Die Corona-Krise setzt allen Fußballklubs schwer zu, auch dem FC Barcelona. Durch Kurzarbeit und Gehaltsverzicht versucht Barça, Kosten zu sparen und Verluste aufzufangen. Wir blicken auf die finanzielle Lage des Klubs und erläutern, wo der Schuh drückt und warum Barcelona wichtige Einsparungen vornehmen muss.
Der umsatzstärkste Fußballklub der Welt
Die Coronavirus-Pandemie setzt den Vereinen finanziell zu – auch den wohlhabenden und finanziell wie sportlich erfolgreichen. Betroffen davon ist natürlich auch der FC Barcelona. Die Katalanen versuchen durch Gegenmaßnahmen wie Kurzarbeit und Gehaltsverzicht Kosten und Ausgaben zu sparen und Verluste aufzufangen. Dabei ist gerade Barça eigentlich finanziell prosperierend, die Einnahmen steigen von Jahr zu Jahr an.
Denn der FC Barcelona war im letzten Bemessungszeitraum (2018/19) laut Deloitte Money League der umsatzstärkste Fußballklub der Welt, noch klar vor Real Madrid und Manchester United. Da diese Auswertung unregelmäßige Einnahmen, wie zum Beispiel Einnahmen aus Spielerverkäufen, nicht berücksichtigt, dient sie als gute Vergleichsbasis und damit auch als guter Indikator für die wirtschaftliche Stärke des FC Barcelona. Denn der Deloitte Money League Report fokussiert sich auf Einnahmen aus TV-Übertragungen, Spieltags-Hospitality sowie von Sponsoren – und vergleicht diese mit den anderen europäischen Topklubs, um so die Einkünfte der Vereine zu ermitteln und aufzuzeigen, wie umsatzstark die europäischen Granden sind.
Der Gesamtumsatz, den der FC Barcelona in seinem Geschäftsbericht auswies, betrug für die Spielzeit 2018/19 circa 954,55 Millionen Euro. Im Vergleich zur Vorsaison eine Steigerung von mehr als 74 Millionen Euro bzw. 8,26%. Dieser abermalige Umsatzanstieg ließ sich vor allem durch den großen Anstieg in den Bereichen Broadcasting (+63%) und Handelstätigkeiten (+43%) erklären.
Gehaltskosten als größter Posten
Umsatzseitig steht der Verein also sehr gut dar, doch die ebenfalls stark angestiegenen Kosten (+8,79%) fressen den Erfolg gewissermaßen wieder auf. Die Ausgaben für Löhne und Gehälter machen mit 471,75 Millionen Euro den größten Anteil (55,72%) aus. Knapp 312 Millionen (etwa 37% der gesamten Kosten) davon lassen sich allein auf die Spieler und das Trainerteam der ersten Mannschaft zurückführen.
Ein weiterer, gewichtiger Posten lässt sich unter dem Titel „Amortisation und Wertminderungen der Registrierungsrechte der Spieler“ finden. Für diesen Zusammenhang ist es entscheidend, dass man versteht, welches Konzept hinter diesem kryptischen Titel steckt. Zunächst einmal geht es bei den Registrierungsrechten darum, dass ein Verein bei einem Spielertransfer nur seine Registrierungsrechte, also das exklusive Recht den Spieler bei einem Verband zu registrieren, und nicht den Spieler selbst kauft. Die Kosten, die darauf entfallen, also die Ablösesumme, wird in der Bilanz i.d.R. gleichmäßig über die Vertragslaufzeit des Spieler verteilt.
Gefährliche „Altlasten“?
Die Folge dessen ist, dass der FC Barcelona zum Beispiel immer noch Teile der Ablösesumme von Philippe Coutinho in der Erfolgsrechnung berücksichtigen muss, was wiederum den Gewinn mindert und potenziell problematisch ist, im Hinblick auf das Financial Fair Play und die Möglichkeit neue Spieler zu verpflichten. Zum Bilanzstichtag, dem 30. Juni 2019, wies der FC Barcelona aus, dass für die Saisons 2020/21 und 2021/22 bereits jeweils über 75 Millionen Euro an Amortisationen einzuplanen sind. Und das war noch vor der Verpflichtung von Antoine Griezmann (Frenkie de Jong wurde schon berücksichtigt, weil seine Verpflichtung bereits feststand).
Um dem Problem noch eine andere Dimension zu verleihen, lohnt sich auch noch ein Blick auf die Verbindlichkeiten, da die Kosten in der Erfolgsrechnung nicht unbedingt mit den tatsächlichen Zahlungen übereinstimmen müssen. Dabei fällt auf, dass der FC Barcelona anderen Vereinen noch ca. 260 Millionen Euro aus Spielertransfers zu zahlen hat, ca. 79 Millionen davon sind oder waren innerhalb dieses Geschäftsjahres fällig, die übrigen 181 Millionen erst in den kommenden Jahren.
Dagegen stehen aber immerhin auch einige Forderungen aus Spielertransfers anderen Vereinen gegenüber: 85 Millionen Euro, die in diesem Jahr fällig wurden oder werden, und 92 Millionen Euro, die in den kommenden Jahren fällig werden. Dabei fällt auf, dass Barça in diesem Jahr sogar mehr Zahlungen erwartet, als sie zu leisten haben, aber das negative Saldo von ca. 90 Millionen Euro ist im Hinblick auf die kommenden Jahre, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, ein Problem.
