Für Eintracht Frankfurt war das Hinspiel im Viertelfinale der Europa League etwas ganz Besonderes – und das merkte man, denn es herrschte eine Gänsehaut-Atmosphäre im Stadion. Der FC Barcelona spielte behäbig und wirkte überrumpelt gegen eine hochmotivierte Eintracht, die Barça mit einer kämpferischen Leistung den Zahn zog. Der Bericht aus dem Frankfurter Deutsche Bank Park.
Europa League: Eintracht Frankfurt nervt FC Barcelona im Viertelfinal-Hinspiel
Aus dem Deutsche Bank Park in Frankfurt berichtet Alex Truica
Wer im Stadion saß und Gänsehaut bekam, der musste es nicht zwingend mit der Frankfurter Eintracht halten. Es war teilweise ohrenbetäubend im Stadion, die Atmosphäre der lautstarken und stolz dauersingenden SGE-Anhänger so elektrisierend, dass das eigene Nervensystem schonmal beeindruckt sein und reagieren kann. So geschehen beim Führungstor der Eintracht durch Ansgar Knauff unmittelbar nach der Pause (48.), einem Traumtor, welches Ambiente und Abend gerecht wurde. Und dem Stadion beinahe das Dach weggefegt hätte, so dermaßen lautstark wurde der Treffer bejubelt.
Die Frankfurter Spieler und Fans hatten sich dieses Führungstor verdient, die SGE war bis dato die bessere Mannschaft gegen einen matten FC Barcelona. Barça spielte langsam, behäbig, schwerfällig, ganz anders die Eintracht, die emotionalisiert nach Balleroberungen – und davon gab es gerade in Hälfte eins einige – umschaltete und so Barça vor gehörige Probleme stellte. Oliver Glasners Matchplan ging komplett auf, die Hessen hätten schon viel früher in Führung gehen können, vielleicht sogar müssen.
FC Barcelona im Mittelfeld gegen kraftstrotzende Eintracht unterlegen
Gerade im Mittelfeld war Barcelona saft- und kraftlos, was durchaus verwundert angesichts von Pedris eigentlich starker Form. Und doch war davon im Deutsche Bank Park am Donnerstagabend wenig bis nichts zu sehen, was andererseits auch wieder weniger verwunderte. Denn ein zentrales Mittelfeld bestehend aus dem alternden Sergio Busquets (33) und den beiden Teenagern Pedri (19) und Gavi (17) konnte den kraftstrotzenden zentralen Mittelfeldspielern der Eintracht um Djibril Sow und Kristijan Jakic nur selten Paroli bieten. Im 3-6-1 verdichtete Frankfurt das Zentrum stark, sodass Barça oftmals nur leeren Ballbesitz hatte, aber keinerlei offensive Durchschlagskraft geschweige denn überhaupt Torchancen.
Dabei hatte Xavi just vor dem Spiel auf der Pressekonferenz am Mittwoch vor Frankfurts kampfstarker Doppelsechs gewarnt – allein, es nützte wenig. Pedri und Gavi verloren reihenweise Duelle und Bälle, das Mittelfeld um den noch nie sonderlich schnellen oder athletischen Busquets wurde so immer wieder überrannt. Barça wirkte auch ein wenig ratlos, ja beeindruckt von der bravourösen Eintracht, vielleicht auch von der atemberaubenden Atmosphäre.
Frenkie de Jong und Ousmane Dembélé lassen Barças Talent aufblitzen
Es bedurfte erst eines Doppelwechsels, damit Barça wieder in die Spur findet und seiner Favoritenrolle spielerisch ein wenig gerechter wird. Frenkie de Jong und Ousmane Dembélé kamen in der 62. Minute ins Spiel – postwendend waren beide am Ausgleichstor beteiligt, einem Tor wie zu allerbesten Barça-Zeiten: Nach doppeltem Doppelpass schloss Ferran Torres eiskalt zum 1:1 ab. Es war Barcelonas bester Angriffsspielzug. Einmal ließ die Xavi-Elf aufblitzen, wozu sie eigentlich im Stande ist. Und zeigte hierbei auf, dass man mit Finesse, Selbstvertrauen und Spielwitz und auch mit den richtigen Akteuren auf dem Platz der Eintracht eben doch beikommen kann – spielerisch jedenfalls.
Denn kämpferisch waren die Hessen den Katalanen wenig überraschend überlegen – man hatte den Anschein, auch ein wenig von der Einstellung her. “Sie sind ein sehr physischer Gegner, der die Übergänge sehr gut gestaltet”, lobte Xavi den Kontrahenten aus der Bundesliga, wollte aber von mangelnder Hingabe seines Teams nichts wissen. “Es war keine Frage der Intensität”, so Xavi auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, um dann aber doch anzumerken: “Im Rückspiel müssen wir von Anfang an mit Energie auftreten.” Also mangelte es doch ein wenig an Energie bei seiner Mannschaft. Und an einigem mehr. “Wir müssen selbstkritisch sein, wir haben kein gutes Spiel gemacht”, so Xavi weiter.
Xavi und Barcelona hoffen auf stimmungsvolles Camp Nou
Das beste an einem historischen Abend aus Frankfurter Sicht und einem gebrauchten aus Barça-Perspektive war tatsächlich das Resultat. Denn im Camp Nou muss die Eintracht nun gewinnen, um weiterzukommen. Die Auswärtstorregel ist bekanntlich gestrichen worden. “Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden – aber nicht damit, wie wir gespielt haben”, schloss auch Xavi und blickte schon auf das Rückspiel nächsten Donnerstag voraus. Denn zuhause, da wird sich sein Team wesentlich wohler fühlen als im teilweise ohrenbetäubenden Deutsche Bank Park. “Das Stadion wird brodeln müssen, so wie es heute der Fall war”, hofft Xavi, während Sergio Busquets daran appelliert, dass die Culés nicht nur möglichst zahlreich, sondern lautstark im Stadion auf sich bemerkbar machen sollen. “Die Fans werden mit Sicherheit zur Stelle sein.” Die der Eintracht garantiert – denn es heißt, dass 25.000 Frankfurter Anhänger nach Barcelona reisen werden. Auch im Camp Nou sollte also ein tolles Ambiente herrschen, dann hoffentlich bei einer spielerisch besseren Darbietung der Blaugrana, die offensiv mehr zu bieten haben wird als nur den einen schönen Angriff.
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