Der FC Barcelona mühte und würgte sich nach biederer Leistung zu einem 2:1-Sieg gegen Dynamo Kiew, was auch am erneut auffälligen Zentrumsfokus der Katalanen lag, die in der Mitte zu oft mit dem Kopf durch die Wand wollen und so eine Variabilität im Spiel vermissen lassen. Die Brennpunkte.
Fokus aufs Zentrum
Wie schon gegen Deportivo Alavés fokussierte sich Barça erneut auf Attacken durchs Zentrum – was schon nach wenigen Minuten zum Elfmeter und so zum 1:0 führte. Barça überlagerte die zentralen Angriffsposition vor dem Strafraum mit Pedri und Lionel Messi, die beide im Zehnerraum attackierten. Davor geisterte Griezmann als Mittelstürmer herum, während Ansu Fati wie gewohnt über die linke Seite kam. Das führte aber auch dazu, dass Barça äußerst berechenbar agierte und dass vor allem Messi keinen Raum zum Bespielen hatte, da Dynamo Kiew sich mit fortlaufender Spieldauer immer besser auf Barcelonas zentrumsfokussierte Angriffs-Schemata einstellen konnte.
Abermals kam über die Flügel so mit ein paar Ausnahmen zu wenig. Dabei hat Barça direkt am Anfang der Partie zweimal perfekt vorgemacht, wie man dichte Defensivriegel über außen knacken kann: Zweimal spielte Sergiño Dest durch scharfe und flache Hereingaben Pedri vor dem Tor frei, doch der Youngster konnte beide Direktabnahmen nicht im Tor unterbringen, traf einmal die Latte und scheiterte anschließend am Torhüter.
Dieses Mittel – die Defensive auseinanderziehen und durch Flanken und Hereingaben jeglicher Art für Gefahr zu sorgen – setzte Barça aber insgesamt viel zu selten ein, schon gegen Alavés war dies der Fall.
Barças Zentrumsfokus zeigt auch die Passmap auf. Da Messi und Pedri komplett zentral agierten, konnte nur Dest vereinzelt für Breite auf rechts sorgen, insgesamt reichte das aber erneut nicht, um den Gegner stetig in Bedrängnis zu bringen und hochkarätige Torchancen herauszuspielen. Denn nach gut 30 Minuten verpufften Barças Angriffe mehr und mehr. Das lag auch daran, dass Jordi Alba diesmal nicht wie gewohnt über links Alarm machte, vor allem aber daran, dass gut 60 Minuten kein rechter Flügelstürmer auf dem Feld stand. Erst dann kam Ousmane Dembélé in die Partie und wurde (wenn auch nur kurzzeitig) auf den rechten Flügel gestellt.
Barcelona’s 4-2-3-1 formation from yesterday’s win over Dinamo Kiev: Frenkie de Jong left central defender, Miralem Pjanić – Sergio Busquets double pivot. pic.twitter.com/2mlgoH2obF
— Between The Posts (@BetweenThePosts) November 5, 2020
Messi und Pedri: Funktioniert das?
So muss sich Ronald Koeman die Frage gefallen lassen, ob es überhaupt Sinn macht, in Messi und Pedri gleich zwei Akteure aufzustellen, die beide gerne und oft im Zehnerraum aufzufinden sind. Pedri hatte just vor der Partie selbst gesagt, dass er sich als offensiver Mittelfeldspieler am wohlsten fühlt, doch hier stehen er und Messi sich oft gegenseitig auf den Füßen herum. Gerade für Messis Spiel wäre es besser, wenn er rechts neben sich einen festen Winger wüsste, der die Defensive auseinanderzieht.
Da auch Griezmann immer wieder hängend umherschwirrt – ein richtiger Neuer ist der Franzose bekanntlich nicht – verkleinert das den Raum nur umso mehr. Das Problem herrscht auch vor, wenn der aktuell verletzte Philippe Coutinho wieder zurückkehrt. Der Brasilianer hatte sich am Anfang der Saison den Stammplatz auf der Zehn gesichert, sodass Messi ausweichen musste. Nun spielt in Coutinhos Absenz Messi auch nominell auf der Zehn. Kehrt der Brasilianer nach der Länderspielpause zurück, hat Koeman ein Problem zu lösen: In Coutinho, Pedri und Messi stehen ihm gleich drei (Stamm-)Akteure zur Verfügung, die am liebsten zentral spielen und dort auch am besten zur Geltung kommen, gleichzeitig aber den Zehnerraum verstopfen. Rechnet man Griezmann dazu, sind es sogar vier Spieler, die am liebsten im gleichen Raum agieren. Das macht Barça arg statisch und die Angriffsversuche berechenbar.
Ter Stegen verdeutlicht Stellenwert
Viel muss man über Marc-André ter Stegen eigentlich nicht schreiben, seine Leistung gegen Dynamo Kiew (Barçawelt-Note 10, MOTM) spricht für sich. Die deutsche Nummer eins verdeutlichte durch seine Performance nach monatelanger Verletzungspause direkt, wie wichtig er für diese Mannschaft ist – gerade in Eins-gegen-Eins-Situation, die er mehrmals bravourös entschärfte.
Die zahlreichen Paraden des Deutschen haben gerade im Kontrast zu Netos schlimmem Fauxpas bei Alavés die Wichtigkeit ter Stegens noch einmal unterstrichen. Dass er direkt im ersten Spiel nach seinem Comeback schon in dermaßen starker Form sein würde, war so nicht zu erwarten. Ter Stegen ist ein Eckpfeiler dieser Mannschaft und für den Erfolg genauso wichtig wie beispielsweise ein gut aufgelegter Lionel Messi – auf den man bekanntlich in dieser Saison noch warten muss.