Spielerkritik | Messi menschelt, Piqué zögert, Busquets zieht die Fäden

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Der FC Barcelona hatte eine Halbzeit lange die volle Kontrolle über Real Madrid, ließ sich in Durchgang zwei im Clásico aber den Schneid abkaufen. Besonders Sergio Busquets und Arthur wussten zu überzeugen, auch die Innenverteidigung stand eigentlich stabil – mit zwei Ausnahmen. Einen gebrauchten Tag erwischte derweil Lionel Messi. Die Spielerkritik und Noten.

Marc-André ter Stegen

Marc-André ter Stegen war gegen Real Madrid wie erwartet wieder sehr wichtig, nachdem er oft im Aufbauspiel gefordert war. Bei den meisten Pässen agierte er auch souverän, dennoch schätzte er manchmal das Risiko falsch ein und ermöglichte den Blancos damit Ballgewinne in der katalanischen Häfte, so zum Beispiel in der 15. Minute. Dafür punktete er mit gut getimeten Pässen wie in der 32. Minute, als er seine Vorderleute gut in Stellung brachte. In der ersten Halbzeit defensiv überhaupt nicht gefragt, weil kein gefährlicher Schuss auf sein Tor kam. Das änderte sich schlagartig in der zweiten Halbzeit, als Real Madrid mehr Zug zum Tor aufbrachte. Einen Schlenzer Iscos hielt er mit einer absoluten Weltklasseparade, auch danach rettete er seine Vorderleute ein ums andere Mal. Beim ersten Gegentor hatte er Pech, dass Piqué den Ball noch abfäschte, ter Stegen trifft dabei keine Schuld. Das 0:2 geht jedoch auch ein bisschen auf seine Kappe, da er das kurze Eck zu frei lässt. Insgesamt zeigte ter Stegen Licht und Schatten, aber ihn trifft keine Schuld bei der schmerzlichen Niederlage.
Barçawelt-Punkte: 7

Nélson Semedo

Der Portugiese begann die Partie sehr stark und verteidigte gegen Vinícius Junior anfänglich problemlos. Oft konnte er Reals Außenstürmer den Ball abnehmen und ließ somit erst gar keine Offensivaktionen aufkommen. Auch vorne sorgte er für sehr viel Bewegung und startete immer wieder Läufe. Beispielsweise nahm er es in der 33. Minute gegen zwei Gegenspieler auf, überraschte sie damit und kam hinter die gegnerische Viererkette. Ebenso in der 40. Minute, als seine Aktion einen starken Angriff der Blaugrana einleitete. In der zweiten Halbzeit war er weiterhin stark, verteidigte beispielsweise gegen Benzema sehr souverän. Allerdings schlichen sich auch bei ihm Unkonzentriertheiten ein und er war zuweilen etwas übermütig. Beim 0:1 folgte er Benzema ins Mittelfeld, statt seine Position zu halten – und ermöglichte dem Torschützen Vinícius so (zusammen mit Martin Braithwaite) den nötigen Raum. Vor allem diese Szene verhindert eine bessere Bewertung. Barçawelt-Punkte: 7

Gerard Piqué

Barças Abwehrchef präsentierte sich sehr sicher und stabil, sowohl im Stellungsspiel als auch bei Hereingaben unterliefen ihm keine Fehler. Immer wieder war Gerard Piqué zur Stelle, wenn es brenzlig wurde. Sein Aufbauspiel war ebenso gut und war besonders in der ersten Halbzeit ein Garant für die Spielkontrolle der Katalanen. Bis zum Rückstand. Denn beim 0:1 wartete er zuerst zu lange und spekulierte auf eine Hereingabe, als er dann den Zweikampf suchte, fälschte er Vinícius’ Torschuss unglücklich an ter Stegen vorbei ins eigene Tor ab. So trifft ihn eine Teilschuld am Gegentor. Abgesehen davon kommandierte er die Abwehrreihe Barcelonas aber besser als zuletzt. Barçawelt-Punkte: 7

Samuel Umtiti

Samuel Umtiti bekam abermals den Vorzug vor Landsmann Clement Lenglet, der Schachzug Quique Setiéns funktionierte. Umtiti ist stärker im Spielaufbau und mobiler, und zeigte das auch besonders im ersten Durchgang. Verteidigte gut nach vorne und konsequent. Die Absprache mit Piqué passte und er ließ sich nichts zu Schulden kommen – bis zur 92. Minute, als ihm der eingewechselte Mariano entwischte. Hier sah Umtiti alles andere als gut aus, auch wenn das Tor letztlich nicht entscheidend war. Barçawelt-Punkte: 6