Signifikante Einbußen bei den Einnahmen
Die aktuelle Krise führt nämlich dazu, dass die Vereine vor allem in Sachen Liquidität in Probleme kommen, da die laufenden Einnahmen – bei Barça durch Hospitality, Ticketverkäufe, das Museum und den Shop – wegfallen. Das hat auch Präsident Josep Maria Bartomeu zugegeben, der sagte: “Am 14. März haben wir geschlossen, ab dann stoppten die Einnahmen. Wir verkaufen keine Tickets, es gibt keine Spiele, keine Schulen, nichts. Jetzt versuchen wir, die Ausgaben des Klubs mit den Einnahmen, die wir jetzt haben, in Einklang zu bringen.”
Die Wettbewerbe stehen still. Einnahmenverluste sind die Folge – für alle Klubs. Die Konsequenz könnte auf mittelfristige Sicht sein, dass einige Vereine womöglich nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Rechnungen zu bezahlen. All die schönen Zahlen, die dann vielleicht trotzdem noch in der Bilanz stehen, bringen dann nur wenig. Der FC Barcelona, der am Ende des Geschäftsjahres 2018/19 über 158 Millionen Euro an Cash und Vergleichbares auswies, dürfte zwar nicht sofort in Schwierigkeiten kommen, im Vergleich zu anderen Vereinen, doch auch sein Puffer dürfte nicht ewig halten, da in allen Einnahmequellen mit Verlusten zu rechnen ist.
“Wir sind der [finanziell] erfolgreichste Klub der Welt”, sagt Bartomeu und führt aus, was bei Barça anders ist als bei der Konkurrenz: “Wir unterscheiden uns von anderen, die [Einnahmen] nur über Ticketing- oder Fernsehrechte generieren. Wir haben Schulen, Museen… eine Unterbrechung trifft uns zwar mehr als andere, aber wir werden auch schneller wieder auf die Beine kommen.”
Was der Gehaltsverzicht Barça bringt
Besonders die Einnahmen aus dem Broadcasting werden dringend benötigt, da sie den größten Posten ausmachen, doch auch die Sponsoring- und Spieltags-Einnahmen gehen zurück. Die Spieltags-Einnahmen dürften allerdings das geringste Problem sein, da insbesondere die Dauerkarten bereits bezahlt worden sind (vorerst).
Ausgehend von einem hypothetischen Einbußen von 25% aller Einnahmen (da bis zur Coronavirus-Pandemie und der damit einhergehenden Unterbrechung der Wettbewerbe gut 75% der Saison gespielt worden ist), wäre man, ausgehend von den Zahlen des Vorjahres, bei einem Verlust von circa 240 Millionen Euro. Ein Loch, das auch der FC Barcelona nicht problemlos schließen kann. Die Lage ist also auch für einen Verein dieser Größe kritisch.
Der Gehaltsverzicht der ersten Mannschaft von 70% pro Monat spart dem Verein also signifikante Kosten in Millionenhöhe, da besonders der Posten Gehaltskosten beim FC Barcelona hoch ist. Bartomeu rechnet vor: “Das Jahresgehalt der Spieler wird während des Ausnahmezustandes um 5,75 Prozent reduziert. Damit spart der Verein 14 Millionen bei der Fußballmannschaft und 2 Millionen bei den anderen Mannschaften. Das sind 16 Millionen pro Monat während dieses Ausnahmezustandes.”
Messi und Co. finanzieren Kurzarbeit
Da Barcelona zudem Kurzarbeit [in Spanien ERTE genannt] beantragt hat, spart der Klub weitere Personalkosten. Die Profis erklärten in einem Statement, dass sie die Angestellten des Klubs finanzielle unterstützen werden. “Die Zeit ist gekommen um zu verkünden, dass wir neben der 70-prozentigen Kürzung unserer Gehälter auch Beiträge leisten werden, damit die Angestellten des Vereins 100 Prozent ihrer Gehälter erhalten können, solange diese Situation andauert.”
Dadurch werden die Mitarbeiter trotz Kurzarbeit weiterhin ihren vollen Lohn erhalten, für den allerdings nicht der Verein, sondern die Fußballspieler aufkommen. Bartomeu bestätigte auch diesen Vorgang: “Ja, ERTE wird duchgeführt. Die Spieler erhalten eine Kürzung von 70 Prozent, und weitere 2 Prozent werden hinzugefügt, wenn der Verein über ERTE mit den Angestellten verhandelt.”
Der FC Barcelona versucht also, die laufenden Kosten zu senken und seine Verluste zu minimieren, die während der Dauer der Coronavirus-Pause den Klub belasten. Wie hoch könnte der Einnahmeverlust aber am Ende sein? Das weiß derzeit niemand. “Das hängt davon ab, wie lange es [die Corona-Pause] dauert”, so Bartomeu.
Ein Gastbeitrag von Christoph Albers, Redakteur bei 90Plus, Podcaster bei BVBeben und auf Twitter zu finden.
[Anmerkung: Die im Text genannten Zahlen sind alle dem Geschäftsbericht 2018/19 des FC Barcelona entnommen]