Barça und Messi blühen auf: Wie die neue Rolle des Argentiniers das Spiel verändert

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Spieler des Spiels: Lionel Messi. Die Schlagzeilen auf Barçawelt wiederholen sich in letzter Zeit verdächtig häufig, der vierfache Weltfußballer lässt unseren Autoren in dieser Hinsicht jedoch keinen Beurteilungsspielraum. In seiner neuen Rolle scheint Leo vollends aufzugehen, und mit ihm erklimmt auch der FC Barcelona neue Höhen. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen? Wir haben uns der Frage angenommen und die Auswirkungen von Messis neuer Rolle auf dem Feld hinterfragt.

Als Pep Guardiola seinen damals jungen Schützling Lionel Messi auf die Falsche Neun beordert hat, war dies der Startschuss für eine neue Ära. Die Taktikwelt war verzückt, die Mannschaft und der Spieler jagten einen Rekord nach dem anderen. Im Laufe der Zeit, die Jahre verstrichen wie im Flug, die Erfolge schrumpften auf ein überschaubares Maß, haben sich auch die Vorteile der Falschen Neun relativiert, auf die im Spiel die meisten Ressourcen zugeschnitten waren. Die Anhänger des Vereins forderten Veränderungen ein, die jedoch lange auf sich warten lassen. Nun aber ist die Zeit auch für Messi gekommen, das haben die letzten Spiele deutlich gezeigt.

Lionel Messi: Zurück in die Zukunft

Messis neue, abweichende Rolle kurz und prägnant: Zurück in die Zukunft. Auf dem rechten Flügel hat der Argentinier zu Beginn seiner außergewöhnlichen Karriere für viel Furore gesorgt, es wäre angesichts seiner fortschreitenden Weiterentwicklung in den letzten Jahren aber vermessen zu sagen, er kehre nun auf die Position zurück, in Bekleidung derer er den Platz auf eine unnachahmliche Weise zur Schaubühne eines großen Spektakels machte. Er ist längst nicht mehr der unbekümmerte 21-Jährige, der mit dem Kopf durch die Wand rennt und alle niederdribbelt, die ihm den Weg versperren. Wir haben es mit einem Spieler im besten Fußballalter zu tun, der in vielen wichtigen Elementen des Spiels von seiner Reife und Erfahrung zehren kann und dazu mit einer hohen Spielintelligenz ausgestattet ist. In Verbindung mit seinen Qualitäten im direkten Zweikampf wundert es kaum, dass Enrique ihn vor allem strategisch einsetzt.

Schauen wir uns die Implikationen von Messis neuer Position daher genauer an. Wir beginnen mit der Offensive und widmen uns anschließend den defensiven Vorzügen seiner neuen Aufgabenstellung. Als Anschauung dient die vergangene Copa-Begegnung gegen Atlético Madrid.

  • Messi, der Zauberdribbler. Wie viele erfolgreiche Offensiv-Zweikämpfe hat Lionel Messi in diesem Jahr bereits geführt? Es müssen jedenfalls viele gewesen sein. Obschon er auf dem rechten Flügel räumlich in seinen Handlungsmöglichkeiten Beschränkungen unterliegt, fällt es ihm sichtlich leichter, sich im Dribbling durchzusetzen. Ein Grund liegt auf der Hand: Im Zentrum befindet er sich in der Einflusssphäre der Sechser und Innenverteidiger und damit äußerst zweikampfstarker Akteure, die bei guter Abstimmung jedem Gegenspieler das Leben schwer machen können. Bei den Spielern auf der Außenbahn müssen die Trainer dagegen mehr Kompromisse eingehen und verstärkt offensive Qualitäten berücksichtigen. Das ist allerdings nicht der alleinige Grund für Messis Höhenflug.
    Einen wichtigen Beitrag zu seiner Entfaltung leisten seine Mitspieler Dani Alves und Ivan Rakitić, die als Lückenöffner fungieren und Messi damit häufig den entscheidenden Platz für einen Durchbruch in halb horizontaler, halb vertikaler Laufrichtung verschaffen. Dabei positioniert sich der Brasilianer häufig im rechten Halbraum, während der zuletzt immer stärker auftrumpfende Rakitić eher die Tiefe sucht und Einfluss auf viele Gegenspieler gleichzeitig ausübt. Doch nicht nur die raumöffnenden, vielmehr auch die unmittelbar spielgestaltenden Bewegungen und Aktionen unterstützen Messi in seinen Vorhaben und sichern das von seinen Dribblings ausgehende Risiko ab.

