In einem ausführlichen Interview sprach Präsidentschaftskandidat Víctor Font über sein Projekt ‘Sí al Futur’, die aktuelle Situation beim FC Barcelona, Joan Laportas mögliche Kandidatur, Xavis Rolle in seinem Projekt und den Verbleib von Lionel Messi.
In Teil zwei seines großen Interviews in der Mundo Deportivo spricht Präsidentschaftsanwärter Víctor Font über sein Projekt ‘Sí al Futur’, über Joan Laporta als Gegenkandidat im Wahlkampf, über Xavi als Kernstück des Projektes sowie Ronald Koemans Zukunft beim FC Barcelona. Hier geht es zu Teil 1 des Interviews:
Víctor Font…
…auf die Frage, ob er glaubt, dass Joan Laporta kandidieren wird: “Ich glaube, dass er es selbst nicht weiß. Er ist in diesem Prozess, wo man über eine Entscheidung nachdenkt. Es ist für die Zukunft Barças von grundlegender Bedeutung, dass wir ein Projekt vor uns haben können, an dem gearbeitet wird. Normalerweise ist es so, dass Kandidaturen, die drei bis sechs Monate vor den Wahlen aufgestellt wurden, funktioniert haben, aber wenn sie improvisiert sind, werden sie nicht funktionieren.”
…auf die Frage, ob Laporta bei einer Kandidatur aufgrund seiner Erfahrung der Favorit sei: “Wenn er kandidiert, wäre er aufgrund seines Wissen um die Mitgliederbasis ein kompetitiver Gegner.”
…auf die Frage, ob er eine Zusammenarbeit mit Laporta ausschließe: “Das haben wir von Anfang an gesagt. Wir haben ein Projekt vor uns, an dem wir seit langer Zeit arbeiten. Es ist nicht das Projekt von Víctor Font, sondern ein transversales, bei dem sie sehen würden, dass wir versuchen, sich ergänzende Talente aus Barcelona zusammenzubringen. Und aus diesem Grund wollen wir auch weiterhin all die Leute in das Projekt mit einbeziehen, die einen Beitrag zu diesem leisten wollen. In unserem Projekt sind wir der Meinung, dass die Erfahrung aller ehemaligen Präsidenten mehr eine Obsession als ein Ziel sein sollte. Daher überlegen wir, einen Rat von ehemaligen Präsidenten einzurichten, die verschiedene Rollen innerhalb des Klubs einnehmen könnten.”
…auf die Frage, ob er dennoch allen anderen vorstehen würde: “Es geht nicht um Egos oder darum, die Nummer eins oder zwei zu sein.”
…auf die Bemerkung, dass es aber ja einen Präsidenten geben muss: “Ja, aber das Projekt hat Vorrang, und wir sind bereit, die Personen mit einzubeziehen, die zu 100 Prozent hinter diesem stehen. Ich dränge darauf und stehe ihm voran, aber ich möchte sagen, dass es nicht darum geht, dass ich die Nummer eins bin. Wir beteiligen uns nicht an Ränkespielen und Wahlbündnissen. Der Zweck heiligt für uns nicht die Mittel, und deshalb geht es darum, die notwendigen Talente zusammenzubringen, um das Projekt, an dem wir gearbeitet haben, in Angriff zu nehmen.”
…auf die Frage, ob er als Präsident die Richtlinien im Klub dahingehend ändern würde, dass für einen Misstrauensantrag keine 15 Prozent der Unterschriften aller Mitglieder mehr gebraucht werden und dass eine Amtszeit nicht mehr sechs Jahre beträgt: “Dies ist eine grundlegende Frage, die ich hervorheben möchte. Einer der Hauptpfeiler des Projekts ist es, das Eigentumsmodell des Klubs zu ändern, damit die Mitglieder im Mittelpunkt des Klubs stehen, um die einzigartige Tatsache zu verwirklichen, dass 150.000 Menschen die Eigentümer der besten Sporteinrichtung der Welt sind. Technisch gesehen ist dies der Fall, doch in Wirklichkeit sind es diejenigen, die regieren, die als Eigentümer handeln. Das sehen wir daran, dass die Prozesse, um einen Misstrauensantrag auf den Weg zu bringen, so bürokratisch sind. Man muss den Personalausweis der Unterzeichnenden kopieren und einfügen. Wir befinden uns im 21. Jahrhundert, in dem wir elektronische Signaturen erstellen können und partizipatorische Systeme stärker fördern wollen. Was wir in diesen Tagen [in denen die Unterschriften für den Misstrauensantrag gesammelt wurden] gesehen haben, hat uns mit Stolz erfüllt, obwohl es in eine Zeit der Trauer und Enttäuschung fällt. Aber es hat uns erkennen lassen, dass der Klub lebendig ist, und auf diesem lebendigen Klub können wir wieder aufbauen. Zusätzlich dazu, dass wir gesehen haben, dass das Potenzial [bei der Einbindung der Mitglieder ins das Geschehen] vorhanden ist, nehmen wir entsprechende Änderungen vor, um die Teilnahme zu erleichtern: Zum Beispiel bei Entscheidungen, die die Symbolik des Klubs betreffen oder dass die Versammlungen leichter sind. Wir werden den Mehrwert dieses einzigartigen Eigentumsmodells verstärken und ihn Wirklichkeit werden lassen.”
