Am Freitag wurde Frenkie de Jong offiziell im Camp Neu vorgestellt, doch wer genau ist dieser junge Shootingstar? Was sind seine Stärken und was seine Schwächen? Und wie passt er in das System des FC Barcelona? Wir haben uns Barças Neuzugang mal etwas genauer angeschaut.
Frenkie de Jongs leistungstechnischer Durchbruch erfolgte erst in der abgelaufenen Saison. Zuvor spielte er – der personellen Situation geschuldet – noch in der Innenverteidigung. Dann aber positionierte Ajax-Coach Erik ten Hag Frenkie de Jong vor der Abwehr, was den Stärken des Jungen aus der ehemaligen niederländischen Gemeinde Giessenlanden deutlich entgegenkam. Denn seine Klasse liegt vor allem in der Mitte des Spielfeldes, speziell im Spiel nach vorne. Sobald de Jong das Leder im Aufbauspiel bekommt, ist er zunächst einmal unberechenbar. Seine Fähigkeiten am Ball, seine Athletik und seine Übersicht erlauben es ihm sowohl den Ball sofort weiterzuleiten und das Spiel so schnell zu machen als auch zunächst einmal als Ballträger zu fungieren und die Kugel selbst am Fuß führend ins Mittelfeld zu tragen. Dank seiner Qualität im Dribbling kann er dabei auch mal einen Gegenspieler ausspielen, einen anderen auf sich ziehen und den Ball dann unverzüglich auf seinen dadurch freigewordenen Mitspieler durchstecken.
Innenverteidigung, Position vor der Abwehr, Spiel nach vorne – bereits hier dürfte klar werden, wie vielseitig der junge Holländer ist. Im Zentrum des Feldes kann er nahezu jede Position bekleiden, mit Ausnahme der des Mittelstürmers. Doch schauen wir einmal, wie genau de Jong beim FC Barcelona eingesetzt werden könnte.
De Jong als ZDM in einem 4-2-1-3
In diesem System würde Frenkie neben Sergio Busquets die Doppel-Sechs bekleiden (wie er es bereits in Amsterdam neben Lasse Schöne gemacht hat). Davor könnten sowohl Philippe Coutinho als auch Lionel Messi als Zehner fungieren. Dies würde Ernesto Valverde sehr viel Kreativität im Mittelfeld geben, darüber hinaus könnte de Jong so weiterhin seine Ausflüge nach vorne unternehmen, mit dem Wissen, immer noch von Busquets in seinem Rücken abgesichert zu werden. Zwar würden seine Fähigkeiten es ihm auch erlauben, in dieser Formation auf der Zehn zu spielen, doch ist dies bei der vorhandenen Qualität in der Barça-Offensive unwahrscheinlich. Darüber hinaus würde es ihm seine Stärke, das Spiel aus der Tiefe heraus aufzubauen, berauben.
De Jong als ZDM in einem 4-1-2-3 / 4-3-3
Dies wäre zum einen eine Alternative für die Spiele, in denen Busquets einmal eine Verschnaufpause braucht, zum anderen aber auch für Partien gegen Gegner, von denen zu erwarten ist, dass sie Barça mit einer eher defensiven Taktik begegnen. Hier hätte de Jong das gesamte Geschehen vor sich, könnte das Spiel lenken und gelegentlich in offene Räume vorstoßen. Mit seiner Schnelligkeit und Antizipation ist er außerdem dafür prädestiniert, gegnerische Konter frühzeitig zu unterbinden.
Für den Spielaufbau könnte sich der Blondschopf wie bereits bei Ajax auch nach hinten fallen lassen, sodass er auf einer Linie mit den beiden Innenverteidigern steht (ähnlich wie Busquets oder stellenweise auch Arthur in der vergangenen Saison). Ab und an fand er sich im Zentrum dieser Dreierkette wieder, meistens bekleidete er jedoch die Position links außen. Dies würde Jordi Alba wiederum erlauben, früh ins Mittelfeld vorzurücken, sodass die bekannte 3-4-3-Formation entsteht.
Gegen stärkere Kontrahenten wäre es jedoch ratsam, de Jong nicht zwingend als alleinigen Abräumer vor der Abwehr auflaufen zu lassen. Defensives Talent ist zwar da, jedoch hat er beispielsweise im Zweikampfverhalten bei gegnerischem Ballbesitz noch Luft nach oben. In der holländische Eredivisie mag er defensiv gut genug gewesen sein, um sogar als Innenverteidiger zu fungieren, in La Liga dürfte ihm dies jedoch deutliche schwerer fallen.
De Jong als ZM in einem 4-1-2-3 / 4-3-3
Kommen wir nun zu der von Fans wohl favorisierten Lösung. In dieser würde de Jong auf der Achter-Position spielen. In der typischen Barça-Formation könnte er zusammen mit Arthur oder Rakitić die Doppel-Acht bilden, von dort das Angriffsspiel koordinieren und das Sturmtrio mit seinen zielgenauen Pässen zwischen die Linien in Szene setzen.
Ebenso könnte de Jong hier – ganz im holländischen Stil – auch sein Gespür für den Raum besser zum Ausdruck bringen und so noch einmal mehr Bewegung in die Offensive des FC Barcelona bringen. Die war bereits während seiner Zeit in der niederländischen Hauptstadt zu beobachten, wenn er nach einem Pass zu seinem Mitspieler sofort den dadurch freigewordenen Raum ausmachte und darin vorstieß. Gerade im Zusammenspiel mit Messi – und möglicherweise ja auch mit Neymar – könnte das gegnerische Defensiven reihenweise zur Verzweiflung bringen.
Auf welcher Position Ernesto Valverde und sein Trainerteam vorzugsweise mit Frenkie de Jong planen, wird die Zukunft zeigen. Doch klar ist: Der niederländische Nationalspieler gibt dem Team eine ungeheure taktische Flexibilität im Mittelfeld.
Bastian Quednau