    Sowohl Alves als auch Rakitić ziehen die Aufmerksamkeit der unmittelbaren Gegenspieler auf sich und verschaffen Messi viele Optionen. Entweder er versucht den Durchbruch alleine, wenn sich eine Lücke ergibt, oder er nutzt den Umstand aus, dass sich die Gegenspieler zu ihm orientieren und bindet Rakitić oder Alves als Bandenspieler ein.

  • Messi, der Türöffner. So stark Messi in seinen offensiven Aktionen auch sein mag, er muss nicht direkt in einen Spielzug involviert sein, um seine Mitspieler zu unterstützen. Wann immer die Situation danach aussieht, dass der Ball zu Messi auf den rechten Flügel wandern könnte, verschiebt der Gegner in weiser Voraussicht zu Barças Nummer 10. Insbesondere dann, wenn Messi Anstalten macht, sich am Spielzug beteiligen zu wollen und sich in Bewegung setzt, in weiser Kenntnis seiner strategischen Möglichkeiten. Das ist der Moment, in dem Dani Alves, Rakitić und sicher auch Suárez wohl abwägen sollten, was als nächstes zu tun ist. Im Spiel gegen Atlético hat Dani Alves in der ersten Halbzeit zweimal die Gelegenheit ergriffen und ist mit dem Ball am Fuß durch eine Gasse marschiert, die aufgrund des kollektiven Verschiebens der ballnahen Akteure von Atlético in Richtung des Unruheherds auf dem rechten Flügel entstand. Die Madrilenen befanden sich in der Zwickmühle: Wenn sie keine Vorkehrungen treffen und Messi zu viel Platz lassen, kann dieser Tempo aufnehmen und die geordnete Hintermannschaft ganz schön durcheinanderwirbeln. Auf der anderen Seite ist das abgestimmte Verschieben ein komplexerer Vorgang als es scheint, bei dem sich Lücken auftun können. Und das alles wegen nur einem Spieler, aber nicht irgendeinem.
    Dass Messi darüber hinaus mit seiner konkreten Spielgestaltung Türen öffnet, versteht sich von selbst. Nicht selten fokussiert er die Aufmerksamkeit der gesamten gegnerischen Hintermannschaft und spielt einen präzisen Ball auf den durchstartenden Flügelspieler auf der gegenüberliegenden Seite.

    Messi Grafik 2
    In dieser Szene ein umgekehrtes Bild: Alves ist am Ball, die Gegenspieler rechnen mit einem Zuspiel zu Messi, wie zuvor bereits viele Male geschehen. Messi signalisiert, angespielt werden zu wollen, woraufhin die Gegenspieler stark in seine Richtung verschieben. Die dabei freiwerdende Gasse kann Alves dazu nutzen, selbst durchzubrechen.

Wenn von Messi die Rede ist, dann dreht sich das Gespräch zumeist um seine spektakulären Offensivaktionen. Auch seine neue Rolle wird vor allem unter diesem Blickwinkel betrachtet und analysiert. Seit dieser Spielzeit, vor allem angesichts der positionellen Umstellung, kann man hiermit die Facetten von Messi in einem Spiel nicht mehr erschöpfend behandeln. Seine Weiterentwicklung auch im defensiven Umfeld ist evident und bringt der Mannschaft mehr, als man gemeinhin vermutet.