Jordi Alba

Der Katalane feierte nach seiner Verletzung direkt das Startelfdebüt und schien zu Beginn noch etwas gehemmt. Alba steigerte sich aber und bot auf seiner Seite kontinuierlich eine Anspielstation. Allerdings riskierte er nur selten Zuspiele nach vorne und übte nicht so viel Druck auf Madrid aus wie sein Pendant Semedo. Dafür stand auch er hinten sehr sicher, in der 40. Minute konnte er so bei einem Angriff der Blancos noch klären. Gerade in der zweiten Halbzeit tauchte er aber wieder ab und nahm nur wenig am Spiel teil. Dadurch gingen der Blaugrana die Optionen auf seiner Seite abhanden, was aber auch an den stärker werdenden Madrilenen lag. Zwar fiel er nicht negativ auf, doch von Alba kann in einem Clásico mehr erwartet werden. Dass es sein erstes Spiel nach der Verletzung war und er kaum zwei Trainingseinheiten davor absolviert hatte, spielt vermutlich auch eine Rolle. Barçawelt-Punkte: 5

Sergio Busquets

Ein typisches Spiel für den Sechser, der keinerlei Aufregung zu verspüren schien. Defensiv aufmerksam, sicherte Sergio Busquets gut ab und leitete das Angriffspressing ein. Offensiv spielte er einen super Lupfer auf Messi, der jedoch in der Folge an Courtois scheiterte. Busquets zeigte zudem oft seine technische Klasse, besonders ansehlich war eine Ballannahme in der 28. Minute, als er einen Ball aus eineinhalb Metern mit dem Fuß herunterpflückte. Er agierte meist als Abfangjäger und spekulierte gut auf zweite Bälle. Als Madrids Drangphase anfing, konnte er das Spiel aber trotz 104 Ballaktionen (die meisten bei Barça) nicht beruhigen. Gerade in dieser Situation hätte der FC Barcelona seine Ruhe bitter nötig gehabt. Trotzdem kein schlechter Auftritt des Katalanen, der sich momentan leistungstechnisch wieder etwas fängt. Barçawelt-Punkte: 8, MOTM

Arthur Melo

Arthur zeigte wieder, dass er im Spiel der Katalanen eigentlich unverzichtbar ist. Er präsentierte sich enorm ballsicher und verlagerte das Spiel immer wieder klug. Dabei übertrieb er es mit dem Dribbling aber manchmal und löste sich zu spät vom Ball. In der 11. Minute resultierte aus so einer Situation ein Ballverlust, der allerdings unbestraft blieb. In der 34. startete er dann auf einmal durch und schüttelte Kroos ab, der ihn decken sollte. Sein Abschluss blieb aber an Courtois hängen. Dennoch eine starke Aktion des Brasilianers. Nach dem Seitenwechsel hatte er nicht mehr so viel Einfluss, wurde nach 80. Minuten ausgewechselt. Barçawelt-Punkte: 6

Frenkie de Jong

Frenkie de Jong startete im halblinken zentralen Mittelfeld und blieb überraschend unauffällig. Zwar besetzte er manchmal Räume weiter vorne und positionierte sich als höhere Anspielstation, viel Erfolg hatte er damit aber nicht. Meist nahm er nur an Ballzikulationen teil, die keinen wirklichen Nutzen erfüllten. Im Vergleich zu vorherigen Auftritten lieferte der Niederländer nur sehr wenig und verstand es die gesamte Partie über nicht, entscheidend mitzuwirken. Torschüsse scheint er regelrecht vermeiden zu wollen. Andererseits muss de Jong zugute gehalten werden, dass er keine groben Schnitzer im Spiel hatte und er sich wie immer problemlos ins Kombinationsspiel einband. Wenn am Ende aber keine gefährliche Situation entsteht, kann niemand zufrieden sein. Barçawelt-Punkte: 4

Arturo Vidal

Vidal lieferte ein klassisches Vidal-Spiel ab. Er zeigte viel Einsatz und Laufbereitschaft, konnte aber keine entscheidenden Akzente setzen. In manchen Situationen merkte man ihm an, dass er keine spielerischen Lösungen fand und zurückspielen musste. In der 60. Minute war er dann in einem kuriosen Zweikampf beteiligt, als er, bereits auf dem Boden liegend, den Ball mit dem Kopf weiterspielen wollte. Leider täuscht diese amüsante Szene nicht über seine weniger erbauliche Leistung hinweg. Auch in diesem Spiel merkte man, dass er einen Wert für Barça haben kann, allerdings vielleicht eher als Zeichen von der Bank aus. Barçawelt-Punkte: 4

Lionel Messi

Es war nicht der Tag des Lionel Messi. La Pulga zeigte oftmals herausragende Leistungen im Bernabeu, nicht so aber im 180. Clásico – in dem er menschlich wirkte. Anfänglich hielt er sich zurück, tauchte dann nach einer Kombination mit Griezmann in der 30. Minute im Strafraum auf, brachte den Ball mit rechts aber zu unplatziert aufs Tor. Auch sein Schuss nach Busquets’ hohem Pass konnte von Courtois entschärft werden, solche Chancen hat er auch schon genutzt. Leider konnte Messi seine Leistung nach dem Seitenwechsel nicht wirklich verbessern, im Gegenteil. Der Superstar war bemüht und holte sich früh Bälle ab, doch in seinen Aktionen blieb er oft glücklos. So auch, als er durch eine schlechte Ballmitnahme eine große Torchance zunichte machte, als er frei vor dem Tor von Marcelo abgelaufen wurde – hier machte sich das Alter leider bemerkbar. Insgesamt hatte Messi nicht den gewünschten Einfluss auf die Mannschaft. Natürlich kann man die Niederlage nicht ihm anlasten, aber den besten Tag hat der Weltfußballer nicht erwischt. Barçawelt-Punkte: 4

