Jeder Clásico ist anders und eine einzigartige Erfahrung für sich. Und doch wird es etwas seltsam sein, wenn das Spiel dieses Mal angepfiffen wird, ohne dass wir die seit Jahren prägenden Gesichter von Xavi Hernández und Iker Casillas zu sehen bekommen. Beim FC Barcelona bzw. bei Real Madrid verbrachten die beiden zusammengerechnet ein halbes Jahrhundert, spielten insgesamt 36 Clásicos gegeneinander. Tragende Rollen in den Mannschaften fallen nun anderen Spielern zu.
Xavi und Casillas gehen neue Wege
Zu alt, zu schwach, vergrault, geliebt – unter verschiedenen Vorzeichen und doch mit einigen Gemeinsamkeiten entschieden sich Xavi und Iker Casillas dafür, die Vereine ihres Lebens zu verlassen und das Glück in der Fremde zu suchen.
Bei Xavi ist die Fremde etwas weiter weg. Der Katalane ging mit 35 Jahren den Weg nach Qatar zum Al-Sadd Sport Club; ein Wechsel innerhalb Europas kam für ihn nicht in Frage. Neben einem üppigen Gehalt wartet auf ihn im Anschluss an seine Spielerkarriere dort die Möglichkeit, als Trainer weiterzuarbeiten. Persönlich erwischte er wohl den idealen Zeitpunkt, beim FC Barcelona auszusteigen. In der vergangenen Saison bildeten in der Regel Ivan Rakitić zusammen mit Andrés Iniesta das Mittelfeld-Duo, die Wichtigkeit des Kapitäns sank und doch konnte er noch seinen Teil zum Triple-Gewinn beitragen. Die jungen Wilden wie Rafinha und nun auch Sergi Roberto betonten, dass auch sie Spielzeit verdienen und so vermied es Xavi, diesen im Wege zu stehen und ging, bevor er zu Ballast im Kader werden konnte. Traurig war es aus Sicht der Culés natürlich dennoch. 24 Jahre bei Barcelona, 17 Jahre für die erste Mannschaft gingen vorbei; ein Karriereende in der katalanischen Metropole wäre halt doch romantischer gewesen.
Iker Casillas verließ Real Madrid nach ganzen 26 aktiven Jahren im Verein, von denen er 16 für die erste Mannschaft spielte. Angekommen ist er beim FC Porto, ebenfalls ohne Ablöse – nein, die Blancos legten sogar noch eine Abfindung drauf, um den Vertrag vorzeitig zu beenden. Etwas unrühmlich ging dabei das letzte Jahr von Casillas vonstatten, verlor er doch den Rückhalt durch die Fans und wurde von einigen dieser „Fans“ sogar ausgepfiffen. Auch hier kann man ein ähnliches Fazit ziehen wie bei Xavi: Wäre es doch schön gewesen, wenn Iker Casillas – ein Mann von der Sorte, die man eigentlich nur mögen kann, auch wenn sie bei dem engsten Rivalen spielen – bis zum Schluss bei Madrid geblieben wäre, so ist der Schritt nach Porto für ihn persönlich doch der beste in Anbetracht der Umstände gewesen.
Wo Türen sich schließen, öffnen sich neue …
… und damit rücken nach dem Weggang der Vereinsikonen andere Spieler in den Vordergrund. Mal ehrlich: Wer konnte sich vor einem Jahr einen Clásico ohne Carles Puyol vorstellen? Auf Barça-Seite ist nun Andrés Iniesta der Veteran. Mit 19 Jahren im Verein und 13 in der ersten Mannschaft hat auch das Mittelfeldgenie schon reichlich Clásico-Erfahrung. Auch Lionel Messi und Sergio Busquets wurden aus La Masia in dieses Duell hineingeboren und prägten die vergangenen Begegnungen. Ein ganz besonderes Beziehungsbild, fast schon eine Art Hass-Liebe, vermittelten die Medien zwischen Sergio Ramos und Gerard Piqué. Beide Abwehrchefs auf ihrer jeweiligen Seite, einer kam 2005 von Sevilla, der andere war seit 1997 im Verein und ist nach 4 Jahren Abwesenheit 2008 aus Manchester zurückgekommen. Zum alten Clásico-Eisen kann man mittlerweile auch die Brasilianer Marcelo, Pepe (seit 2007) und Dani Alves (2008) zählen. Mit Xavi und Casillas geht also durchaus auch ein Stück Geschichte verloren, doch der Lauf der Zeit bringt gleichzeitig neue, andere doch genauso aufregende Geschichten hervor.