  • Messi, der Garant für Pressing-Resistenz. Wir springen direkt hinein in das Aufeinandertreffen zwischen Ajax Amsterdam und dem FC Barcelona in der Champions League. In der Amsterdam-Arena erwartete die Spieler von Luis Enrique eine äußerst schwierige Angelegenheit. Ajax war sehr ballsicher und konnte sich mittels eines hohen und guten Pressings die Bälle immer relativ schnell zurückerobern. Dem FC Barcelona fehlte es in vielen Teilen der Partie an Kontrolle, die Mannschaft hatte aber durchaus Möglichkeiten, sich aus den Fängen des Gegners zu befreien und ihrerseits Dominanz im letzten Spielfelddrittel auszuüben. Eine Chance für eine Ballrückeroberung bestand darin, auf der rechten Seite einen vertikalen Ball direkt in Richtung Suárez zu spielen. Der Plan sieht dabei folgendermaßen aus: Der Spieler verarbeitet den Ball, leitet ihn intelligent weiter und sorgt dafür, dass der Gegner sich wieder etwas zurückzieht, woraufhin der Ball weiter hinten wieder zirkulieren kann, weil defensive Spieler frei werden. In der Praxis allerdings konnte Suárez keinen einzigen Ball verarbeiten. Er konnte sich nicht von seinem Gegenspieler lösen und hatte auch seine Schwierigkeiten bei der Ballannahme.Messi Grafik 4Gegen Atlético war Messi derjenige, der sich von seinem Gegenspieler lösen und dafür Sorge tragen sollte, dass der Ball eine geeignete Anspielstation findet und das Offensivpressing des Gegners keinen Erfolg hat. Wenn der Gegner den FC Barcelona presst, wandert das Spielgerät häufig zu Alves, der sich meist nicht in direkter Manndeckung befindet. Es ist nämlich gerade das Ziel des Gegners, dass der Ball auf die Außenstation wandert, damit sie räumlich günstigere Verhältnisse für ihr Pressing schaffen. Bei einem guten Pressing bleibt Alves nur sehr wenig Zeit und meist nur eine relativ sichere Anspielstation: Der Flügelstürmer. Gegen Atlético war es Lionel Messi, zum Leidwesen von Atlético Madrid. Messi kann sich dank seiner Antrittsstärke locker von seinem Gegenspieler lösen. Ihm springt der Ball nicht vom Fuß, bei Bedarf kann er nach der Ballannahme sogar ins Dribbling gehen, ohne dass dies mit einem unverhältnismäßigen Risiko für seine Mannschaft verbunden wäre. Er kann im Anschluss entweder Ruhe ins Spiel hineinbringen oder aber Tempo aufnehmen und die hohe Stellung der gegnerischen Mannschaft ausnutzen. All diese Qualitäten hat er, deshalb ist er auch defensiv auf dem rechten Flügel pures Gold wert. Rein strategisch kann man vor der Entscheidung, Messi gegen Atlético auf den rechten Flügel zu beordern, daher nur den Hut ziehen. Es war vor allem die hinzugewonnene Pressing-Resistenz, die imponiert und sicher auch Atléticos Pressing beeinflusst hat. Im Rückspiel könnte Messis Bedeutung in Ansehung dieser Vorzüge noch wachsen.
  • Messi, der Kämpfer. Daneben wird sicher niemandem entgangen sein, wie sehr sich Leo seit dieser Saison in der Defensive engagiert. Er agiert teilweise so tief in der eigenen Hälfte wie noch nie, legt auch defensive Sprints hin und hat stets ein gutes Verständnis davon, wann er sich in der Defensive einbringen sollte. Das ist der neue Messi, der Ambitionen hat und sich über die Herausforderungen in der Defensive im Klaren ist.

Fazit

Lionel Messis Wirken auf dem Platz wandelt sich. Früher ausschließlich Falsche Neun und Überflieger, erschließt er sich sowohl in der Offensive als auch in der Defensive neue Felder, in denen er sein herausragendes Talent einbringen kann. Sein Auftreten auf dem rechten Flügel geht mit neuen Aufgaben und strategischen Optionen einher, die er dank seiner reifen Spielerpersönlichkeit ausgezeichnet zu nutzen weiß. Für den Trainer eine Luxussituation – er kann basierend auf nur einem Spieler neue Konzepte etablieren und auf verschiedenste Spielsituationen angemessen reagieren.

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