Antoine Griezmann

Leider waren Antoine Griezmanns beste Aktionen gegen Real Madrid eher defensiver als offensiver Natur. Er verpasste es, in die gefährlichen Räume vorzustoßen, bekam aber auch kaum brauchbare Bälle. Sein Engagement war dafür wie immer sehr hoch und er arbeitete viel mit nach hinten. Ein Stürmer wird aber an seinen Toren gemessen, und einem solchen kam Griezmann heute nicht sehr nahe. Einzig ein Torschuss in der ersten Halbzeit nach Alba-Vorlage war gefährlich, allerdings rutschte ihm der Ball über den Spann und ging weit übers Tor – ein schwacher Abschluss für einen Spieler seiner Klasse. Barçawelt-Punkte: 4

Martin Braithwaite

Der Neuzugang aus Leganés wurde in der 69. Minute für Vidal eingewechselt und fand direkt eine Chance vor. Martin Braithwaite setzte sich stark auf der rechten Seite durch und scheiterte schlussendlich mit seinem Abschluss an Courtois. Kurz darauf war er aber am Gegentreffer mitschuldig, als er gedankenlos agierte und nicht sah, dass Vinícius in seinem Rücken durchstartete. Nach diesen sehr ereignisreichen Minuten nach seiner Einwechlsung trat er jedoch nicht mehr so stark in Erscheinung. Barçawelt-Punkte: keine Bewertung

Ivan Rakitic

Der Kroate ersetzte Arthur in der 81. Minute, konnte das Spiel aber nicht mehr beleben. Zu oft verschleppte er das Spiel. Besonders sein erster Ballkontakt ging zu häufig nach hinten. Seine Einwechslung brachte keinen Schwung. Barçawelt-Punkte: keine Bewertung

Ansu Fati

Kam für Griezmann ebenfalls in der 81. Minute und sollte noch einmal die Offensive beleben. Tatsächlich versuchte er ein wenig auf seiner linken Seite, kam aber nie durch. In der geringen Zeit, die er zur Verfügung hatte, relativ unauffällig. Barçawelt-Punkte: keine Bewertung

Trainer Quique Setién

Gegen die im Pressing und Konterspiel starken Madrilenen wählte Quique Setién eine eher sicherere Variante und schickte ein Vierermittelfeld auf den Platz. Außerdem vertraute er von Beginn an auf den erst vor wenigen Tagen genesenen Jordi Alba, der damit Júnior Firpo auf der linken Abwehrseite verdrängte. Dieser etwas riskante Schachzug zeigt sicherlich auch, dass Setién nicht vollends auf Firpo vertraut. Besonders in der ersten Halbzeit schien Setién aber die richtige Balance gefunden zu haben. Barcelona war – wie erwartet – um Kontrolle bemüht und nach zaghaften 20 Minuten die bessere Mannschaft, nur die Chancen wurden nicht verwertet. Dass diese nicht genutzt werden konnten, sollte sich dann später rächen. Als Madrid in der zweiten Halbzeit das Tempo erhöhte, verlor Barça den Anschluss. Die Ruhe und Kontrolle verschwanden und die blaurote Defensive geriet stark ins Wanken. Setién muss nun daran arbeiten, dass genau das nicht noch einmal passiert. Seine Einwechslungen machten alle Sinn, hatten jedoch keinen großen Einfluss mehr auf das Spielgeschehen. Dass er beim Stand von 0:0 offensiv wechselte und Braithwaite brachte, war ein ebenfalls ein gutes Signal. Barçawelt-Punkte:6

Erklärung zur Punktevergabe

10 Punkte: Weltklasse
9 Punkte: sehr gute Leistung
8 Punkte: gute Leistung
7 Punkte: ansprechende Leistung
6 Punkte: durchschnittliche Leistung
5 Punkte:
unterdurchschnittliche Leistung
4 Punkte: schwache Leistung
3 Punkte: schlechte Leistung
2 Punkte:
ungenügende Leistung
1 Punkt: Totalausfall

Michael Weilch
Michael Weilch
Treuer Culé seit Beginn der Ära Messis und der festen Überzeugung, dass Barça "més que un club" ist. Hofft, dass sich die Blaugrana auf ihre historischen Wurzeln besinnt und gerade in heutigen Zeiten ein Leuchtbild für Demokratie und Chancengleichheit darstellt - der Grund, warum der FC Barcelona eben nicht "nur" ein Fußballverein ist. Motto: "Tots units fem força!"
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