Mit einem fast schon unverdienten 2:1-Auswärtssieg bei Slavia Prag jagte der FC Barcelona der Konkurrenz in Europa mit Sicherheit keinen großen Schrecken ein. Die Offensive agierte planlos, die Defensive unkonzentriert und Luis Suárez zeigte erneut, dass er endlich mal eine Denkpause auf der Bank vertragen könnte.
Offensive ohne Plan
Der Start in die Partie bei Slavia Prag verlief wie nach Drehbuch: Keine drei Minuten dauerte es, bis die Katalanen in Form von Lionel Messi das 1:0 erzielten. Was danach folgte, war allerdings mehr als trostlos. Wie schon so oft in den vergangenen Monaten, fast sogar Jahren, fehlte der Mannschaft von Ernesto Valverde ein erkennbarer Plan im Offensivspiel. Gefühlt entsteht jede größere Chance Barças durch Einzelaktionen – einstudierte Abläufe sind Mangelware.
Mit Lionel Messi, Luis Suárez und Antoine Griezmann standen erneut drei Spieler im Angriff, die es fast ausschließlich in die Mitte zieht, wodurch die Außenbahnen kaum besetzt sind und kaum Gefahr über die Seiten ausgestrahlt wird. So wird das Spiel der Blaugrana enorm ausrechenbar und fast schon leicht zu verteidigen, lediglich die angesprochenen Einzelaktionen sorgen zumindest ansatzweise für Verwirrung bei den gegnerischen Verteidigern. Auch wenn Barças Außenverteidiger in der Regel hoch stehen und bei Ballbesitz als Flügelspieler agieren, können Alba und Semedo keine 90 Minuten ihre Seite komplett alleine bespielen, zumal sie ohne einen Spieler vor sich ständig in Unterzahl agieren.
So ist es kein Wunder, dass auch die 2:1-Führung mehr zufällig und nach einer Standardsituation fiel, als dass sie in alter Barcelona-Manier herauskombiniert wurde. Selbst gegen Ende, als die Tschechen alles nach vorne warfen und auf den Ausgleich drängten, vermochten es Messi und Co. nicht, einen Konter vernünftig auszuspielen und den Deckel drauf zu machen. Der Trainer muss sich schleunigst überlegen, wie er den neuen Traumsturm konstant gut in Szene setzen kann, denn spätestens gegen die größeren Gegner wird so eine Offensivleistung nicht reichen.
Defensive erneut unkonzentriert
Im Vorfeld wusste man zwar, dass Slavia Prag ein äußerst unangenehmer Gegner sein kann und würde, doch wie sich der FC Barcelona teilweise hat vorführen lassen, dürfte jedem Anhänger der Blaugrana bitter aufstoßen. Ähnlich wie auch in der Offensive hatte man häufig das Gefühl, als würden die Katalanen nicht im Verbund verteidigen. Sobald dann ein Fehler passiert, läuft die Mannschaft hinterher und versucht sich irgendwie aus der Fehlerkette zu befreien, was meistens in guten Chancen für den Gegner endet.
Wie schon so oft darf sich die Mannschaft beim herausragenden Marc-André ter Stegen bedanken, der seine Vorderleute mit einigen starken Paraden im Spiel hielt (Barçawelt MOTM). Besonders die Innenverteidigung um Gerard Piqué und Clement Lenglet wirkt überspielt, unkonzentriert und fahrig. Hier dürfte das gelungene Comeback von Samuel Umtiti am vergangenen Wochenende eine Bereicherung sein und für mehr Ausgeglichenheit und Konkurrenzkampf in der Abwehr sorgen. Denn auch hier sei gesagt: Auf Dauer wird sich so ein Abwehrverhalten gegen die stärkeren Mannschaften böse rächen.
Luis Suárez’ besorgniserrender Auftritt
Das Positive vorweg: Suárez war maßgeblich am 2:1-Siegtreffer beteiligt. Alles andere war aber ein Mal mehr unter aller Kanone und keines Mittelstürmers beim FC Barcelona würdig. Langsam und behäbig im Dribbling, ungenau im Passspiel und ein Chancentod vor dem Tor. Alles, was den Uruguayer einst auszeichnete und zum besten Neuner der Welt machte, scheint vollkommen verloren gegangen zu sein. Auch beim Gastspiel in Prag vergab er mehrere hochkarätige Chancen, die er noch vor zwei bis drei Jahren mit dem Außenrist in den Knick gedroschen hätte.
Mit fortschreitendem Alter und schwindender körperlicher Fitness geht ‘El Pistolero’ ebenfalls einiges von seinem sonst so vorbildlichen Arbeitspensum ab. Dass Lionel Messi seine Defensivaufgaben gerne vernachlässigt, ist bekannt und nachvollziehbar; doch wenn zusätzlich mit Suárez ein weiterer Spieler mehr oder weniger unbeteiligt im Abwehrverhalten agiert, macht man es dem Gegner einfach zu leicht die erste Linie im Pressing des FC Barcelona zu überspielen.
Natürlich hat er hin und wieder seine typischen Wahnsinns-Treffer im Repertoire, doch ansonsten kommt von ihm herzlich wenig, was für einen Stammplatz auf diesem Niveau schlicht nicht ausreicht. Es wird Zeit, dass Suárez mal auf die Bank gesetzt wird, wodurch Griezmann in die Mitte und ein echter Flügelspieler – wie zum Beispiel die hochtalentierten Ousmane Dembélé und Ansu Fati – auf die linke Seite rücken kann.
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