Bleibt Ernesto Valverde Trainer des FC Barcelona? Medienberichten zufolge steht der Trainer kurz vor dem Aus, der Vorstand berät über seine Zukunft. Derweil kursieren einige Namen als Nachfolger, Barça holte sich auch schon Absagen ab. Und all das, während Valverde ganz normal das Training leitet.
Ausnahmezustand beim FC Barcelona. Was übertrieben klingt, ist tatsächlich der Fall, denn: Eigentlich ist man so etwas von den Katalanen nicht mehr gewohnt. Das letzte Mal, dass Barça einen Coach während der Saison beurlaubt hat, war in der Saison 2002/03, genauer im Januar 2003, als man sich von Louis van Gaal trennte und dann Radomir Antic als Interimscoach installierte, ehe dann Frank Rijkaard im Sommer das Zepter übernahm – und Barça peu a peu in bessere, erfolgreichere Zeiten führte.
Seitdem, bis zur Anstellung Ernesto Valverdes im Sommer 2017, hatte Barça lediglich fünf Trainer – Rijkaard, Pep Guardiola, Tito Vilanova, Gerardo ‘Tata’ Martino und Luis Enrique – keiner von ihnen wurde vorzeitig entlassen, bei allen trennte man sich aus verschiedenen Gründen mehr oder minder einvernehmlich am Saisonende.
Ausnahmezustand beim FC Barcelona
Und nun, ziemlich exakt 17 Jahre später: Ausnahmezustand bei der Blaugrana. Täglich, quasi stündlich gibt es neue Wasserstandsmeldungen; spanische Zeitungen, Radiostationen und Journalisten, die sich mit neuen (vermeintlichen) Exklusivmeldungen übertrumpfen (wollen). Denn Barça steht nach fast zwei Dekaden mal wieder kurz vor einer Entlassung seines Trainers inmitten der Saison.
Es ist daher schwer, überhaupt mitzukommen in all dem Dickicht an Schlagzeilen, exklusiven Berichten und Breaking News – denn fast stündlich gibt es eine neue Meldung. Am Sonntagabend hieß es bei Catalunya Radio, Mundo Deportivo, RAC1 und Co.: Montag wird über die Zukunft Valverdes entschieden, Chancen auf einen Verbleib: Sehr unwahrscheinlich.
Der Stand der Dinge am Montagmittag ist: Ernesto Valverde steht vor dem Aus. Der Coach der Blaugrana hat am Montagmorgen ganz normal das Training der Profimannschaft geleitet, danach gibt es eine Unterredung zwischen Valverde und Präsident Josep Maria Bartomeu. Anschließend tagt der Vorstand beim FC Barcelona und berät über den Coach. Ausgang offen.
Barça beschädigt Valverde
Barça hat Valverde nicht zuletzt durch die durchgesickerten Informationen um das Treffen mit Xavi in Katar enteiert; die Position des Trainers – in der Mannschaft, im Verein, in der Außendarstellung, ist derart geschwächt, dass es kaum vorstellbar ist, dass er weiter im Amt bleiben kann. Doch beim FC Barcelona weiß man bekanntlich nie.
Doch Xavi hat die ihm angebotene Position als Chefcoach für den Moment zumindest abgesagt, das Chaos damit komplettiert. Einen potentiellen neuen Coach den Job anbieten, während der Trainer noch im Amt ist – ein Unding. Barcelona ist nun fast schon gezwungen zu handeln, auch wenn der Wunschkandidat (noch) nicht übernehmen möchte – oder kann man einen dermaßen angeschlagenen Trainer weiter im Amt belassen?
So hieß es Sonntagnacht – die Radionstationen in Spanien ruhen fast nie – dass Barça-B-Coach Francisco Javier García Pimienta interimsweise übernehmen könnte, oder gar würde – am Montag, nachdem Valverde das Training hält und beim Vorstand zum Gespräch vorstellig wird, wird er von seiner Demission in Kenntnis gesetzt. Oder doch nicht? Erst muss das Board tagen – und dann über die Position des Trainers entscheiden. Bekanntlich sind sich im aufgeblasenen Organigramm der Blaugrana nicht immer alle Personen einig.
Gleichzeitig hat sich Barça Medienberichten zufolge erneut eine Abfuhr abgeholt, diesmal von Ronald Koeman, dem holländischen Bondscoach. Dieser würde Barça zwar gerne eines Tages trainieren – genauso wie Xavi auch – und besitzt sogar eine Ausstiegsklausel, ist aber nicht vor dem Sommer zu haben, da er die Europameisterschaft mit der Niederlande bestreiten wird.
Auch Pochettino ein Kandidat
So soll nun nach Informationen von RAC1 plötzlich Mauricio Pochettino von Barça kontaktiert worden sein. Das Problem: Auch wenn der Ex-Spurs-Coach ein hochangesehener Trainer ist, er ist Perico – also Anhänger des Stadtrivalen Espanyol Barcelona. Und hat das in der Vergangenheit nicht selten öffentlich auch kundgetan, samt der Beteuerung, er würde den FC Barcelona daher niemals trainieren können. Schon 2017 sagte der Argentinier: “Ich bin ein Espanyol-Fan. Ich weiß, dass es im Fußball schwierig ist, deine Werte aufrecht zu erhalten und loyal zu sein. Aber bevor du Trainer oder Spieler bist, musst du loyal sein – das ist wichtiger. Ich bin ein Espanyol-Fan. Ich liebe Espanyol.”
Könnte Pochettino seine Einstellung in den Jahren geändert haben? Immerhin kennen sich ‘Poch’ und Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu schon seit Jahren. Auch deshalb soll Pochettino Berichten zufolge der präferierte Ersatzkandidat Bartomeus sein, nachdem Xavi nicht direkt kommen möchte.
Und inmitten all dieser Gerüchte und Berichte und Turbulenzen rund um den Verein hält Ernesto Valverde ganz normal das Training ab. Die katalanischen Medien beschreiben an diesem hektischen Montag jeden Schritt des Übungsleiters, filmten seine Ankunft im Auto am Trainingsgelände. Üblicherweise der erste Indikator einer handfesten institutionellen Krise – und ein Hinweis darauf, dass der Trainer tatsächlich vor dem Aus steht. Ausnahmezustand eben.
Die nächsten Wasserstandsmeldungen und Entwicklungen, sie werden nicht lange auf sich warten lassen. Beim FC Barcelona ist dieser Tage alles möglich. Eine Entlassung des Trainers genauso wie eine Weiterbeschäftigung, ganz so, als wäre nichts gewesen.