scheint es so, als würde er selbst nicht mehr auf der Außenverteidigerposition spielen wollen und auch Lucho dies nicht unbedingt gutheißen.
1b. Das System umstellen
Eine weitere interne Änderung könnte des Weiteren durch einen Systemwechsel erfolgen. Barça spielt seit Jahren auf dem Papier in einem 4-3-3. Dies könnte man in ein 3-4-3 umändern. Mit Mascherano, Umtiti und Piqué hat man das nötige Spielermaterial um eine stabile Dreierkette aufzustellen. Die Sturmreihe wird an dieser Stelle als Neymar-Suárez-Messi festgelegt. Damit blieben im Mittelfeld noch vier Plätze. Geht man davon aus, dass Busquets und Iniesta eine Stammplatzgarantie haben und Alba von seiner Verteidigungsposition ein wenig weiter nach vorne ins Mittelfeld aufrücken würde, bliebe noch genau ein Platz frei. Dieser Platz könnte nun von Arda, Rakitic, Denis Suárez oder Rafinha eingenommen werden. Derjenige, der auf dieser Position agiert, wäre weiterhin ein Mittelfeldspieler, müsste allerdings defensiver agieren, um – ebenso wie Jordi Alba – die Abwehrreihe zu entlasten. Die Last würde sich jedoch durch die guten Verteidiger im Rahmen des Machbaren bewegen. Hier wäre vollkommen offen welcher Akteur diese Rolle am Besten einnehmen könnte. Diese Umstellung hätte einen gigantischen Vorteil. Keiner der qualitativ hochwertigen drei Innenverteidiger müsste auf der Bank sitzen und der Überschuss an Mittelfeldspielern würde auch geringer, da mehr Akteure dort auflaufen und sich beweisen könnten.
2. Einen Jugendspieler hochziehen
Diese Option hätte den Vorteil, dass man einem der vielversprechenden Talente aus der Jugendakademie die Tür öffnet, um im A-Team zu spielen und Erfahrungen zu sammeln. Wenn es klappt: Hervorragend. Falls nicht, dann hat man zumindest kein Geld für einen externen Akteur aus dem Fenster geschmissen, sondern lediglich einen kostenlosen Jugendspieler hochgezogen. Hier wäre es spannend zu sehen, welcher Jungspund das Potential hätte, um sowohl physisch als auch psychisch mit dem Rest der Liga kompetitiv zu sein. In Frage kämen Spieler wie Nili oder Palencia, allerdings hätten beide wohl große Probleme, offensive Akzente zu setzen und in dieser Hinsicht wäre dann sogar Sergi Roberto die bessere Wahl.
3. Einen Externen Spieler verpflichten
Ja, die Gerüchteküche brodelt mal wieder. Man darf nur eines nicht vergessen: Falls ein Spieler nur als vorübergehende Notlösung geholt wird, dann darf er nicht allzu viel kosten, da man sich im Sommer von dem Geld einen vernünftigen Rechtsverteidiger holen könnte. Soll es doch direkt schon ein Spieler werden, der auf Dauer bleiben wird? Dann muss man hier weise entscheiden und überlegen, ob es auf lange Sicht nicht besser wäre, den Jugendspielern die Chance zu geben.
Jetzt seid ihr gefragt: Welches der kursierenden Gerüchte haltet ihr für am sinnvollsten? Was denkt ihr, wer kommen wird oder wer aus den eigenen Reihen die Position von Aleix Vidal besetzen wird?
*sämtliche Zahlen und Statistiken sind von www.whoscored.com