…auf die Frage, was das Beste und das Schlimmste während Bartomeus Amtszeit war: “Selbst dort gab es gute und schlechte Dinge, wobei letztere die positiven Aspekte überwiegen. Aber im Fußball, Basketball und in anderen Sportarten wurden Franchise-Spieler verpflichtet. Auf der wirtschaftlichen Ebene sind die Einnahmen weiter gestiegen, was verständlich ist, mit dem Vermögen und der Fußballmannschaft dieser Jahre, aber die Verbindlichkeiten sind wichtiger.”
…angesprochen auf die negativen Aspekte: “Die institutionellen Themen, allen voran ‘Bartogate’. Es ist ein Skandal, dass der Klub eine Situation des moralischen Verfalls in Kauf genommen hat. Es gab weitere Vorfälle. Was uns Culés aber sicherlich am meisten geschockt hat, war die Inkohärenz und Widersprüchlichkeit, mit der die Sportabteilung gehandhabt wurde, weil es kein Projekt gab, so wie Messi es gesagt hat. Dieses Nichtvorhandensein eines Projekts hat sich in den institutionellen und sportlichen Ergebnissen niedergeschlagen, zu denen wir uns in diesen Tagen gezwungen sahen.”
Font: “Es ist sehr wichtig, dass Messi im Januar weiß, dass es bei Barça ein Projekt für die Zukunft gibt, das er mit aufbauen kann.”
…auf die Frage, ob er Messis Wunsch nach einem Transfer in diesem Sommer nachgekommen wäre: “Als Präsident und Repräsentant der Mitglieder an der Spitze des Klubs ist einer der Werte, die wir beanspruchen sollten, Menschen zu sein, die zu ihrem Wort stehen. Wenn der Präsident dem besten Spieler der Geschichte wirklich versprochen hat, dass wenn er gehen will, er dies auch tun kann, dann hätten wir diesem Wunsch entsprechen müssen. Gott sei Dank ist ein Transfer aber nicht geschehen, denn der Bund zwischen Messi und Barça ist in unserem Projekt für die nächsten zwei, drei oder vier Jahre von strategischer Bedeutung. Seine Person hat großes Gewicht. Es ist sehr wichtig, dass Messi im Januar, wenn er [mit anderen Teams] frei über einen Wechsel verhandeln kann, weiß, dass es bei Barça ein Projekt für die Zukunft gibt, das er mit aufbauen kann.”
…auf die Frage, ob er mit Messis Vater über die Zukunft gesprochen hat: “Wir haben mit seinem Umfeld gesprochen.”
…auf die Frage, ob er selbst oder Xavi Kontakt zu Messi aufgenommen haben: “Es ist bekannt, dass das Projekt “Sí al Futur” um Xavi herum und mit seiner Führung aufgebaut wurde. Er hat eine sehr gute Beziehung und diese Kommunikation gibt es auch.”
…auf die Frage, ob Xavi nur Trainer werden würde, wenn Font auch Präsident wird: “Das ist kein Thema, das wir diskutiert haben. Bei dem Prozess [der Suche nach einem passenden Trainer, Anm. d. Red.] sind wir nicht auf Xavi gekommen, weil er von Barcelona begeistert ist – was er ist – sondern bei dem Prozess der Evaluierung möglicher Kandidaten für die Leitung des Fußballprojekts für die nächsten zehn Jahre sind wir zu dem Schluss gekommen, dass er und Guardiola alle Voraussetzungen mitbringen, um das Projekt in Zukunft leiten zu können.”
…auf die Frage, ob Xavi dann mehr als nur Trainer sein würde: “Ja, die Idee ist, dass er die totale Leitung des Fußballprojekts übernehmen könnte. Die Struktur wäre anders, aber Guardiola ist ja auch der Eckpfeiler des Fußballprojekts bei Manchester City.”
…auf die Frage, ob dies möglich sei, auch wenn Xavi auf der Trainerbank sitzen würde: “Ja, und das erlaubt mir, auf ein Thema einzugehen, das aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Bei der Aussage ‘Wenn ich Präsident werde, wird Koeman nicht mehr Trainer sein‘ habe ich nicht mit ausreichender Klarheit geantwortet. Wir haben ein Projekt mit Xavi als Eckpfeiler ausgearbeitet. Ich bin hierher gekommen, um zu sagen, dass in einer Situation, in der Koeman das Team erfolgreich trainiert, Xavi dafür verantwortlich sein wird, was mit Koeman zu tun ist. Ich habe es mit Xavi besprochen, und wenn Koeman gute Arbeit leistet, werden wir einen Weg finden, ihn in das Projekt zu integrieren.”
…über die Ausbotung von Riqui Puig: “Das ist ein weiteres Beispiel dafür, warum es unbedingt notwendig ist, dass so schnell wie möglich ein neues Projekt an der Spitze des Klubs steht. Entscheidungen wie diese, die für die Zukunft Barças entscheidend sein können, sollten nicht außerhalb des Kontextes eines Projektes mit einer handfesten Vision und Grundlage getroffen werden.”
…über einen möglichen Transfer von Eric García: “Ich würde mich sehr freuen, wenn er zurückkommen könnte. Er ist der Innenverteidiger der Zukunft und eine Person, die sehr engagiert sein wird. Er trägt den Klub in sich, und deshalb wollte er [bei Manchester City] nicht verlängern. Diese Transfers machen den Unterschied.”